So werden auf Dating-Apps wie Grindr Drogen verkauft

Polk-County-Sheriff Grady Judd. (Foto: picture alliance/AP Photo | Wilfredo Lee)
Wenn man bei der Dating-App Grindr gefragt wird, ob man Lust auf eine „parTy“ habe, so sollte man hellhörig werden. Denn das großgeschriebene „T“ kann ein Deckname für „Tina“ sein, die umgangssprachliche Bezeichnung für Methamphetamine, kurz „Crystal Meth“, „Meth“ oder „Crystal“. Das haben Ermittler:innen in einer Untersuchung namens „Swipe Left for Meth“ herausbekommen. Das Team rund um Grady Judd, Sheriff von Polk County in Florida, hatte sechs Monate lang ermittelt, ob und in welchem Umfang Dating-Apps für den Verkauf von Drogen genutzt werden.
Die Beweislast war erdrückend. Insgesamt 60 Verdächtige wurden des Drogenhandels beschuldigt und angeklagt, wie Judd in einer Pressekonferenz am gestrigen Donnerstag bekannt gab. Die verdächtigten Personen sollen über die Profile ihrer Dating-Apps Drogen verkauft haben, wobei sie Eistüten- und Geburtstagskuchen-Emojis und verschiedene Codewörtern nutzten, um die Verkäufe zu verschleiern. Zu den gehandelten Drogen gehörten neben Meth auch Kokain, Fentanyl, LSD und Marihuana. Den Ermittler:innen zufolge war Marihuana die am häufigsten verkaufte Droge, gefolgt von Meth.
Im Fokus der Ermittlungen standen neben Grindr die beiden queeren Dating-Apps Scruff und Taimi. Grindr ist eine GBTQ (gay bi trans queer)-Dating-App, die von etwa 27 Millionen Menschen genutzt wird und sich selbst als die weltweit größte Social-Networking-App für die GBTQ-Community bezeichnet. Auch Scruff fokussiert sich auf Männer, während Taimi die gesamte LGBTQ+-Community anspricht.
„Swipe Left for Meth“
Ein Hinweis im Juli 2021 hatte dazu geführt, dass Sherriff Judd und sein Team die Ermittlungen in dem Fall aufnahmen. Für die Untersuchungen erstellten sich die Ermittler:innen Fake-Profile auf den Dating-Apps, um Testkäufe zu tätigen und mit potenziellen Drogen-Dealer:innen in Kontakt zu treten, was sich als „relatively easy“ herausgestellt habe. Insgesamt kamen bei den Testkäufen eineinhalb Pfund Marihuana und 280 Gramm Meth zusammen.
Um an die Drogen zu kommen, musste man die Dealer:innen nur kontaktieren und nach links swipen, daher der Name der Untersuchung. Anschließend sei man direkt angesprochen worden, ob man Drogen kaufen wolle, und habe eine Adresse für die Abholung bekommen. „Es war das Skurrilste, das wir seit Langem gesehen haben. Und wir sehen jeden Tag skurrile Dinge“, sagte Judd über eine der verdeckten Marihuana-Transaktionen. Er ergänzte: „Wie konnten wir an einen Punkt gelangen, an dem Leute denken, es sei sicher, in einer öffentlich zugänglichen App Drogen zu verkaufen und das auch noch offen zu bewerben?“
Das Büro von Sherriff Judd habe die Anbieter der drei LGBTQ+-Apps um Zusammenarbeit gebeten, um mit ihnen gemeinsam das Bewusstsein „für den illegalen Verkauf“ zu schärfen, wie NBC News berichtet. Bislang gibt es keine Stellungnahme der Apps zu den Vorwürfen.
Thema bereits seit 2018
Das Drogen-Thema auf LGBTQ+-Apps ist dabei nicht neu. Bereits in der Vergangenheit hatten Nutzer:innen Grindr vorgeworfen, nicht genug gegen den illegalen Drogenverkauf zu unternehmen. „Mit Grindr können sich Männer heute Sex und Drogen direkt nach Hause liefern lassen“, sagte Phil McCabe, Sozialarbeiter und Präsident der National Association of LGBT Addiction Professionals, 2018 gegenüber NBC News.
Damals hatte das Unternehmen auf die Vorwürfe geantwortet, dass es „die Förderung des Drogenkonsums in Benutzer:innen-Profilen verbietet“ und die Benutzer:innen ermutigt, „verdächtige und bedrohliche Aktivitäten“ zu melden. Des Weiteren hieß es: „Während wir diesen Prozess ständig verbessern, ist es wichtig, daran zu denken, dass Grindr eine offene Plattform ist.“