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Kontroverse um AMP: Was spricht gegen Googles Technologie?

Googles Accelerated Mobile Pages (AMP) versuchen seit zwei Jahren, das mobile Benutzererlebnis zu verbessern. Dafür ist nicht jeder dankbar.

5 Min. Lesezeit
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AMP: Es geht um Marktanteile. (Grafik: Shutterstock/Falara)

Jetzt mal ehrlich: Warum gibt es AMP?

Googles AMP ist ein Open-Source-Projekt, das angetreten ist, die mobile UX zu verbessern, indem es vor allem dafür sorgt, dass Web-Inhalte weitaus schneller als bisher ausgeliefert werden. Das ist zumindest die offizielle Zielsetzung.

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Wenn wir uns mal ganz ehrlich tief in die Augen schauen, ist darin vielleicht ein Fünkchen Wahrheit enthalten, aber nicht sonderlich viel. Denn die erstaunliche Koinzidenz ist doch, dass Google AMP ganz klar als Konkurrent zu Facebooks Instant Articles positioniert hat. Sprich, ohne Instant Articles auch kein AMP. So lautet für mich die simple Wahrheit.

AMP: Startseite des Projekts. (Screenshot: t3n)

Warum aber sind die Instant Articles für Google ein solches Problem, dass sie mit einer Gegenlösung kontern? Das ist einfach zu beantworten: Instant Articles bringen Webinhalte direkt in die Facebook-Umgebung. Facebook-User müssen dank Instant Articles das soziale Netzwerk nie wieder verlassen.

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Was aber passiert, wenn sie das tatsächlich tun? Google läuft trocken. Keiner braucht mehr den Suchmaschinenriesen aus Mountain View, denn alles, was es zu finden gibt, befindet sich innerhalb von Facebook. Eine solche Entwicklung gilt es nachvollziehbarerweise aus Googles Sicht unbedingt zu vermeiden. Wie wir alle wissen, verdient Google mit seinen sämtlichen Geschäftsansätzen nichts. Ausschließlich die Such-Sparte ist für die satten Gewinne der Kalifornier verantwortlich.

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Ausgestattet mit diesem Hintergrund, fällt es leicht, den Sinn hinter AMP zu erkennen. Es geht dabei nicht um eine verbesserte Benutzererfahrung oder ein schnelleres Web (zumindest nicht in erster Linie), sondern primär darum, Googles Existenz zu sichern. Es gilt dafür zu sorgen, dass Facebook, ohnehin schon die mit Abstand größte Website der Welt, nicht noch mehr Marktanteil gewinnt und damit gleichsam synonym zum Web wird.

Ebenfalls vor diesem Hintergrund wird auch klar, wieso AMP eine dermaßen simple Lösung ist. Es ging schließlich darum, Facebook mit einer ebensolchen simplen Lösung Paroli zu bieten. Offen auftreten konnte Google so natürlich nicht.

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So entstand die Mär der Verteidigung des offenen Webs gegen den blauen Riesen aus Palo Alto. Deswegen ist AMP ein Open-Source-Projekt und deswegen setzt AMP auf vergleichbar schmale Technologien wie die Instant Articles. Aufgrund der Marktmacht Googles fanden sich schnell haufenweise Publisher, die sich hinter dem Ansatz versammelten, während die breite Masse der Webentwickler dieses Planeten skeptisch blieb.

Was die Kritiker sagen

Die wesentlichen Gegenargumente lauten denn auch wie folgt:

Anstelle einer AMP-Version könnte man auch eine optimierte Mobilversion bieten

Tatsächlich erreicht AMP einen großen Teil seiner Performancevorteile darüber, dass es nur eine beschränkte Untermenge an HTML-Befehlen zulässt. Noch mehr Geschwindigkeitsvorteil entsteht daraus, dass in AMP, abgesehen von Googles dafür erforderlichen Javascripts, keinerlei Javascript erlaubt ist.

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Man könnte also die wichtigsten Effekte auch mit eigenen Optimierungsbemühungen erreichen. Schau sich nur einer die Massen an Javascript an, die heutzutage für jede noch so kleine Funktionalität geladen werden. Speckt das ab und die Seite wird schnell. Ebenso klar ist es doch, dass weniger HTML-Elemente schneller rendern. Vor allem, wenn komplexe Elemente nicht Teil des AMP-Subsets sind. Das ist nicht innovativ, sondern schlicht logisch.

Die Auslieferung erfolgt über Google-Server, nicht über die ursprüngliche Website

Großzügigerweise stellt Google seine Cloud zu Caching-Zwecken bereit. AMP-Inhalte werden entsprechend wie bei jedem guten Content Delivery Network immer ortsnah zum Besucher ausgeliefert. Das ist natürlich schneller als wenn jeder Request über den Webserver der Quelle laufen würde.

Der Haken an der Sache ist, dass deine Inhalte dadurch über Google-Server ausgeliefert werden, nicht über deinen eigenen. Da klingeln doch bei jedem Webentwickler sämtliche Alarmglocken. Bis vor wenigen Monaten war es sogar noch so, dass das weitere Teilen der so ausgelieferten Beiträge auf mobilen Geräten ebenfalls über die URL des AMP-Caches erfolgte. Du hast also mit dem Einsatz von AMP auf den kompletten Traffic deiner mobilen Nutzer verzichtet. Inzwischen hat Google auf die Proteste reagiert und trägt dafür Sorge, dass beim Teilen von AMP-Beiträgen über iOS und Android die Original-URL verwendet wird.

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Dadurch, dass die Auslieferung aus dem Cache erfolgt, hast du nicht die Statistiken, die du ansonsten zur Verfügung hast. Vielmehr bietet dir Google eine Untermenge statistischer Funktionen, die sie für dich als ausreichend definiert haben.

Es ist besonders die Kopplung an den Google-Cache, die Webentwickler suspekt finden. AMP als ein mögliches Framework für die Performance-Optimierung würde viel eher auf dem Markt akzeptiert. So aber verschiebt es den Wettbewerb. Performance können viele Frameworks bieten, die optimierte Distribution gleich mitliefern eben nicht.

Die Uniformität öffnet Fake News Tür und Tor

AMP-Inhalte werden mit einem offiziellen Blitz-Icon gewissermaßen geadelt. Dabei bedeutet das Piktogramm eigentlich nur, dass sich ein Inhalt an die AMP-Konvention hält. Nun könnte es ein zweifelhafter Inhalt durchaus in das neue Ergebnis-Karussell schaffen, das Google für AMP-Content eingeführt hat. Oben auf der Suchergebnisseite stehen dann im Karussell einträchtige Inhalte nebeneinander, die nicht nebeneinander gehören. Und durch die gleiche Gestaltung entlang der AMP-Richtlinien sehen die Nachrichten sogar gleich aus.

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Noch schlimmer wirkt sich die Google-Cache-URL aus, denn sie verschleiert den Ursprung des Inhalts. Andrew Betts fand dieses Beispiel, das ihn verständlicherweise durchaus erschreckte.

Andrew Betts erschreckte sich über diesen Inhalt, der ausweislich der URL von Google stammen sollte. (Screenshot: Andrew Betts)

AMP widerspricht den Grundsätzen des Web

Das offene Netz ist dezentral, basiert auf Standards und privilegiert Inhalte nicht schon wegen der eingesetzten Technik. AMP hingegen ist zentralisiert, kein Standard und priorisiert Seiten, die darauf basieren. Dazu kann es keine zwei Meinungen geben.

Was die Befürworter sagen

Auffällig ist, dass die Befürworter des neuen Formats sich nahezu ausschließlich aus den Reihen der Content-Publisher, nicht aus jenen der Webentwickler, rekrutieren. Aus deren Blickwinkel ist die positive Einstellung AMP gegenüber ebenfalls verständlich.

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AMP ist nur ein weiterer Distributionskanal

Ob es nun Instant Articles, ein RSS-Feed, die sozialen Netzwerke oder eben AMP ist – die Hauptsache ist doch, dass der Content beim Konsumenten ankommt. Speziell, wenn deine Inhalte etwas verkaufen sollen, kann dir nur jeder weitere Kanal recht sein.

AMP ist einfach zu implementieren

Sicherlich könnte man viele der Effekte, die AMP bietet, auch über eine optimierte Webprogrammierung erreichen. Mit AMP ist es aber viel leichter und erfordert weit weniger Skills in deiner IT-Abteilung. Durch das begrenzte Subset an möglichen Elementen hast du auch eine schöne Checkliste an der Hand, die du nur Punkt für Punkt abhaken musst.

Hochoffiziell bevorzugte und verifizierte AMP-Seiten besetzen den Top Spot. (Screenshot: Daniel Miessler)

AMP ist SEO

Google bestreitet zwar, dass AMP in irgendeiner Weise einen Rankingfaktor darstellt. Fakt ist aber, dass nur AMP-Inhalte mit einem schicken Blitz-Icon verifiziert werden. Fakt ist auch, dass es nur AMP-Inhalte in das schön weit oben angeordnete Ergebnis-Karussell auf den Suchergebnisseiten schaffen. Das sind doch schon genügend SEO-Vorteile. Wer würde indes darauf wetten, dass es nicht doch zum knallharten Rankingfaktor avancierte?

Quellen zum Weiterlesen:

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Frank

„Dadurch, dass die Auslieferung aus dem Cache erfolgt, hast du nicht die Statistiken, die du ansonsten zur Verfügung hast.“

Stimmt nur zum Teil.
AMP-Seiten werden üblicherweise mit einer besonderen Form von Analytics-Code versehen. Zugriffe tauchen somit in Google-Analytics/-Webmastertools auf, nur in den Logfiles des eigenen Servers nicht.

Im Übrigen sehe ich die AMP-Technologie längst nicht so negativ. Ein neuer (indirekter) Faktor bei der Suchmaschinenoptimierung – das gab’s doch schon immer (responsives Design, mobile-first, strukturierte Daten…).

SEOs und Kunden sollten es vielmehr als Chance sehen ihren Wettbewerbern zu enteilen. Immer noch besser als sein Ranking mit einem „2500-Backlinks-für-nur-150-EURO“ Zeugs versuchen zu verbessern.

Für mich hat AMP mit seinem eingeschränkten HTML / JS eher etwas von „Back-to-the-Roots“. Nahezu keine Seite mehr, die heutzutage ohne rumgeslidere oder parallaxen daherkommt. Wer einmal eine AMP-Seite auf seinem Smartphone aufgerufen hat, fühlt sich wie vom Verkehrslärm in Waldesruh versetzt.

Und auch das Argument, wir würden uns damit nur in eine weitere Google Abhängigkeit begeben zieht für mich nicht. Die Gefahr geht nicht von den Daten aus die Google über unser Business sammelt (im Gegenteil: wir möchten Google möglichst viel von unserem Produkt oder Dienstleistung erzählen), sondern im Hintergrund über unser Privatleben.

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