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Analyse

Microlearning: So integrierst du Lernhäppchen erfolgreich in deinen Alltag

Lernen, but make it snackable? Das versprechen sogenannte Microlearning-Konzepte. Wie sie funktionieren und wo es Grenzen gibt.

Von Joachim Giese
5 Min.
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Unterwegs flexibel lernen: Das soll mit Microlearning zum Beispiel am Smartphone klappen. (Foto: Shutterstock / TippaPatt)

Möglichst flexibel und auch im hektischen Alltag Neues lernen: Die Lernmethode Microlearning scheint dafür perfekt zu sein. Statt langer Kurse oder umfangreicher Seminare setzt sie auf kurze, zielgerichtete Einheiten, die sich in den Tagesablauf integrieren lassen.

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Was ist Microlearning?

Microlearning beschreibt eine Lernmethode, bei der Wissen in kleinen Einheiten – oft zwischen zwei und 15 Minuten – vermittelt wird. Diese kurzen „Lernhäppchen“ konzentrieren sich auf spezifische Themen oder Fähigkeiten und lassen sich flexibel in den Alltag integrieren. Typische Formate sind Videos, Infografiken, Quiz oder Audios.

Dienst als Basis: Die Vergessenskurve von Ebbinghaus

Als Basis des Lernkonzepts dient die sogenannte Vergessenskurve des deutschen Psychologen Hermann Ebbinghaus. Die Kurve beschreibt, wie schnell neues Wissen ohne Wiederholung wieder verloren geht. Ebbinghaus zeigte in Selbstversuchen, dass das Vergessen negativ-exponentiell verläuft. Bedeutet: Schon kurz nach dem Lernen erinnern sich die meisten Menschen an einen Großteil nicht mehr.

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Nach etwa 20 Minuten sind nur noch 60 Prozent im Gedächtnis, nach einem Tag nur noch etwa 34 Prozent. Das zeigt, wie wichtig regelmäßige Wiederholungen für das Behalten von Wissen sind – ein Prinzip, das beim Microlearning zum Einsatz kommt.

Ebbinghaus‘ Selbstversuche wurden jedoch auch kritisiert. Er lernte bewusst sinnlose Silben, um Assoziationen zu vermeiden und die Theorie möglichst neutral zu überprüfen. Doch gerade dieser Ansatz hat Schwächen. Ein Beispiel: Ein Schachprofi kann sich die Anordnung der Figuren auf einem Schachbrett blitzschnell merken – aber nur, wenn die Anordnung Sinn ergibt. Eine zufällige Anordnung kann er sich genauso schlecht merken wie ein Laie.

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Das zeigt, dass die Relevanz der Lerninhalte eine entscheidende Rolle spielt. Inhalte, die für die Lernenden sinnvoll und bedeutsam sind, bleiben wesentlich leichter im Gedächtnis.

Wissenshäppchen gegen das Vergessen: Was für Microlearning spricht

Die Idee hinter Microlearning greift diese Erkenntnisse der Vergessenskurve auf und wendet sie an. Durch kurze, fokussierte Lerneinheiten und regelmäßige Wiederholungen wird versucht, dem Vergessen entgegenzuwirken und Wissen in das Langzeitgedächtnis zu überführen.

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Gerade in der modernen Arbeitswelt, in der Flexibilität und Effizienz beim Lernen eine zentrale Rolle spielen, kann diese Methode – unter bestimmten Voraussetzungen – wertvoll sein. Einige Vorteile auf einen Blick:

  1. Flexibilität im Alltag: Microlearning lässt sich leicht in den Alltag integrieren, da die kurzen Einheiten jederzeit und überall bearbeitet werden können.
  2. Praxisorientierung: Microlearning vermittelt Wissen genau dann, wenn es benötigt wird. Diese Praxisnähe unterstützt die direkte Anwendung im Arbeitsalltag und steigert so den praktischen Nutzen des Gelernten.
  3. Motivation durch schnelle Erfolge: Kurze Lernmodule schaffen Erfolgserlebnisse, die die Motivation steigern. Die Lernenden erleben ihre Fortschritte unmittelbar und bleiben engagiert bei der Sache.
  4. Kosteneffizienz und Skalierbarkeit: Einmal erstellte Inhalte können von vielen Lernenden genutzt werden, ohne dass zusätzliche Kosten entstehen. Reise- und Honorarkosten entfallen häufig ebenfalls, was Microlearning zu einer kostengünstigen Lösung macht.
  5. Personalisierung und Anpassungsfähigkeit: Microlearning-Inhalte lassen sich flexibel aktualisieren und individuell an die Bedürfnisse der Lernenden anpassen. Dies fördert das selbstgesteuerte Lernen und ermöglicht maßgeschneiderte Lernpfade, die unterschiedliche Lernstile berücksichtigen.
  6. Höhere Abschlussquoten: Statistiken zeigen, dass Microlearning deutlich höhere Abschlussquoten als klassische Onlinekurse hat. Die kompakte Struktur und schnelle Erfolge fördern die Bereitschaft, alle Module abzuschließen.

Die Nachteile der Methode

Trotz seiner Popularität stößt Microlearning auch auf Kritik. Vor allem die Frage, wie gut es langfristig wirkt und ob es für komplexe Themen geeignet ist, wird oft diskutiert. Die folgenden Punkte zeigen die Schwächen der Methode:

  1. Fragmentierung des Wissens: Das Aufteilen von Lerninhalten in kleine Einheiten birgt die Gefahr, dass der Gesamtzusammenhang verloren geht. Gerade bei komplexen Themen ist das Verständnis des größeren Zusammenhangs wichtig, was in kurzen Modulen oft nicht erreicht wird.
  2. Begrenzte Eignung für komplexe Themen: Microlearning ermöglicht schnelle Erfolgserlebnisse, aber vertiefende Analysen oder intensives Lernen komplexer Inhalte erfordern mehr Zeit und eine strukturierte Auseinandersetzung.
  3. Gefahr der Oberflächlichkeit: Kurze Einheiten können dazu führen, dass Lernende nur oberflächliches Wissen erwerben. Langfristiges Verstehen oder die Entwicklung von tiefgreifenden Kompetenzen bleiben oft auf der Strecke. In der betrieblichen Weiterbildung wird Microlearning aufgrund seiner Flexibilität und der Möglichkeit, Lerneinheiten jederzeit und überall zu integrieren, oft genutzt. Doch die Frage bleibt, ob diese Methode tatsächlich langfristig tiefgreifende Kompetenzen fördert oder lediglich temporäre Lösungen für oberflächliche Wissenslücken bietet.
  4. Kurzlebigkeit des Wissens: Ohne regelmäßige Wiederholungen besteht die Gefahr, dass das vermittelte Wissen schnell wieder vergessen wird.
  5. Aufwand für die Erstellung hochwertiger Inhalte: Zwar entfallen Reise- und Veranstaltungskosten, wenn die Wissenshäppchen auf dem Smartphone gelernt werden können, die Erstellung von Microlearning-Inhalten kann dafür aber gerade bei komplexen Formaten wie Videos oder interaktiven Übungen kostenintensiv sein. Hier liegt die Hoffnung auch auf KI-Tools: Sie könnten in Zukunft die Kosten senken und Inhalte gleichzeitig anpassungsfähiger und personalisierter gestalten.
  6. Überforderung durch Masse: Zu viele kurze Lerneinheiten können die Lernenden überfordern und ihnen das Gefühl geben, ständig lernen zu müssen. Dies kann die Motivation auf Dauer erheblich beeinträchtigen.

Voraussetzungen für wirksames Microlearning

Microlearning kann eine effiziente und flexible Lernmethode sein, wenn sie richtig eingesetzt wird. Ohne sorgfältige Planung drohen jedoch typische Herausforderungen wie die Fragmentierung des Wissens oder eine oberflächliche Auseinandersetzung mit den Inhalten.

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Um den gewünschten Lernerfolg zu erzielen, bedarf es klarer Strategien und spezifischer Rahmenbedingungen. Folgende Aspekte können dabei helfen:

  1. Klare Lernziele definieren: Jede Microlearning-Einheit sollte ein spezifisches Ziel haben, an dem sich die Lernenden orientieren können. Dadurch wird sichergestellt, dass die Einheiten nicht isoliert stehen, sondern in einen größeren Lernkontext eingebettet sind.
  2. Strukturierte Lernpfade erstellen: Microlearning funktioniert am besten, wenn die einzelnen Einheiten aufeinander aufbauen und logisch miteinander verknüpft sind. Ein durchdachter Lernpfad hilft den Lernenden, ein zusammenhängendes Verständnis zu entwickeln.
  3. Regelmäßige Wiederholungen einplanen: Wiederholungen sind entscheidend, um das Gelernte im Langzeitgedächtnis zu verankern. Übersichtsmodule, die die zentralen Inhalte zusammenfassen, stärken das Gesamtverständnis. Interaktive Elemente wie Quiz oder Übungen fördern die aktive Verarbeitung und helfen, Zusammenhänge zwischen verschiedenen Konzepten herzustellen.
  4. Praxisorientierung fördern: Microlearning entfaltet sein Potenzial am besten, wenn die Inhalte direkt im Alltag angewendet werden können. Aufgaben, die praxisnahe Szenarien einbeziehen, machen das Gelernte relevanter und fördern ein tieferes Verständnis. Besonders effektiv ist es, wenn Lernende Wissen aus mehreren Modulen kombinieren und in realistischen Kontexten einsetzen müssen.
  5. Kontext und Zielgruppe berücksichtigen: Nicht alle Themen und Zielgruppen sind für Microlearning geeignet. Während einfache Inhalte in kleinere Einheiten aufgeteilt werden können, erfordern komplexe Themen längere und intensivere Lernformate. Eine sorgfältige Analyse der Anforderungen und Zielgruppen ist daher vor dem Einsatz von Microlearning unerlässlich.
  6. Medienvielfalt einsetzen: Eine abwechslungsreiche Gestaltung der Inhalte spricht unterschiedliche Lernstile an und erhöht die Motivation. Videos, Infografiken, Podcasts oder Quiz schaffen ein lebendiges Lernerlebnis. Die Kombination verschiedener Medien erleichtert es, auch komplexe Themen anschaulich und eingängig zu vermitteln.

Fazit: Wann ist Microlearning sinnvoll?

Richtig eingesetzt kann Microlearning ein effektives Werkzeug zur Wissensvermittlung sein. Besonders vorteilhaft ist es in folgenden Szenarien:

  • Teilbare Themen: Inhalte, die in kleine, überschaubare Einheiten aufgeteilt werden können.
  • Flexibles Lernen: Situationen, in denen Lernen unabhängig von Ort und Zeit stattfinden muss.
  • Direkte Anwendbarkeit: Wissen, das unmittelbar in der Praxis eingesetzt werden kann.

Die Idee hinter Microlearning – durch kurze, regelmäßige Lerneinheiten und gezielte Wiederholungen das Behalten von Wissen zu fördern – scheint auf den ersten Blick überzeugend. Vor allem bei der Vermittlung einfacher oder praktischer Inhalte entfaltet die Methode ihre Stärken.

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Es gibt aber auch klare Grenzen: Microlearning eignet sich weniger für komplexe Themen oder zur Erarbeitung eines tieferen Verständnisses. Es sollte daher nicht als alleiniges Lernkonzept eingesetzt werden, sondern als Ergänzung zu umfassenderen Lernmethoden.

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