Und das wohl Schlimmste an ihnen: Sie sind ansteckend. Wenn es schlecht läuft, dann erzeugen diese Menschen ein „Wenn er nicht muss, dann musst ich auch nicht“-Gefühl bei den Kolleg*innen. Ein Gefühl des Neids derer, die sich reinhängen, auf jene, die Dienst nach Vorschrift machen.
Es gilt also, die Menschen an Bord zu halten. Das ist im Sinne aller – auch im Sinne der Person, die eigentlich gern eine ruhige Kugel schieben möchte. Wer in seinem Berufsleben Dinge gestalten kann, einen Einfluss verspürt und das Gefühl hat, etwas zu bewirken, ist glücklicher. Fehlen diese Gefühle, entsteht eine Abwärtsspirale. Beginnen wir mit einem der häufigsten Auslöser:
Mikromanagement
Wer als Chef*in alles kontrollieren will, signalisiert dem Team damit, dass eigene Initiative nicht geschätzt und die Fähigkeiten der einzelnen Mitglieder nicht anerkannt werden. Erfahrene Kolleg*innen werden den Mechanismus dahinter schnell erkennen: Mikromanagement ist ein Symptom tief verwurzelter Unsicherheit. Die Führungskraft hat noch nicht erkannt, dass übertriebene Kontrolle dazu führt, dass Menschen das Gefühl der Verantwortlichkeit für ihre Leistung verlieren. Das ist der erste Schritt in die Selbstaufgabe, doch geschubst hat die Führungskraft.
Nacharbeiten
Die nächste Eskalationsstufe des Mikromanagements ist das Nacharbeiten. Es klingt absurd, ist aber tatsächlich gängige Praxis: Jede Führungsebene möchte – freundlich ausgedrückt – eine Duftmarke hinterlassen. Doch nicht immer ist es angebracht – oder überhaupt notwendig –, die Arbeit anderer zu verändern oder zu korrigieren. Die Geste dagegen zeigt immer: Ich bin besser als du, du allein kannst es nicht und egal, wie sehr du dich einsetzt: Es reicht nicht.
Doch Probleme in der Leistung sollten sich eigentlich grundsätzlich beheben lassen. Immer wieder die eigene Überlegenheit signalisieren zu wollen, ist ein Ego-Problem der Führungskraft – und keine Form der Personalentwicklung.
Bremsen
Gerade junge Menschen wollen am liebsten alles verändern, verbessern, ihre Ideen umsetzen – kurz: etwas gestalten. Und damit laufen sie viel zu oft vor eine Wand aus Erfahrung und selbstgerechter Weisheit. Dann werden Ideen gar nicht erst angehört, nicht probiert, auf später vertröstet, oder es folgt die Aufforderung, erst einmal so viel Erfahrung zu haben, wie das Gegenüber – das diese Idee aber gar nicht hatte. Bremser*innen sind eine Gefahr für ihre eigene Organisation. Eben noch hatten sie junge Menschen eingestellt, um frischen Wind ins Team zu holen – und kaum weht der Wind, wird er auch schon wieder eingefangen. Das Learning: Initiative ist nicht erwünscht.
Fake Work
Das Gegenteil des Bremsens mag sich zunächst gut anfühlen: Mitarbeiter*innen bekommen Sonderaufträge, sollen Konzepte und Ideen erarbeiten, um die Firma in die Zukunft zu führen. Oder wertvolle Berichte schreiben. Doch wenn diese Berichte niemand liest oder die Führungskraft am Ende der Präsentation nur noch kurz wissen will, was davon denn nun wichtig war, dann war der Auftrag ein Aufruf zur Fake Work. So ist die Motivation sehr bald zerstört. Wer erkennt, lange Zeit gearbeitet zu haben, ohne, dass der Einsatz einen realen Nutzen hatte, schlägt hart auf dem Boden der Realität auf – und wird entweder kündigen oder die Lehre ziehen, dass seine Arbeit keine Wirkung hat. Und sich aufgeben.
Demütigung
Das ist die wohl widerlichste Form, Motivation und Engagement zu zerstören: Wer andere Menschen demütigt, tut das, um sich selbst besser zu fühlen und sich als überlegen darzustellen. Auch dies ist nichts anderes, als eine billige Ego-Show – auf Kosten von Menschen. Wer nicht gehen kann oder sich nicht traut, der sucht sein Heil im Schweigen. Wer nicht auffällt, der wird auch nicht zur Zielscheibe.
Ständige Wachstumsziele
Dieser Aspekt ist, zugegeben, ein wenig heikel. Denn natürlich wollen Unternehmen wachsen. Natürlich wollen Abteilungen ihr Betriebsergebnis verbessern. Manchmal soll nicht nur das Ergebnis wachsen, sondern sogar das Wachstum soll wachsen. Das ist kein Teufelskreis, es ist ein Schleudersitz. Noch dazu kommen solche Ziele gar nicht immer von der Führungskraft selbst. Gerade in großen Organisationen können sie von weit oben kommen – die Teamleiter*innen müssen sie durchsetzen.
Ständig erweiterte Ziele können die Sorge auslösen, bald nicht mehr mithalten zu können. Die logische Konsequenz: Das Team versucht, das Ergebnis nur minimal wachsen zu lassen.
Helfen wird hier nur ein genauer Blick auf Anforderung und realistische Möglichkeiten. Wenn eine Abteilung ihr Ergebnis stetig verbessern soll, dann muss auch personelle oder technische Unterstützung in Sicht sein. Nicht der Druck soll die Leistung erhöhen, sondern die Gestaltung der Arbeitsabläufe. Sonst entsteht bei der bestehenden Belegschaft schnell das Gefühl, wie ein Pferd zu Schanden geritten zu werden.
Selbstaufgabe ist ein Führungsproblem
Angestellte verstehen heutzutage zunehmend, dass sie sich für die Firma gesundheitlich nicht aufreiben müssen. Zu hohe oder falsch gesetzte Anforderungen wirken deshalb nicht auf jede*n motivierend. Bei manchen aktiviert sich ein Schutzmechanismus. Dieser Schutzmechanismus wirkt auch, wenn Menschen immer wieder davon abgehalten werden, ihre Ideen zu verwirklichen oder für ihren Einsatz vorgeführt werden.
Führung ist eben nicht die Aufgabe, in kurzen Intervallen immer wieder die maximale Leistung aus einer Gruppe von Menschen zu pressen. Führung ist die Aufgabe, Menschen zu guten, zufriedenen und gern engagierten Mitarbeiter*innen zu machen. Wer sich selbst für das Maß aller Dinge hält und dabei stets mehr fordert, als dauerhaft machbar ist, der hat diese Aufgabe nicht erfüllt.
Dieser Genderkram hilft keinem von uns Queeren irgendwie weiter, zieht den Unmut der Meisten auf unser Anliegen und macht Texte unleserlich.
Lasst es doch bitte sein, damit Eure tolle Einstellung zu flaggen. Wir wissen, wie hip Ihr seid!
Ja und nu? Was ist denn die Alternative zur Nacharbeit wenn grundlegende Dinge nicht beachtet wurden oder im schlimmsten Fall vergessen? Dafür werben im Abstimmungsprozess einbezogen zu werden oder noch stärker an der Transparenz von Vorgaben zu arbeiten?
Mir begegnet diese Problemstellung täglich und ich weiß / erlebe die Konsequenz aus Nacharbeit / Micromanagement. Aber wie reagieren, wenn die Qualität der Arbeit schlicht die kommunizierte Erwartung nicht erreicht. Alle 6 Wochen ein Workshop über Kultur und Verbindlichkeit abhalten? Mitarbeiter aus den Projekten herausnehmen und ausreichend schulen weil learning-on-the-job bei Kollegen*innen nicht funktioniert? Würde mich wirklich interessieren..
Deming hat schon gesagt, dass 85% aller Fehler am Prozess und nur 15% am Mitarbeitenden liegen.
Wenn einige deiner MA faul sind/unkonzentriert/unwillig, braucht es keine Workshops, sondern eine starke Führung, einen klaren Prozess und unnütze Arbeit muss so wegoptimiert werden, dass die vorhandene Arbeit auch fordernd genug ist – dann entstehen auch weniger Fehler.
Ich weiß, ich kenne solche MA wie du sie beschreibst, aber sofern sie noch nicht innerlich gekündigt haben (dann wurde in der Vergangenheit viel falsch gemacht, s. Artikel oben), dann hat jedeR das Ziel, erfolgreich zu arbeiten.
Zu deiner Frage:
– Fehlertypen definieren
– Fehler messen (wie oft, in welcher Situation usw.)
– Fehler analysieren
Und dann kann da alles mögliche rauskommen wie z.B.
– Jobrotation
– One-Piece-Flow (weniger Übergaben einer einzelnen Aufgabe, die führen zu Fehlern)
– Nachschulungen
– …
Viel Erfolg.
Danke für den Impuls!