Frauen in Videospielen: Für diesen Designer ist Lady Dimitrescu ein Meilenstein
Lady Dimitrescu aus dem neusten Resident-Evil-Teil ist schon kurze Zeit nach Veröffentlichung des Spiels ein beliebtes Motiv für Internet-Memes geworden. Xavier Coelho-Kostolny argumentiert jetzt auf Twitter, dass die riesenhafte Vampirin einer der wichtigsten Spielecharaktere der letzten paar Jahrzehnte sein könnte. Coelho-Kostolny ist selbst auf die Erstellung von 3D-Charakteren spezialisiert und hat in der Vergangenheit unter anderem an „Marvel’s Spider-Man“ und „Ratched and Clank: Rift Apart“ mitgewirkt.
Zwar hält Coelho-Kostolny Lady Dimitrescu nicht für einen besonders komplexen oder interessant geschriebenen Charakter, ihre visuelle Präsentation hält er aber dennoch für bemerkenswert. Seiner Ansicht nach weicht das Design von Lady Dimitrescu deutlich von der Art und Weise ab, wie Frauen in aller Regel in Videospielen dargestellt werden. Zwar sei auch die hünenhafte Vampirfrau in ihrer Darstellung stark sexualisiert, allerdings ist sie deutlich älter als bei vielen anderen großen Games. „Sexualisierte Charaktere in anderen Spielen sind in der Regel so gestaltet, dass sie aussehen, als wären sie im späten Teenageralter bis Anfang 20“, so Coelho-Kostolny.
Das Alter zeige sich außerdem auch deutlich an dem 3D-Modell. „Lady Dimitrescu hat selbst in ihrer neutralen Pose sichtbare Gesichtsfalten und eine deutliche Nasolabialfalte. Das sind Dinge, die man bei den meisten weiblichen Spielcharakteren einfach nicht sieht – selbst wenn sie schon ziemlich alt sein sollten“, argumentiert Coelho-Kostolny. Er selbst habe bei seiner Arbeit immer wieder die Anweisung bekommen, Falten aus dem Gesicht weiblicher Charaktere zu entfernen, damit sie jünger aussehen.
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Auch mit ihrer Größe weicht Lady Dimitrescu nach Ansicht von Coelho-Kostolny deutlich von der Norm ab, da weibliche Charaktere in Videospielen meist eine vergleichsweise geringe Körpergröße aufweisen. „Da sie fast doppelt so groß ist wie einige andere bekannte Charaktere, hatten die Entwickler keine Angst davor, die typische Darstellung einer weiblichen Frau in einem Videospiel zu umgehen“, schreibt Coelho-Kostolny.
Sexualisierung weiblicher Charaktere bleibt ein Problem in Videospielen
Gänzlich überzeugen kann Coelho-Kostolny auf Twitter aber nicht jeden mit seiner Einschätzung von Lady Dimitrescu. „Es gibt eine Menge Reaktionen auf sie und ich mag sie auch. Aber ich fühle mich nicht wohl mit der Idee, dass sie ein besonders progressives Charakterdesign ist, nur weil sie ein sexualisierter älterer Charakter ist“, wirft beispielsweise die Spieledesignerin Jennifer Scheurle ein. Dem pflichtet auch die Illustratorin Olga Drebas bei: „Lady Dimitrescu ist ein Schritt nach vorne in der Darstellung von Frauen in Spielen, aber sie hat auch eine Menge von fast karikaturhaft freudschen Zügen, die beinahe wie eine Anspielung auf 4chan-Board-Fetische aussehen.“
Dem stimmt auch Coelho-Kostolny zu und schreibt an Scheurle gerichtet: „Du hast zu 100 Prozent Recht! Es gibt immer noch eine Menge Dinge, die man an ihrer Präsentation kritisieren kann und wie sie einige wirklich abgefuckte Teile der Spieleindustrie und Gamer-Kultur repräsentiert.“ Auf die Frage von Scheurle, ob Lady Dimitrescu vielleicht nur deswegen so aussieht, wie sie aussieht, weil sie ein Horrorbösewicht ist, antwortet Coelho-Kostolny dann auch recht pessimistisch: „Meiner Meinung nach, fast sicher. Ich glaube nicht, dass die meisten Leute in der Spieleentwicklung bereit oder reif genug sind, eine ältere Frau, die selbstbewusst zu ihrer Sexualität steht, zur Hauptfigur oder zum Protagonisten zu machen.“