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MIT Technology Review Feature

Zum Schutz von Trauben und Oliven: Warum Forschende ans Genom der invasiven Zwergzikade wollen

Die Genmanipulation von Insekten könnte künftig helfen, die Abhängigkeit von Pestiziden zu verringern – und Biotech-Unternehmen Milliarden bescheren.

Von MIT Technology Review Online
11 Min.
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Zwergzikaden, in den USA Glassy-winged Sharpshooters genannt, können ganze Avocado- und Zitrusplantagen vernichten. Sie übertragen die Pierce-Krankheit.

(Bild: Mauritius images / Clarence Holmes Wildlife / Alamy)

Eigentlich war der Weinbauer Steve McIntyre mit der Pierce-Krankheit längst vertraut. Er wusste, dass die in Kalifornien grassierende Pflanzenkrankheit Rebstöcke verdorren und seine Trauben wie schlaffe Luftballons aussehen lassen kann. Jener Befall allerdings, den er 1998 bei einem Besuch auf der Zitrus- und Avocadofarm seines Bruders in Südkalifornien zu Gesicht bekam, war von einem anderen Kaliber: Die Pflanzen sahen aus, als sei ihre Bewässerung komplett gekappt worden. Sie schienen dem Untergang geweiht zu sein. „Es war die reinste Verwüstung“, sagt McIntyre. Auf dem Heimflug habe er überlegt, ob er nicht besser seinen Weinbau aufgeben und sein Land verkaufen sollte.

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Dieser Artikel ist zuerst in der Ausgabe 4/2023 von MIT Technology Review erschienen. Darin setzen wir uns kritisch mit dem Stand der Energiewende in Deutschland auseinander. Hier könnt ihr die TR 4/2023 als Print- oder pdf-Ausgabe bestellen.

Schuld am dramatischen Zustand der Plantage von MyIntyres Bruder war ein Überfall invasiver Zwergzikaden, die in den USA Glassy-winged Sharpshooter – frei übersetzt Glas-flügelige Scharfschützen – genannt werden. Die Insekten haben Flügel, die wie rot gefärbtes Glas aussehen, zählen wie alle Zikaden zu den Pflanzensaugern und sind nur wenige Millimeter klein. Sie fliegen schneller und weiter als die in Kalifornien heimischen Zikaden und vermehren sich stärker. Und sie können selbst die robusteren unteren Teile von Pflanzen anfressen. Dabei übertragen sie Bakterien, die sie zuvor bei der Nahrungsaufnahme kranker Pflanzen aufgenommen haben und die sich in ihrem Maul vermehren können. Seit ihrer Ankunft im Westküstenstaat – Schätzungen zufolge war das in den 1980er-Jahren – haben die Insekten die Ausbreitung der Pierce-Krankheit massiv beschleunigt und aus einer vormals lästigen Zikadenplage einen Albtraum gemacht.

Die Zwergzikade macht vor allem Weinbauern zu schaffen, aber auch andere Kulturpflanzen wie diese Oliven werden befallen., Mauritius Images / Felipe Caparros Cruz / Alamy

Die Zwergzikade macht vor allem Weinbauern zu schaffen, aber auch andere Kulturpflanzen wie diese Oliven werden befallen. (Bild: Mauritius Images / Felipe Caparros Cruz / Alamy)

Zwar ist es durch ein staatlich verordnetes Überwachungsprogramm und gezielten Pestizideinsatz gelungen, die Krankheitsausbrüche weitgehend auf Südkalifornien zu begrenzen. Heilbar ist die Krankheit aber noch immer nicht. Im Gegenteil: Der Klimawandel könnte den Kampf gegen sie noch erschweren. Schließlich setzen auch zunehmende Extremwettereignisse wie heftige Niederschläge oder Dürren den Pflanzen zu und schwächen deren Abwehrkräfte. Viele Forschende versuchen deshalb gerade, das Arsenal zur Bekämpfung der Pierce-Krankheit zu erweitern, unter anderem mit der CRISPR/Cas-Technologie. Mit CRISPR/Cas, dem auch als Genschere bekannten Werkzeug der Biotechnologinnen, wollen sie das Genom der Zwergzikaden so verändern, dass diese das Bakterium nicht mehr verbreiten können.

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Die CRISPR/Cas-Technologie ist auf vielen Forschungsfeldern längst etabliert. Sie kommt etwa in Experimenten zur Krebsimmuntherapie zum Einsatz oder bei der Apfelzucht. Vor fünf Jahren nutzte sie der chinesische Biophysiker He Jiankui von der Southern University of Science and Technology in Shenzen sogar, um menschliche Embryonen zu manipulieren. Das ist allerdings auch in China verboten und wird weltweit als unethisch geächtet.

Die invasive Zwergzikade konnte die Ernten aus zahlreichen Weinbergen vernichten. (Bild: Picture alliance / Amazing Aerial Agency)

Immer mehr Forschende wollen sie nun auch im Kampf gegen Schädlinge nutzen. Schließlich könnten mit diesem Ansatz nicht nur verheerende Ernteausfälle verhindert, sondern auch Insektizide eingespart werden, glauben sie. Und es wäre eine Alternative zur Strategie, die Abwehrkraft der Nutzpflanzen durch gentechnische Eingriffe zu stärken. Der Einsatz genmanipulierter Organismen wird allerdings kontrovers diskutiert. Manipulierte Schädlinge, deren Schadpotenzial durch die genetische Veränderung verringert wird, sind in den USA nicht für einen großräumigen Einsatz zugelassen. Zwar wurden in Florida schon vor drei Jahren transgene Gelbfiebermücken freigesetzt, doch der Versuch gilt nach wie vor als umstritten. Es ist also mit einem langwierigen und sich noch verändernden Regulierungsprozess zu rechnen. Wie er ausgehen könnte, ist unklar.

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Dennoch wollte im vergangenen Jahr ein amerikanisches Unternehmen in Zusammenarbeit mit dem US-Landwirtschaftsministerium (USDA) Gewächshaustests mit fruchtschädigenden Insekten durchführen, die mit CRISPR/Cas sterilisiert wurden. Zugleich forschen Wissenschaftler an staatlichen und privaten Einrichtungen weltweit mit Hochdruck, um mehr über die Genetik von Schädlingen zu lernen und bei mehreren Arten auch Veränderungen vorzunehmen.

„Vor CRISPR/Cas gab es die Technologie, Schädlinge zu manipulieren, schlicht nicht“, sagt Peter Atkinson, Entomologe an der University of California, Riverside, der an der Modifizierung der invasiven Zikadenart arbeitet. „Wir treten jetzt in ein neues Zeitalter ein, in dem eine genetische Kontrolle des Problems durchaus realistisch erscheint.“

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Das liegt allerdings nicht allein an CRISPR/Cas, sondern vor allem daran, dass Forschende bis vor Kurzem noch gar nicht viel über die Genetik der Glassy-winged Sharpshooter wussten. Der erste Versuch, das Zikaden-Genom zu kartieren, stammt aus dem Jahr 2016. Eine Gruppe des USDA und des Baylor College of Medicine in Texas erstellte eine genetische Karte, auch wenn diese noch Lücken aufwies. Vor drei Jahren lieferten Forscher der UC Riverside weitere Daten.

„Wenn Wissenschaftler Schädlingsarten gentechnisch verändern wollen, ist es wichtig, dass sie die Biologie und Genetik der Schädlinge besser verstehen“, sagt Linda Walling, Pflanzengenetikerin an der UC Riverside und ebenfalls am Forschungsprojekt zur invasiven Zwergzikade beteiligt. In dieses Gebiet müsse noch viel investiert werden. „Es ist ein Paradigmenwechsel. Bisher wollten wir die Insekten einfach nur töten“, betont die Wissenschaftlerin.

Das Verstehenwollen geht allerdings weit über die DNA-Sequenzierungen hinaus. Denn bevor Wissenschaftler überhaupt in Erwägung ziehen können, in das Erbgut einzugreifen, müssen sie erst einmal herausfinden, was genau ein Insekt davon abhalten könnte, eine Pflanze zu schädigen. Dann können sie untersuchen, welche Änderungen im Erbgut diesen Effekt auslösen könnten. Im Fall der invasiven Zikaden entdeckten die Forschenden einen guten Angriffspunkt: Frühere Untersuchungen der University of California, Berkeley, hatten gezeigt, dass ein bestimmtes Kohlenhydrat im Mund der Zikaden die Ansiedlung der Pierce-Bakterien dort förderte. Dieses Phänomen führte die Wissenschaftlerinnen schließlich zu jenem Gen, über das sich das Gewebe im Mund beeinflussen lässt. Die Forschungsgruppe an der UC Riverside, zu der auch Atkinson und Walling gehören, wollen entsprechende genetische Änderungen nun in die Praxis umsetzen.

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Ganz einfach ist das allerdings nicht. Eine Herausforderung ist zum Beispiel, die CRISPR/Cas-Gen-Editiermaschine in die winzigen und sich schnell entwickelnden Käferembryonen hineinzubringen. „Sie an den Zielort zu bringen, ist der Schlüssel zu allem“, sagt Wayne Hunter, ein Insektenforscher an der USDA, der an der ersten Genom-Karte der Zwergzikade mitgewirkt hat.

Die Embryonen sind etwa drei Millimeter lang und werden natürlicherweise auf einem Blatt abgelegt. Das Team in Riverside konnte nun eine neuartige Methode entwickeln, die Winzlinge mit der Genschere zu infizieren, ohne sie von dem Blatt zu entfernen. Die Technik, so heißt es in einer Publikation aus dem vorletzten Jahr, sei unkompliziert und könne auch von einem unerfahrenen Bediener angewendet werden. Innerhalb von zehn Minuten ließe sich das Editierwerkzeug in 20 Eier injizieren.

Das Team zeigte außerdem, dass die CRISPR-Technologie nach der Injektion das Genom der Zikaden grundsätzlich schneiden und verändern konnte. Um das zu demonstrieren, schalteten sie dabei Gene aus, die die Augenfarbe der Insekten bestimmen. Aktuell arbeitet die Forschungsgruppe daran, Gene nicht nur auszuschalten, sondern auch einzufügen. Die neuen Gene sollen das Gewebe im Mund des Insekts so verändern, dass die Pierce-Bakterien daran einfach abgleiten wie an einer Teflon-Beschichtung.

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Das Landwirtschaftsministerium USDA und ein Gremium der Weinindustrie, das die kalifornische Regierung eigens zur Bekämpfung der Pierce-Krankheit einberufen hatte, fördern die Forschung finanziell. Das Gremium, dem auch der Weinbauer McIntyre angehört, setzt jedoch nicht nur auf die Zikaden. Es setzt auf einen Maßnahmenmix, darunter die gentechnische Veränderung von Weinreben und die Entwicklung von Biopestiziden. Diese werden in der Regel aus natürlichen Materialien gewonnen, sind für Menschen weniger toxisch als klassische Pestizide und zerfallen in der Umwelt leicht.

Für die vielfältigen Bekämpfungsstrategien gibt es gute Gründe. Die Pierce-Krankheit sei für die Weinbauern „ein einzigartiges, schreckliches“ Problem, sagt etwa Kristin Lowe, Forschungskoordinatorin des Ausschusses. „Man muss, wie bei den meisten pflanzlichen Krankheitserregern, die von einem Insekt verbreitet werden, einfach alle Schwachstellen ausnutzen, die man in der Biologie, in der Umwelt und in der Ökologie der Krankheit finden kann, um eine langfristige Kontrolle zu erreichen.“

Omar Akbari begann mit dem Einsatz von CRISPR im Pflanzenschutz als Postdoc im Fachbereich Biotechnologie am Caltech. Heute setzt sein Labor an der University of California, San Diego, die Technologie zur genetischen Manipulation von fast einem Dutzend Insektenarten ein. Darunter Drosophila suzukii, eine Fruchtfliegenart, die zur Eiablage Löcher in weiche, reife Früchte wie Kirschen und Pflaumen frisst. Die Fliegen vernichten so jedes Jahr Obstkulturen in den USA im Wert von etwa 500 Millionen Dollar. Gegen einige gängige Pestizide haben sie bereits Resistenzen entwickelt.

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Die Larven von Diaphorina citri, der Asiatischen Zitruspyllide, fressen an Zitrusgehölzen. Sie übertragen dabei die Citrus Greening Disease. (Bild: USGS Bee Inventory and Monitoring Lab)

Mithilfe der Genschere konnte sein Team die Gene der Fruchtfliegen so verändern, dass männliche Gen-Fliegen und unmanipulierte weibliche Fliegen Nachkommen zeugen, die die Fortpflanzungskette unterbrechen. Denn die männlichen Nachkommen dieser Fliegenpaare sind zeugungsunfähig und der weibliche Fruchtfliegennachwuchs stirbt. Würden solche sterilen männlichen Fliegen freigesetzt, könnten sie die Gesamtpopulation verringern, weil die von ihnen befruchteten Weibchen keinen Nachwuchs erzeugen.

Das Unternehmen Agragene lizenzierte Akbaris Technology und sammelt 5,2 Millionen Dollar, um die neue Methode zur Sterilisierung landwirtschaftlicher Schädlinge zu kommerzialisieren. Noch im letzten Jahr sollten im US-Bundesstaat Oregon erste Tests in Gewächshäusern stattfinden.

Die Möglichkeiten zur Kontrolle von Schädlingspopulationen und der von ihnen übertragenen Krankheiten mithilfe von CRISPR sind vielfältig. „Im Grunde sind sie nur durch den Einfallsreichtum der Menschen begrenzt“, sagt Nikolay Kandul, der mit Akbari an der UC San Diego zusammenarbeitet.

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Gleichwohl müssen sich die Forschenden auch mit den Auswirkungen ihrer Entscheidungen auseinandersetzen. Die genetischen Veränderungen der von Akbaris Team manipulierten Fruchtfliegen etwa sollten nicht dauerhaft in der Population bleiben und nur dann ihre Wirkung entfalten, wenn die genveränderten Insekten gezielt freigesetzt werden. Das sei mit diesem Verfahren gelungen, da es in der zweiten Generation keine Nachkommen der genmanipulierten Fruchtfliegen mehr gebe, sagt Abkari. „Es ist wichtig, effektiv und begrenzbar. Die Veränderungen werden nicht in der Umwelt verbleiben.“

Viele Landwirte lernten die Fruchtfliege Drosophila suzukii schon fürchten, denn diese überträgt Krankheiten. Sie richtet vor allem auf Obstplantagen Schäden an. (Bild: Katja Schulz)

Der Forscher hat allerdings auch an einem anderen Ansatz gearbeitet, für den Letzteres nicht gilt: an der sogenannten Gene-Drive-Technologie. Mit diesem Verfahren wird absichtlich die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass ein Organismus bestimmte Gene vererbt und in der natürlichen Population verbreitet. Das Potenzial dieser Technologie ist hochumstritten, ruft sowohl Begeisterung als auch Besorgnis hervor. Schlagzeilen machten einst beispielsweise Bestrebungen, die Methode auf Mücken anzuwenden, die Malaria übertragen können. Wissenschaftler wiesen auf mögliche Risiken hin und mahnten zur Vorsicht, darunter Jason Delborne, Professor für Wissenschaft, Politik und Gesellschaft an der North Carolina State University. „Viele Chemikalien können nur eine bestimmte Strecke zurücklegen, bevor sie in der Umwelt abgebaut werden. Wenn man aber einen gentechnisch veränderten Organismus in die Umwelt entlässt, hat man das Potenzial, die Umwelt in einem riesigen räumlichen und zeitlichen Ausmaß zu verändern“, sagt der Wissenschaftler. Abkaris Kollege Kandul äußert sich unverblümter: Gene-Drive-Einsätze könnten „schmutzig“ sein, sagt er.

Das Unternehmen Agragene hat den Einsatz der Gen-Drive-Technik in Fruchtfliegen zwar nach eigenen Angaben durchaus in Erwägung gezogen, sich dann aber dagegen entschieden. Die Geschäftsleitung befürchtete, weder Investoren für das Vorhaben zu gewinnen noch eine behördliche Genehmigung zu erhalten. Das Unternehmen setzt deshalb auf die Sterilisationstechnologie. Nach dem Abschluss der Labortests im vorletzten Jahr beginnt Agragene in Zusammenarbeit mit dem USDA nun mit Gewächshaustests.

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Das Unternehmen hofft, dass diese Versuche den Weg für eine breite Freigabe ebnen werden. „Wir sammeln genügend Daten, um zu zeigen, dass das sterile Insekt in diesem Fall sicher ist“, sagt Bryan Witherbee, CEO von Agragene, der zuvor unter anderem bei Monsanto gearbeitet hat. Die Tests, die das Unternehmen im vorletzten Jahr durchgeführt habe, hätten bereits Gewissheit gebracht, dass die sterilen Insekten überlebten und sich wie nicht-manipulierte Insekten verhielten. Zudem habe das Unternehmen an Techniken gearbeitet, um unfruchtbare Insekten in Massen zu produzieren. Jetzt gilt es Witherbee zufolge, die Daten für die US-Umweltschutzbehörde EPA zu ermitteln, um am Ende die Genehmigung für die Freisetzung der Fruchtfliegen zu erhalten. Ein Prozess, der Jahre dauern kann.

Die Regulierung für CRISPR-modifizierte Insekten in den USA befinde sich laut einem EPA-Sprecher derzeit „in der Entwicklung“. In den 2017 veröffentlichten Leitlinien der Regierung wird ein koordinierter Ansatz skizziert, wonach voraussichtlich das USDA weitgehend für gentechnisch veränderte Tiere in der Landwirtschaft zuständig sein wird. Die Zuständigkeit kann jedoch variieren, je nachdem, ob ein bearbeiteter Organismus dazu dient, die Population eines Insekts zu reduzieren oder die Übertragung von Krankheiten zu unterbrechen. Bisher hat die US-Regierung die Freisetzung von gentechnisch manipulierten Moskitos erlaubt. Versuche mit Pflanzenschädlingen wie der Diamantmotte und dem Rosenkohlkäfer, deren Veränderungen nicht die Ausbreitung der Insekten hemmen, sondern nur die Übertragung von Krankheiten erschweren, wurden hingegen begrenzt.

Entsprechend gehen die Wissenschaftler Walling und Atkinson von der UC Riverside davon aus, dass es noch Jahre brauchen wird, die genetisch manipulierten Zikaden mit „Teflon-Gaumen“ gegen die Pierce-Krankheit zu optimieren und die Erlaubnis für eine Freisetzung zu bekommen. Das Unternehmen Agragene ist für seine Fruchtfliegen optimistischer und hat sich bereits mit der Umweltschutzbehörde EPA in Verbindung gesetzt. 2024 wollte es einen Zulassungsantrag für die kommerzielle Nutzung der genmanipulierten Fliegen einreichen – und geht davon aus, dass das Verfahren dann noch maximal zwei Jahre dauern wird.

Avocados und Wein sind besonders von der Pierce-Krankheit betroffen. (Bild: Getty Images South America)

Gen-Editing von Insekten mag eine wirkungsvolle Taktik sein, aber einige Experten für Pflanzen- und Insektenbiologie sehen auch in anderen Techniken großes Potenzial. Zum Beispiel der USDA-Entomologe Wayne Hunter. Der Forscher arbeitet seit mehr als zehn Jahren an der Kartierung des Genoms der Asiatischen Zitruspyllide (Diaphorina citri). Diese Insekten übertragen die Citrus-Greening-Krankheit und verursachen Jahr für Jahr auf sechs Kontinenten Schäden in Milliardenhöhe. Sie sorgen für vergilbte Blätter, für grüne, bittere Früchte und können ganze Zitrusbäume vernichten.

„Selbst wenn der Baum noch lebt, kann man nicht mehr viel verkaufen“, sagt Hunter. Der Forscher ist Teil eines größeren, staatlich unterstützten Teams, das an einer Reihe möglicher Methoden zum Schutz der Bäume vor der Citrus-Greening-Krankheit arbeitet. Die Gruppe will sich in den nächsten Jahren auf mehrere Produkte und Lösungen für das Problem konzentrieren, die dann für den Einsatz auf dem Feld vermarktet werden können.

Zwar wird auch Hunter in den kommenden Monaten damit beginnen, mit CRISPR zu arbeiten. Er will jene Gene der Insekten verändern, die die Verbreitung der Zitrusfrucht-Krankheit fördern. Dennoch ist er überzeugt, dass die aussichtsreichsten Strategien zur Bekämpfung der Krankheit nicht in der Genmanipulation von Insekten, sondern von Pflanzen liegen. Deren Abwehrkräfte gegen krankmachende Bakterien durch Gentechnik zu stärken und dadurch die Krankheitsfolgen zu mildern, sei der Schlüssel, sagt er. Wenn man nur die Insekten ins Visier nehme, könne die Krankheit weiter zirkulieren und Schaden anrichten, auch wenn die Zahl der übertragenden Insekten sinke.

Anthony Shelton, emeritierter Professor am Institut für Entomologie der Cornell University, betont wiederum die Grenzen der genetischen Pflanzenmanipulationen: „Manche Schädlinge, etwa die Gefleckte Flügelmotte, befallen so viele verschiedene Früchte, dass die Herstellung resistenter Pflanzensorten äußerst mühsam wäre.“ Er war an der Entwicklung steriler Diamantmotten beteiligt und ist überzeugt, dass es wichtig ist, im jahrhundertealten Kampf zwischen Landwirten und Schädlingen eine Vielzahl neuer Instrumente zu nutzen. „Ein Patentrezept für alle Fälle gibt es nicht“, sagt der Forscher.

Dieser Artikel stammt von Emma Foehringer Merchant.
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