Milchstraße statt GPS: Wie Insekten den Kosmos zur Orientierung nutzen

Bogong-Motte: Nachtfalter mit Sternenkompass. (Andrew Allen Photography/Shutterstock)
Nur wenige Tiere nutzen – neben den Menschen – die Sterne zur Orientierung, um weit entfernte Ziele zu erreichen. Dazu gehören Zugvögel, Seehunde, Frösche – und die Bogong-Motte. Ein Insekt, dessen Gehirn nur ein Zehntel so groß ist wie ein Reiskorn.
Bogong-Motte fliegt Hunderte Kilometer
Bekannt ist, dass auch Mistkäfer die Milchstraße zu Rate ziehen, um ihre Dungkugeln auf geradem Wege von einem Kothaufen wegzurollen und der Konkurrenz zu entgehen, wie geo.de berichtet. Dabei handelt es sich aber um absolute Kurzstrecken. Die Bogong-Motten legen dagegen Hunderte Kilometer zurück.
Bisher gingen Forscher:innen davon aus, dass sich die in Australien beheimateten Nachtfalter auf ihren Reisen am Magnetfeld der Erde orientieren und am Nachthimmel lediglich größere visuelle Reize wie den Mond wahrnehmen. Jetzt zeigt eine neue Studie, dass der Magnetismus wohl eine viel geringere Rolle bei der Navigation der Motten spielt als gedacht.
Forscher:innen der schwedischen Universität Lund nutzten bei ihren Untersuchungen der Orientierungsfähigkeiten der Bogong-Motten ein Helmholtz-Spulensystem, um in der Testumgebung, einer Art Flugsimulator, das Erdmagnetfeld aufzuheben. Anschließend zeigten sie den Motten verschiedene Sternbilder.
Das Ergebnis: Die Motten wollten weiterhin in die Richtung fliegen, in die sie laut der vorherrschenden Jahreszeit fliegen müssten. Als die Forscher:innen die Lichtpunkte am Nachthimmel aber willkürlich anordneten, verloren die Nachtfalter die Orientieren.
Erste bekannte Wirbellose mit Sternenkompass
Daher ist laut den Forscher:innen klar, dass sie nicht einfach zum hellsten Licht fliegen, wie es bei Science Alert heißt. Vielmehr handelt es sich bei den Bogong-Motten um die ersten bekannten wirbellosen Tiere, die einen Sternenkompass zur Navigation verwenden.
Die Bogong-Motten fliegen im Frühling in riesigen Schwärmen in Richtung der Australischen Alpen, wo sie den Sommer in kühlen Höhlen verbringen. Sie fliegen stundenlang, aber nur bei Nacht und legen dabei insgesamt Strecken von bis zu 1.000 Kilometer zurück.
Bogong-Falter leben nur 1 Jahr
Im Herbst kehren sie dann genau zu jenen Orten zurück, von denen aus sie losgeflogen sind, zeugen Nachwuchs – und sterben. Die nächste Generation fliegt dann im Frühling wieder in Richtung der kühlen Höhlen. Weil die Bogong-Motten nur ein Jahr leben, ist es nicht möglich, dass sie die Route an ihre Nachkommen weitergeben.
Wie die Forscher:innen herausfanden, verfügen die Gehirne der Motten über spezialisierte Neuronen, die auf die Ausrichtung im Verhältnis zum Sternenhimmel reagieren. Ist das Tier nach Süden ausgerichtet, feuern die Neuronen am stärksten.
Himmelsinfos in Mini-Gehirn kodiert
Ein Zeichen dafür, dass „das Gehirn der Bogong-Motte Himmelsinformationen auf erstaunlich raffinierte Weise kodiert“, wie Eric Warrant, Hauptautor der in der Fachzeitschrift Nature erschienenen Studie, erklärt.
Wahrscheinlich hilft den Motten die Milchstraße bei der Orientierung, die auch den Mistkäfern den Weg weist.