Krank zur Arbeit? Wir sollten endlich dazulernen
Geben wir es doch zu, wir haben es alle schon getan. Wir tun es immer wieder. Obwohl wir eigentlich wissen, dass es dämlich ist. Krank sein und gleichzeitig arbeiten passt eigentlich nicht zusammen. Ist uns allen klar, trotzdem ignorieren wir diese Tatsache geflissentlich.
Um Missverständnisse zu vermeiden: Mir geht es nicht um einen kleinen Schnupfen oder ähnliche Wehwehchen, die rumnerven aber im Grunde keine Gefahr sind. Es geht um die Krankheiten, die Einfluss haben auf Konzentration, auf Leistungsfähigkeit. Es geht um die Krankheiten, die wir im Zweifel nur schlimmer machen, wenn wir sie nicht ernst genug nehmen. Ganz besonders geht es um die Krankheiten, mit denen wir im Zweifel auch noch andere Menschen in Gefahr bringen.
Übertrieben? Leider nicht. Laut einer Studie der Betriebskrankenkasse Pronova BKK gehen fast zehn Prozent ihrer Arbeit auch mit einer Coronainfektion ganz normal nach. 17 Prozent würden im Fall eines positiven Tests und leichten Symptomen immerhin von zu Hause aus arbeiten.
Wo soll man da anfangen? Bei der Verantwortungslosigkeit gegenüber den Menschen, die sich vielleicht anstecken und die dadurch im schlechtesten Fall in Lebensgefahr geraten? Bei der Gefahr, sich auf diese Weise durch Long Covid auf Dauer selbst massiv zu schädigen?
Vielleicht fangen wir aber besser damit an, uns an die eigene Nase zu fassen. Wer sich noch nicht via Eigendoping mit einer Ladung Ibuprofen oder diversen anderen Präparaten (vermeintlich) arbeitsfähig gemacht hat, der werfe das erste Fieberthermometer.
New Work ist mehr als nur Workation
Im Ernst: Wir rühmen uns mit Modern Work, klopfen uns für Workation-Angebote auf die Schulter und verhalten uns dann ausgerechnet an dieser Stelle selbst oft wie im Steinzeitalter der Vorindustrialisierung.
Woran liegt das? Um das Gute im Schlechten zu sehen: Es hat sicher sehr oft mit Verantwortungsgefühl zu tun. Das Projekt muss fertig werden, die Kolleg:innen sollen nicht auch noch zusätzliche Arbeit erledigen müssen. Begründungen gibt es viele. Eine, die wir nicht so freizügig einräumen, ist sicher auch, dass wir uns alle mal gerne für ein wenig unverzichtbar halten.
Es ist aber endgültig an der Zeit, dass sich da was ändert. Wer krank ist, der oder die ist krank und arbeitet nicht. So einfach ist die Sache – und gleichzeitig so sinnvoll. Denn es ist unzählige Male nachgewiesen worden, dass es schlichtweg nichts bringt, sich angeschlagen in die Arbeit zu schleppen – selbst wenn diese Arbeit nur um die Ecke in der eigenen Wohnung verortet ist.
Krankheit verhindert Leistungsfähigkeit, beeinträchtig Konzentration, fördert Fehler und sorgt auf diese Weise dafür, dass die Arbeit zwar irgendwie gemacht wird, aber leider eben sehr oft nicht so, wie es sein sollte. Bringt also in Wahrheit niemandem etwas. Schon gar nicht der Gesundung.
Rücksicht auf sich selbst – und andere
Verantwortungslosigkeit gegenüber sich selbst ist eine Sache. Verantwortungslosigkeit gegenüber den Mitmenschen ist aber noch einmal eine andere Liga. Wer sich also mit einer ansteckenden Krankheit auch noch ins Büro oder an eine andere Arbeitsstelle schleppt, sollte sich ernsthaft fragen, was bei der jeweiligen Person eigentlich so falsch gelaufen ist.
Wir wollen im beruflichen Umfeld respektiert werden. Wir wollen Entwicklungsmöglichkeiten, Gestaltungsspielraum, Freiheit und Verantwortung. Genau dem müssen wir besonders gerecht werden, wenn wir nicht gesund sind. Das Beste, was wir dabei tun können, ist dann eben eine Pause zu machen. Klingt selbstverständlich, ist es aber nicht. Das sollten wir ändern.
Dabei sind natürlich ganz besonders die Führungskräfte gefragt. Sie müssen eine Atmosphäre schaffen, in der sich die Menschen ohne Angst oder irgendwelche überflüssigen Kommentare krankmelden können, wenn es notwendig ist. Sie müssen das im Übrigen auch für sich selbst in Anspruch nehmen.
Liebe t3n Redaktion, Ihr habt häufig interessante Themen, mittlerweile sind mir Eure Artikel allerdings häufig zu arbeitgeberfeindlich. Es geht nur noch darum, warum man noch weniger arbeiten soll und warum das angeblich für alle gut ist. Ich halte das für gefährlich. Deutschland braucht Mitarbeiter und Unternehmer, die wieder was erreichen wollen und nicht nur welche, die sich nach 25h wieder 4 Tage ausruhen müssen. In Euren Artikeln vermisse ich die Perspektive der Kollegen und Chefs, die dann zusehen müssen, dass der Kunde doch noch eine Lösung bekommt.
Wer seinen Mitarbeitenden nicht die Bedingungen bietet die sie wollen, wird halt vom Markt verschwinden weil es ein anderer tut. Gut so. Deutschland ist zwar eine G7 Nation, vom Lohnniveau aber ganz weit weg. Die Löhne müssen so hoch dass die ganzer Jammerlappenmöchtegernunternehmer hier in den Kommentaren die Geschäftsgrundlage entzogen wird und sie ganz einfach verschwinden.