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MIT Technology Review Feature

Lego-Technic für das Labor: Wie Forscher teure Geräte einfach nachbauen

Wissenschaftler verwenden die kultigen Lego-Bausteine, um präzise funktionierende Mikroskope, Bioprinter und Chromatographen zu bauen – und machen so die Wissenschaft günstiger und zugänglicher.

Von MIT Technology Review Online
4 Min.
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Dieser aus Legosteinen gebaute Zellstrecker für biologische Zellen kostete den Bruchteil einer offiziellen Anlage.

(Foto: Etienne Boulter, Chloé C.)

Eines Morgens betrat Etienne Boulter sein Labor an der Université Côte d’Azur in Nizza mit einem Lego Technic-Baggerset unter dem Arm. Sein Plan war einfach, aber ehrgeizig: Er wollte aus den Teilen eine mechanische Zellstrecker-Anlage bauen. Boulter und seine Kollegen erforschen die Mechanobiologie, das heißt die Art und Weise, wie mechanische Kräfte wie Dehnung und Kompression auf Zellen wirken. Handelsübliche Zellstrecker kosten allerdings über 50.000 Dollar.

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Die Bau-Aufgabe für Boulter und seine Kolleg:innen: eine Vorrichtung aus den Lego-Komponenten für nur etwas mehr als 200 Dollar. Es gelang: Ihr Lego-System dehnt eine Silikonplatte, auf der Zellen wachsen. Dieser Prozess führt dazu, dass sich die Zellen verformen und ahmt nach, wie sich unsere eigenen Hautzellen dehnen.

Lego-Sets sind ideal für solche Umfunktionierungen, sagt Boulter: „Wenn man Lego Technic hat, hat man die Motoren, die Räder, die Achsen – alles, was man braucht, um ein solches System zu bauen.“ Ihr Modell war so erfolgreich, dass zehn verschiedene Labors auf der ganzen Welt bei ihm anriefen, um die Pläne für den Bau ihrer eigenen kostengünstigen Lego-Bahren zu erhalten.

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Boulter ist einer von vielen Forschern, die aus Lego-Bausteinen kostengünstige und dennoch äußerst effektive Laborgeräte bauen. Die Bausteine selbst sind robust und werden mit engen Fertigungstoleranzen hergestellt. Das Angebot von Lego umfasst Sensoren, die verschiedene Farben erkennen, Drehbewegungen wahrnehmen und den Abstand zu einem Objekt messen können. Das macht die DIY-Werkzeuge zu einer kreativen und erschwinglichen Lösung für Wissenschaftler:innen, die versuchen, die Kosten niedrig zu halten.

Ein Chromatograph aus Plastiksteinen

Ein Beispiel dafür ist der Lego-Chromatograph, den Cassandra Quave und ihr Mann Marco Caputo, beide von der Emory University, entwickelt haben. Quave ist Ethnobotanikerin und leitet eine Forschungsgruppe, die sich mit der Dokumentation traditioneller Arzneimittel beschäftigt. Ihr Team reist tief in die Wälder und Dschungel der Welt und sammelt Proben von Blättern, Beeren und Samen, die sie auf ihren potenziellen pharmazeutischen Wert hin untersucht. Um chemische Verbindungen aus den Pflanzenproben zu isolieren, wendet Quave ein sorgfältiges Verfahren namens Chromatografie an, bei dem die aus der Pflanze destillierte Flüssigkeit über ein mit einem Material wie Kieselgel gefülltes Rohr geleitet wird.

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Das Timing bei der Chromatographie muss sehr genau sein, kleine Flüssigkeitsmengen müssen zu bestimmten Zeitpunkten hinzugefügt werden. Auf diese Momente zu warten, ist nicht die beste Art, die Zeit eines Doktoranden zu nutzen, dachte Quave, als sie eines Tages ins Labor kam und ihre Doktorandin Huaqiao Tang sah, die ein Reagenzglas hielt und auf die Uhr schaute. „Das ist verrückt!“ sagte Quave und lachte. „Wir können eine bessere Lösung finden!“

Als Quave Caputo von ihrem Problem erzählte, brachte er Legos aus der riesigen Sammlung ihrer vier Kinder mit und ließ seine Student:innen ausprobieren, was sie daraus machen konnten. Sie entwickelten einen Roboterarm, der wiederholte, präzise Bewegungen ausführen konnte und nach und nach kleine Flüssigkeitsmengen in Reagenzgläser einfüllte, um Verbindungen im Pflanzengewebe zu isolieren. Die Bewegungen des Geräts waren laut Quave so präzise, dass sich spontan Kristalle bildeten, was nur bei sehr reinen Substanzen der Fall ist.

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3D-Biodrucker aus Legosteinen

An der Cardiff University in Wales hatten Christopher Thomas, Oliver Castell und Sion Coulman ähnlichen Erfolg beim Bau eines Instruments, das Zellen drucken kann. Die Forscher untersuchen Hautkrankheiten, Lipide genannte Fettverbindungen im Körper und die Wundheilung. Proben für diese Forschung nur schwer auf ethisch vertretbare Weise zu bekommen. Deshalb bauten die Forschenden einen 3D-Biodrucker aus Legosteinen, der in der Lage ist, ein Analogon der menschlichen Haut zu „drucken“, indem er Schichten von Biotinte mit lebenden Zellen darin aufträgt.

Diese Drucker kosten normalerweise über eine Viertelmillion Dollar. Die Wissenschaftler bauten ihre Version für nur 550 Dollar. Zunächst waren ihre Kolleg:innen skeptisch, dass Komponenten, die normalerweise als Spielzeug betrachtet werden, in einem so professionellen Umfeld eingesetzt werden könnten. Doch nachdem sie den Drucker bei der Arbeit gesehen hatten, waren sie schnell überzeugt. Das Team machte landesweit Schlagzeilen, und andere Gruppen bauten das Modell in ihren eigenen Labors nach.

Lego als Laborgerät

An der Universität Cardiff haben Christopher Thomas, Oliver Castell und Sion Coulman ein Gerät gebaut, mit dem sich Zellen drucken lassen. Gruppen auf der ganzen Welt haben ihren Entwurf bereits kopiert. (Foto: Cardiff University).

Lego-Mikroskop für die Schule

Einige Wissenschaftler entwickeln Werkzeuge für den Einsatz für Schüler:innen: beispielsweise der Biophysiker Timo Betz von der Universität Göttingen. Er sollte für die Kinderuni in Münster einen Vortrag über Naturwissenschaften halten, konnte aber nicht sein eigenes Mikroskop in Laborqualität mit zu dem Vortrag auf die Bühne bringen – es war schlichtweg zu groß. Er kam auf die Idee, ein Lego-Mikroskop zu bauen, als er seinen achtjährigen Sohn Emil beim Spielen beobachtete.

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Sein Sohn war sofort mit an Bord. „Lass uns das machen!“, sagte er zu seinem Vater. Zusammen mit Bart Vos, einem Kollegen an der Universität, bauten sie ein Mikroskop, das mit Ausnahme von zwei optischen Linsen vollständig aus Legoteilen bestand. Ihre Pläne, die sie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht haben, können von Schülern ab 12 Jahren verwendet werden, um die grundlegenden Konzepte der Optik zu erlernen.

Für Foscher:innen auf der ganzen Welt

Viele dieser Wissenschaftler:innen stellen ihre Modelle interessierten Gruppen zur Verfügung, bieten sie Open Source an oder veröffentlichen die Pläne auf GitHub oder anderen Plattformen. So sollen auch andere Labors ihre eigenen Versionen erstellen können. Das ist ein großer Vorteil für Forscher:innen auf der ganzen Welt, vor allem für diejenigen, die nur über begrenzte finanzielle Mittel verfügen – ganz gleich, ob es sich um neue Fakultätsmitglieder, Wissenschaftler:innen an kleineren Universitäten oder Menschen handelt, die in Ländern mit geringem Einkommen arbeiten. Auf diese Weise macht ein kleiner Plastikbaustein die Wissenschaft für alle leichter zugänglich.

Der Text stammt von Elizabeth Fernandez. Sie ist Wissenschaftsjournalistin.
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