Kontaktverfolgung mit Gesichtserkennung: Südkorea setzt bei der Coronabekämpfung auf KI
Im Rahmen eines Pilotprojekts will Südkorea Tausende Überwachungskameras und Gesichtserkennung einsetzen, um die Kontakte von Coronainfizierten nachzuvollziehen. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Der Test wird in der südkoreanischen Stadt Bucheon durchgeführt und soll im Januar 2022 beginnen.
Insgesamt sollen 10.820 Überwachungskameras genutzt werden, um die Bewegungen nachweislich infizierter Menschen nachvollziehen zu können. Das System soll Kontakte zu anderen Menschen erkennen und dabei auch feststellen können, ob die infizierte Person dabei eine Maske getragen hat.
Nach Reuters-Angaben erhofft sich Bucheon vom Einsatz der Gesichtserkennung eine Entlastung der für die Kontaktnachverfolgung zuständigen Mitarbeiter:innen. In Südkorea werden schon jetzt beispielsweise Kreditkarteninformationen und Aufnahmen von Überwachungskameras genutzt, um Kontakte von Infizierten aufzuspüren. Die manuelle Auswertung ist laut Bürgermeister Jang Deog-cheon jedoch extrem arbeitsaufwendig.
Opposition kritisiert Überwachungspläne
Park Dae-chul von der konservativen Oppositionspartei Gungminui-him kritisiert die Regierungspläne gegenüber Reuters. „Es ist absolut falsch, die Öffentlichkeit mit Steuergeldern und ohne Zustimmung der Öffentlichkeit zu überwachen und zu kontrollieren“, erklärt Park. Seiner Meinung nach erinnern die Pläne an George Orwells dystopischen Roman „1984“ und seien „neototalitär“.
Die Verwaltung von Bucheon sieht indes keinerlei Datenschutzbedenken. Bei der Kontaktnachverfolgung sollen lediglich infizierte Menschen erfasst werden, die ihr Einverständnis zur Gesichtserkennung geben. Allerdings kann das System offiziellen Angaben zufolge Menschen auch anhand ihrer Kleidung erkennen, sofern sie der Gesichtserkennung nicht zustimmen.
Südkorea ist nicht das einzige Land, das mit Gesichtserkennung zur Kontaktnachverfolgung experimentiert. Laut einem Bericht der Columbia Law School werden ähnliche Systeme auch in China, Russland, Indien, Polen, Japan sowie mehreren US-Bundesstaaten genutzt oder zumindest getestet.