Neue Studie zu Tech in Europa: Viel Geld, viel Wachstum, wenig Frauen
1. Es ist mehr Geld unterwegs als je zuvor
23 Milliarden US-Dollar, so rechnet Atomico vor, sollen bis zum Ende des Jahres 2018 in Technologie in Europa geflossen sein. Die Investment-Milliarden, erklärt Tom Wehmeier, einer der Autoren der Studie im Gespräch mit t3n, seien mittlerweile jedes Jahr ein neuer Rekord. 2016, so die Studie, waren es 14,6 Milliarden Dollar, 2017 sollen es 19,6 Milliarden gewesen sein. Interessant ist, dass die Anzahl an Deals laut der Studie abgenommen hat. Pro Investment wird jetzt also mehr Geld bewegt. Besonders deutlich wird dabei auch, wie sehr sich die Branche verändert hat: Die 23 Milliarden von diesem Jahr sind das 4,3-fache des Tech-Investments von 2013.
Neben dem Investment kam aber auch jede Menge Geld an den Börsen dazu: Mit Farftech, Adyen, Elastic und und Spotify wurden gleich drei europäische Unternehmen bei Börsengängen mit über fünf Milliarden Dollar bewertet.
2. Technologie ist (immer noch) eine Männerveranstaltung
Auch wenn sich die Technologie-Szene gerne fortschrittlich und innovativ präsentiert, bleibt sie auch 2018 noch eine reine Männerveranstaltung. Vor allem, wenn es darum geht, wer wie viel Geld bekommt: 93 Prozent des Geldes, das Startups mit Risikokapitalgebern im Hintergrund einsammeln konnten, ging an rein männliche Gründerteams. Laut einer Umfrage, die Atomico in den Report einfließen ließ, gab auch knapp die Hälfte (46 Prozent) der befragten Frauen an, schon einmal Diskriminierung in der Tech-Szene erlebt zu haben.
Frauen sind aber nicht nur unter den Gründern eine Seltenheit. Selbst auf Meetups, den beliebten, offenen Treffen der Szene, sind laut der Studie nur 20 Prozent der Teilnehmer Frauen.
Das vielleicht traurigste Bild geben dabei aber die Chefetagen von erfolgreichen Tech-Startups in Europa ab: Die Macher der Studie analysierten die Führungsteams von 175 europäischen Startups, die in diesem Jahr eine Serie-A- oder Serie-B-Investment-Runde abschlossen. Unter 175 Technik-Chefs (CTO) konnten sie dabei nur eine Frau ausmachen.
Diese Zahlen zur nicht vorhandenen Vielfalt in der Tech-Branche sind auch nicht auf dem Weg der Besserung: Im Vergleich zum letzten Jahr sind die Zahlen laut der Studie entweder stabil geblieben oder haben sich sogar verschlechtert. Zwar ist sich die Szene recht einig, dass es gut wäre, mehr Frauen an Bord zu haben. Aber auch in der Berichterstattung zu Technologie spielt der Begriff „Vielfalt“ („diversity“) laut der Studie fast keine Rolle.
Schlimmer als Frauen erwischt es in der europäischen Tech-Branche eigentlich nur Menschen, die nicht als „weiß“ identifizieren: 55 Prozent der Menschen, die sich als „schwarz, afrikanisch, karibisch“ beschrieben, gaben in der Studie an, schon einmal Diskriminierung erlebt zu haben.
3. Tech wächst und wächst und wächst …
Wenig überraschend beobachtet die Studie der Investment-Firma Atomico erhebliches Wachstum in der europäischen Technologie-Branche. In den letzten 15 Jahren (also seit 2002) sei allein der Software-Sektor in Europa um 194 Prozent gewachsen. Das entspräche dem fünffachen Wachstum der ganzen europäischen Wirtschaft in diesem Zeitraum. Gewissermaßen ist dieser Tech-Boom aber auch ein Boom im Wasserglas: Das, was die Macher der Studie als „Tech“ bezeichnen, macht nur circa drei Prozent der europäischen Wirtschaftsleistung aus.
4. Es gibt 5,7 Millionen Entwickler in Europa
Es gibt wenig Zahlen, bei denen die europäische Tech-Branche direkt mit den USA konkurrieren kann; aber die Zahl der Entwickler ist eine davon. Während es in den USA (basierend auf Hochrechnungen mit Daten von Stack Overflow) aktuell 4,4 Millionen Entwickler gibt, sind es in Europa 5,7 Millionen. Und das Beste daran: Während die Zahl der Entwickler in den USA konstant zu bleiben scheint, sind in Europa im vergangenen Jahr 200.000 neue Entwickler hinzugekommen.
Unter den Städten, in denen viele Entwickler leben, gibt es auch ein paar versteckte Helden mit mächtig Potenzial: In Städten wie Köln, Warschau, Frankfurt, München und Wien, so die Studie, leben jede Menge Entwickler. Der Unterschied zu Szenen wie in Berlin sei vor allem, dass sie dort nicht so gut vernetzt seien: In Frankfurt leben zwar laut der Studie etwa 120.000 Entwickler, und damit ein paar mehr als in Berlin (99.000). Dafür gehen Entwickler in Berlin häufiger zu technologiebezogenen Meetups: Während ein Frankfurter Entwickler in den letzten fünf Jahren bei durchschnittlich 0,01 Meetups war, sind Berliner Entwickler durchschnittlich zu 0,13 Tech-Meetups pro Entwickler gegangen.
Spannend daran ist: Wenn man die Quote der „Meetups pro Entwickler“ mit der Anzahl der Gründungen abgleicht, zeigt sich: Je besser die Entwickler-Szene einer Stadt vernetzt ist, desto mehr Startups werden dort gegründet.
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