Seltenes Phänomen auf dem Mars: Deshalb dehnt sich die Atmosphäre plötzlich aus
MAVEN heißt der Nasa-Orbiter, der seit 2014 die Marsatmosphäre als auch ihre Reaktion auf das Verhalten der Sonne beobachtet. Wie nun das Team hinter MAVEN auf der AGU-Konferenz in Kalifornien bekannt gab, sei das Entdeckte wirklich außerhalb der Norm.
Der Physik- und Astronomieprofessor der Universität Ohio, Jasper Halekas, sagte auf der Konferenz für das Team: „Das ist etwas, was wir mit MAVEN auf dem Mars noch nicht gesehen haben.“
Atmosphäre auf dem Mars schwoll auf das Vierfache an
Die Fachseite Space.com hat das Geschehene auf ihrer Homepage gut zusammengefasst. Normalerweise würden circa 0,11 Kilogramm der Marsatmosphäre jede Sekunde vom unaufhörlichen Sonnenwind weggedrückt. Der Wind also, mit dem schnellen Strom geladener Teilchen, die regelmäßig von der Sonne ausgestoßen werden und das Sonnensystem durchdringen und sogar über Pluto hinausreichen.
Doch laut dem Wissenschaftsteam änderte sich das im Dezember 2022 für zwei Tage. Ein Teil dieses Windes war plötzlich verschwunden. Deshalb schwoll die Atmosphäre auf dem Mars, auf der der Sonne zugewandten Seite, um nahezu das Vierfache der üblichen Größe an (Anm. d. Red.: von 800 Kilometern auf 3.000).
Laut den von MAVEN ausgewerteten Daten dehnten sich andere Aspekte des Marssystems ähnlich aus. Hier nannten die Expert:innen unter anderem die tropfenförmige Magnetosphäre, also das Raumgebiet um ein astronomisches Objekt.
Erste atypische Episode seit MAVEN-Start 2014
Es sei laut dem Team die erste atypische Episode in knapp zehn Jahren gewesen. Eine sich schnell bewegende Region des Sonnenwinds hatte ihr langsameres Gegenstück überholt und dessen Material mitgerissen. Eine dünne Region blieb demnach zurück. Space.com hat eine passende Videoanimation einer Suimulation dazu.
Am 25. Dezember 2022 soll der entleerte Sturm den Mars erreicht haben. Halekas nennt das rückblickend ein „Weihnachtsgeschenk“ für sein Team, das eine neue Studie über das Ereignis führt. Er sagt: „Die Natur hat dieses perfekte wissenschaftliche Experiment inszeniert.”
Wissenschaftsteam mit neuer Studie für mehr Erkenntnisse
Sein Team untersuche nun, wie extreme Sonnenereignisse, und deren Ausbleiben, die Atmosphäre des Planeten beeinflussten. Die Ergebnisse hätten laut dem Wissenschaftler auch Auswirkungen auf unser Verständnis von erdähnlichen Planeten außerhalb unseres Sonnensystems und wie sie mit ihren Wirtssternen interagierten.
Die atypische Episode dauerte zwei Tage, dann bildete sich die Atmosphäre um den Mars wieder in ihren ursprünglichen Zustand zurück. Kurz davor habe sie laut den Expert:innen aber wie eine Wackelpuddingplatte gewackelt.
Laut der leitenden Forscherin der MAVEN-Mission, Shannon Curry, soll es solche Ereignisse während der frühen Entwicklung des Mars vor drei bis vier Milliarden Jahren oft gegeben haben. Die Sonne sei schlicht feuriger als heute gewesen und habe derartige Stürme wöchentlich ausgelöst.
Sie schlussfolgert, dass diese Extreme wahrscheinlich für das Austrocknen des Roten Planeten verantwortlich gewesen seien, einer Welt, von der Wissenschaftler:innen annehmen, dass sie einst flüssiges Wasser beherbergte und lebensfreundliche Bedingungen bot.
Curry sagte diese Woche, dass die Extrapolation der neuesten MAVEN-Daten zur Untersuchung der Entwicklung des Mars im Laufe der Zeit Aufschluss darüber geben könnte, wie stark die Atmosphäre erodiert und wie schnell der Planet ausgetrocknet sei.