Anfang der Woche hat das Amtsgericht Köln im Lizengo-Insolvenzverfahren einen Konkursverwalter eingesetzt. Damit scheint ein Insolvenzverfahren in Eigenregie ausgeschlossen. Die Unternehmensführung kann nun nicht mehr über etwa vorhandene Vermögenswerte der Lizengo GmbH & Co KG verfügen.
Lizengo und die Legende von der legalen Lizenz
Die Probleme kommen nicht überraschend und waren im Grunde seit dem Bekanntwerden der Klage Microsofts gegen den Software-Händler erwartet worden. Im Jahr 2019 hatte Lizengo vornehmlich Windows- und Office-Lizenzen im großen Stil – teilweise sogar über Rewe- und Edeka-Märkte – an Privatkunden verkauft. Die Legende dahinter lautete, Lizengo kaufe massenhaft überschüssige Lizenzen auf und vertreiben diese zu kleinen Preisen weiter. Kunden sollten dann funktionierende Lizenzschlüssel erhalten, mit deren Hilfe sie das Produkt von den Hersteller-Servern laden und nach der Installation aktivieren konnten.
Dabei berief sich Lizengo auf die europäische Rechtsprechung, wonach Käufer von Softwarelizenzen ihre Lizenzen ungehindert an Dritte weiterverkaufen dürfen. Lizengo verstand sich in diesem Sinne als Vertreiber von Gebraucht-Software. Microsoft hatte aber schon früh darauf hingewiesen, dass der Besitz eines Produktschlüssels zwar ein Indiz, aber kein Beweis für eine rechtmäßig erworbene Lizenz sei. Zunächst hatte das Unternehmen den Discounter allerdings gewähren lassen.
Microsoft reicht Klage ein, Staatsanwaltschaft erkennt Anfangsverdacht
Dann allerdings führte der Software-Hersteller intensive Recherchen durch und stellte dabei fest, dass Lizenzen teils mehrfach verkauft wurden, aus Lizenzpaketen stammten, die nicht zur Weiterveräußerung zugelassen waren oder unter anderen Aspekten als dubios zu charakterisieren waren.
So war es wohl der letztgenannte Aspekt, der dazu führte, dass die Staatsanwaltschaft Köln am 18. August 2020 einen Polizeieinsatz gegen den bekannten Lizenz-Discounter Lizengo angeordnet hatte. Dabei wurden sowohl die Privaträume als auch die Büros der Geschäftsführung durchsucht. Der Vorwurf lautete gewerbsmäßiger Betrug.
Danach scheint es schnell gegangen zu sein: Auf der Homepage werden Besucher seit Wochen mit dem Hinweis auf „Wartungsarbeiten“ und eine bevorstehende „größere interne Systemumstellung“ vertröstet. Schon seit dem 30. Oktober hatte der Discounter keine Lizenzschlüssel mehr verkauft.
Lizengo vor dem Aus, Vertrieb dubioser Lizenzen geht weiter
Derzeit ist die Zukunft des Unternehmens und seiner rund 130 Mitarbeiter völlig unklar. Dass allerdings eine nennenswerte Konkursmasse vorhanden ist, darf als unwahrscheinlich gelten. Speziell ein etwa vorhandener Bestand an Lizenz-Keys dürfte wohl eine bilanzielle Wertberichtigung gegen null erfordern.
Das Ende Lizengos ist indes nicht das Ende des Vertriebs sonderbar günstiger Microsoft-Lizenzen. Auch am heutigen Tage finden Interessenten eine Vielzahl entsprechender Angebote, etwa über Ebay und sogar über den Amazon-Marktplatz. Lizengo war allerdings durch den Eintritt in den stationären Handel sehr viel sichtbarer geworden als seine nicht minder dubiosen Wettbewerber.