Gewohnt selbstbewusst hatte Elon Musk vor einigen Tagen über Fortschritte bei der Entwicklung einer Mensch-Maschine-Schnittstelle in seiner Firma Neuralink berichtet. Angekündigt wurde dabei ein neuartiges Hirnimplantat, das sich schon 2020 im Rahmen von klinischen Studien beweisen soll. Deutsche Neurologen haben die Präsentation und den dazugehörigen Aufsatz analysiert und kommen dagegen zu dem Schluss: Das Ganze sei vor allem „unseriöser Hype“.
Neurologe: Wenig seriöser „Werbeprospekt der Firma Neuralink“
Der Neuralink-Aufsatz „An integrated brain-machine interface platform with thousands of channels“ ist am Tag nach der Präsentation auf dem Server Biorxiv veröffentlicht worden. Dort können Fachartikel hochgeladen werden, die noch nicht von anderen unabhängigen Wissenschaftlern begutachtet worden sind (Peer-Review). Diesen Aufsatz hat sich unter anderem Ulrich Dirnagl, Direktor der Abteilung Experimentelle Neurologie der Charité Berlin, angeschaut, wie heise.de berichtet. Dirnagl sieht demnach in dem Papier vor allem einen wenig seriösen „Werbeprospekt der Firma Neuralink“.
Zwar stecke in dem Projekt viel Geld und die Zusammenarbeit verschiedener Spezialisten wie Ingenieure, Programmierer oder Robotiker sei beeindruckend. Insgesamt könne Neuralink mit diesem Ansatz den Bereich Mensch-Maschine-Schnittstelle aber nur ein klein wenig voranbringen, wie heise.de Dirnagl zitiert. Möglicherweise könne damit einzelnen Patienten, etwa nach einer Querschnittslähmung, geholfen werden. Insgesamt wisse man aber praktisch nicht, wie das Gehirn funktioniere. Auch die nur intern genehmigten Tierversuche und, dass Musk sich als Alleinautor ausgebe, sei ethisch bedenklich, so der Neurologe.
Ergebnisse mit Vorsicht zu genießen
Eine ähnliche Bewertung gibt auch Philipp Kellmeyer, Facharzt für Neurologie am Universitätsklinikum Freiburg, zu Elon Musks Projekt ab. Die Arbeiten seien im Hinblick auf die Elektrodentechnologie nicht fundamental neu. Die vorgelegten Ergebnisse seien aber mit Vorsicht zu genießen, solange keine Langzeitergebnisse, etwa zur Gewebeverträglichkeit, vorlägen. Außerdem habe Musk wichtige Arbeiten zu flexibel eingebetteten Elektrodenimplantaten nicht diskutiert und damit den Stand der Forschung nur unzureichend wiedergegeben, so Kellmeyer laut heise.de.