Ohren fürs Auto: Fraunhofer-Institut entwickelt Akustiksensor für autonome Fahrzeuge
Das Messen von Abständen und Entfernungen und das Erkennen von Verkehrszeichen oder die Aufnahme des umgebenden Verkehrs beherrschen moderne Fahrzeuge bereits. Dabei ist den Kameras, den Lidar-Sensoren und den Radar-Einrichtungen eines gemein. Sie „sehen“ vornehmlich, aber sie hören nicht. Dabei gibt es durchaus klassische Gefahrensignale, die sich vornehmlich durch das Hören erschließen lassen.
Das Auto-Gehör sitzt (zunächst) in der Dachfinne
Das hat das Fraunhofer-Institut für Digitale Medientechnologie in Oldenburg schon 2014 erkannt und seitdem an einem System gearbeitet, das dem Auto das Hören beibringen soll. Damals war das Auto-Gehör noch vornehmlich als Fahrerassistenzsystem gedacht. Heutzutage bietet es sich viel eher für das autonome Fahren nach Level 4 oder 5 an.
Nach intensiver Entwicklungsarbeit hat das Fraunhofer IDMT nun seinen Prototyp vorgestellt. Den haben die Forscher in eine Dachfinne eingebaut, wie sie etwa für die GPS-Navigation oder den Radioempfang ohnehin verwendet werden. Von hier aus erkennt der Prototyp beispielsweise den Klang eines Martinshorns und kann sogar den Sender dieses Signals räumlich lokalisieren. Das könnte autonom fahrenden Autos dabei helfen, eine Rettungsgasse freizugeben.
Ebenso erkennt der Sensor laut Fraunhofer IDMT auch andere Geräusche, wie den Lärm spielender Kinder oder entweichende Luft aus einem Reifen. Voll ausgebaut könnte ein Auto-Gehör sogar auf die Beschaffenheit der Fahrbahnoberfläche schließen oder die eigenen Betriebsgeräusche auf Fehler überprüfen. Dabei hat das hörende Auto den Vorteil, dass es die Geräusche direkt außen am Fahrzeug wahrnehmen kann, während der Fahrer erst durch den geschlossenen Raum der Fahrgastzelle erreicht werden müsste.
System erkennt Geräusche per KI
Hintergrund des System sind KI-Algorithmen, die die Forscher des Fraunhofer IDMT per Machine-Learning auf die Erkennung unterschiedlichster Geräusche trainiert haben. Über breite „akustische Bibliotheken“ ist das System in der Lage, zuverlässig zwischen Stör- und Ereignisgeräuschen zu unterscheiden.
Das System ist hardwareseitig vergleichsweise einfach aufgebaut. Es besteht aus einem Außengehäuse mit integrierten Mikrofonen, dem ein Steuergerät zur Datenverarbeitung beigestellt ist. Das wichtigste Element ist die bereits erwähnte KI-Software. Das Steuergerät, respektive die Auswerteeinheit kann auch kabellos angebunden werden.
Der Sensor ist nicht auf autonom fahrende Autos beschränkt. Auch im unterstützten Fahren oder in der Industrie wäre ein Einsatz denkbar, etwa beim Überwachen von Maschinen und Anlagen. Über den Zeitpunkt einer möglichen Serienreife liegen uns keine Informationen vor.