Knapp bei Kasse: KI-Startup Augustus Intelligence entlässt nahezu die halbe Belegschaft
Zunächst schien es Augustus Intelligence an nichts zu mangeln – schon gar nicht am Geld. Immerhin konnte sich das Startup, das nach eigenen Angaben KI-Lösungen bietet, viele prominente Investoren und Unterstützer sichern. Millionen sind auf diese Weise eingenommen worden. Auf Risikokapitalgesellschaften war Augustus nicht angewiesen. Das ergibt sich aus einer auf den 8. Juni 2020 datierten Liste mit 40 Investoren, die dem Handelsblatt vorliegt.
Besonders eigentümlich: Es finden sich nicht nur keine Risikokapitalfonds, sondern auch keinerlei Investoren mit Expertise für künstliche Intelligenz (KI) auf der Geldgeberliste.
Augustus Intelligence muss sparen
Nun hat das Handelsblatt aus einem Investorenbericht des Unternehmens erfahren, dass Augustus seine „Belegschaft signifikant reduzieren und sich neu fokussieren“ habe müssen. Grund dafür sollen finanzielle Schwierigkeiten sein. Das Unternehmen tut sich offenbar schwer damit, neben Investorengeldern auch Gelder aus realen Geschäften zu erwirtschaften.
Laut Handelsblatt habe das Unternehmen immerhin insgesamt 34,5 Millionen US-Dollar eingesammelt, aber immer noch weder eine Strategie noch ein Produkt vorzuzeigen. Nun habe Augustus seine Belegschaft von 94 Mitarbeitern im Frühjahr auf aktuell 34 reduziert.
Illustrer Investorenkreis mit guten Verbindungen zu deutschen Regierungskreisen
Hierzulande war das Startup insbesondere durch die sogenannte Amthor-Affäre bekannt geworden. Die bestand darin, dass der CDU-Abgeordnete Philipp Amthor Lobbyarbeit für das Unternehmen gemacht hatte und persönlich davon profitiert haben soll. Amthor bedauerte das Bekanntwerden seiner Aktivitäten später als Fehler und zog politische Konsequenzen, indem er auf die geplante Kandidatur zum CDU-Landesvorsitzenden in Mecklenburg-Vorpommern verzichtete.
Amthor war indes nicht der Einzige, der dem Startup in den vergangenen Jahren Zugang zu höchsten Regierungskreisen verschafft hatte. Das scheint vor allem dadurch begünstigt worden zu sein, dass es bekannte Deutsche waren, die das Unternehmen in den USA gegründet hatten. Zu den Geldgebern gehört etwa der Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), der immerhin 1,7 Millionen Dollar in das Unternehmen gesteckt und sogar bei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dafür geworben haben soll.
Zu den sonstigen Geldgebern gehören laut Handelsblatt Prinz Stefan von und zu Liechtenstein, der auch Beiratsvorsitzender ist und über seine Familienholding rund fünf Millionen Dollar beigesteuert haben soll, der Privatbankerbe August François von Finck und Mitglieder der Swarovski-Familie. Auch Ex-Bild-Chefredakteur Kai Diekmann wird mit einem verhältnismäßig kleinen Invest von rund 100.000 Dollar zu den Geldgebern gezählt.
Amthor könnte es sogar gelungen sein, mit den KRC Beteiligungen einen Investor aus seinem heimatlichen Wahlkreis in Mecklenburg-Vorpommern für eine Investition in einer Größenordnung von 1,7 Millionen Dollar zu gewinnen. Bestätigt ist dieser Akquisitionserfolg indes nicht.
Umsatz nur über übernommene Firma
Trotz dieser nennenswerten Investitionen ist es Augustus Intelligence bislang nicht gelungen, ein Produkt an den Markt zu bringen. Umsatz generiert das Unternehmen nach Handelsblatt-Informationen aktuell fast ausschließlich über Verkäufe eines Produktes seiner vor einem Jahr übernommenen Tochterfirma Moblty.
Moblty stellt intelligente Bildschirme für den Einzelhandel her, ist damit aber nicht profitabel. Zudem gelingt es wohl nicht, weitere Kunden für die Lösungen zu gewinnen. Nun will Augustus angeblich Gelder über eine weitere Investorenrunde einspielen.
Zweifel an Fachkompetenz bei Augustus Intelligence mehren sich
Dabei mehren sich die Zweifel, dass Augustus Intelligence überhaupt über die Fachkompetenz verfügt, die benötigt wird, um KI-Lösungen entwickeln zu können. Im März 2020 hatten ehemalige Mitarbeiter das Unternehmen verklagt und ihm Geschäftspraktiken vorgeworfen, die von „Betrug, Illegalität und Korruption durchdrungen“ seien. Das hatte der Spiegel berichtet.
Einer der Mitgründer des Unternehmens ist der gebürtige Frankfurter Pascal Weinberger, den das Wirtschaftsmagazin Forbes als KI-Wunderkind bezeichnet. Der 23-Jährige gilt als Experte für theoretische Neurowissenschaften und Maschinelles Lernen. In Barcelona soll er bereits die KI-Forschung und Entwicklung des Telekommunikationskonzerns Telefónica geleitet haben.
Schon im Alter von 15 Jahren soll er Fernkurse in Programmierung am Bostoner MIT (Massachusetts Institute of Technology), dem weltweit führenden Technologie-Forschungszentrum, besucht haben. Einen Studienabschluss hat er aber offenbar nicht.
Denn angeblich brach er sein Bachelor-Studium ab, um für Google zu arbeiten. Nachdem Zweifel an seiner Tätigkeit für Google aufgekommen waren, hatte Weinberger der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) erklärt, er habe nicht direkt für Google, sondern über einen externen Dienstleister gearbeitet und könne aufgrund bestehender Geheimhaltungspflichten leider nicht mehr dazu sagen.
Das klingt nicht minder vage wie die Unternehmensmission auf der Firmenwebsite. Dort heißt es: „Wir entwickeln und liefern sichere Lösungen der künstlichen Intelligenz und bieten unseren Kunden die Möglichkeit, neutrale, vertrauenswürdige und skalierbare datengesteuerte Ergebnisse zu erhalten.“