Outbrain: „Wenn du dir bei der Headline Zeit nimmst, bringt das mehr als den CPC zu verdoppeln.“ [Interview]
Outbrain funktioniert als Vermittler zwischen Publishern und Brands
Auf der Content-Marketing-Conference in Köln ging es um die richtigen Formate, zielgruppengerechte Inhalte und die Verbreitung von Content. Vor Ort waren auch Daniel Holm und Alexander Erlmeier vom Content-Distributions-Netzwerk Outbrain. Im Interview mit t3n.de erklären sie, wie Brands von der Reichweite großer Publisher profitieren können, wenn sie qualitativ hochwertige Inhalte zu bieten haben.
Outbrain fungiert als Vermittler zwischen Publisher und Brands. Den Publishern, zum Beispiel Handelsblatt, N24 oder CNN, wird ein Widget zur Verfügung gestellt, das sie auf ihrer Webseite integrieren können. Innerhalb dieses Seitenbereiches werden Artikel-Empfehlungen gezeigt – zum einen interne, zum anderen externe. Dadurch, dass sich Webseiten-Besucher über die internen Artikelempfehlungen weiterklicken, erhöht sich die Verweildauer des Lesers auf der Seite des Publishers.
Klickt ein Leser auf eine externe Empfehlung, verhilft er damit einer Brand oder einem anderen Publisher zu größerer Reichweite und Traffic, und bekommt dafür Geld. Der Publisher profitiert zudem davon, dass auch er seinen Content in den externen Empfehlungen anderer Publisher ausspielen lassen kann.
Und hier beginnt der zweite Teil des Geschäftsmodells: Auch Brands können ihre Inhalte durch dieses Widget auf Publisherseiten ausspielen lassen und so von der Reichweite großer Magazine und Newsportale profitieren. Außerdem können sie auch das Widget auf der eigenen Seite einbauen und so durch interne Empfehlungen die Verweildauer und im besten Fall auch die Conversion-Rate erhöhen. Worauf es bei Content-Distribution und -Erstellung vor allem auf Brand-Seite ankommt, haben wir Alexander Erlmeier (Country Manager, DACH bei Outbrain) und Daniel Holm (Director Brands & Agencies, DACH bei Outbrain) gefragt.
t3n.de: Hallo Daniel, hallo Alexander, Outbrain ist ja sowohl für Publisher, als auch für Brands interessant. Könnt ihr erstmal skizzieren wie diese beiden Gruppen bei euch zusammenkommen?
Alexander Erlmeier: Also, da sind zum einen die Publisher, die die Basis unseres Geschäftes bilden, weil sie das Inventar stellen. Dafür bieten wir dem Publisher eine Plattform, mit der er seinen Content besser verbreiten kann. Mit dem Empfehlungs-Widget, das er auf seiner Seite installiert, kann er den Leser länger auf der Seite halten. Außerdem können Publisher über unser Content-Distributions-Netzwerk/Content-Discovery-Netzwerk ihre Reichweite anreichern. Das kann ganz klassisch aussehen, in dem ich einfach mehr Unique-User auf meine Seite bekomme, oder ich stärke damit Produktlaunches, zum Beispiel zu einem neuen Bereich in meinem Magazin oder meinen Native-Advertising-Anstrengungen. Damit löst sich der Publisher aus dem Gefängnis seiner eigenen Seite.
Durch Content-Distributions-Netzwerke löst sich der Publisher aus dem Gefängnis seiner eigenen Seite.
Daniel Holm: Auf der anderen Seite arbeiten wir mit Brands und Agenturen zusammen – sowohl im B2B- als auch im B2C-Bereich, letzteres aber aktiver. Das heißt, wir beraten Brands von Coca-Cola über Toyota in der Content-Distribution. Wir stellen also zum einen die Distribution des Contents, aber zum anderen auch die Beratung in den Fragen: Welchen Content sollen sie kreieren, für wen, für welche Geräte und wann? Brands, die eigentlich schon fast wie ein Publisher agieren beziehungsweise sehr viel Content haben, können unser Widget ebenfalls nutzen um die User länger auf ihrer Seite zu halten. Das nutzen eher sehr große Brands, wie Red Bull und Nestle.
t3n.de: Wie hoch ist die Einstiegshürde, um Outbrain überhaupt nutzen zu können?
Erlmeier: Im Prinzip geht es bei zehn Euro los. Auch wenn das jetzt etwas zu kurz greift. Es ist aber möglich, wenn ich über outbrain.com das Selbstmanagement-Tool nutze.
Holm: Wenn es allerdings um Kampagnen mit persönlichem Account-Manager geht, ist 5.000 Euro das Mindestbuchungsvolumen. Das ist dann die erste Testkampagne für 30 Tage, wo wir mit einem Account-Manager zusammen die Kampagne aufsetzen, den Kunden beraten, Headlines schreiben und Ziele definieren: geht es um Engagement, Traffic, Conversions. Weiterführend ab 25.000 Euro kommt dann die Sandbox-Lösung ins Spiel, wo dann detailierte Data-Insights zur Verfügung stehen. Man kann das Produkt auch jederzeit stornieren. In dem Fall rechnen wir nach effektiver Auslieferung ab.
„Letztendlich ist es die Qualität des Contents, die den Preis bestimmt.“
Erlmeier: Letztendlich sind wir ein Marktplatz. Wir verkaufen keinen CPC und keinen TKP. Wir sind performancegetrieben. Zwar steht am Ende des Tages ein CPC drunter, aber den bestimmt der Kunde selbst. Denn letztendlich ist es die Content-Qualität des Kunden, die diesen Preis bestimmt.
Wenn ich einen sehr nischigen Content habe, dann brauche ich einen höheren CPC, um mich gegen andere im Netzwerk durchsetzen zu können. Habe ich einen sehr klickstarken, allgemeingültigen Content, der bei den Publishern gut funktioniert, weil er General Interest ist, dann geht der CPC nach unten. Wenn der CPC höher ist als erwartet, dann liegt das in der Regel am Content.
t3n.de: Über was für eine CPC sprechen wir denn hier, wenn es um einen „schlechten“ Content geht?
Erlmeier: Nehmen wir zum Beispiel Notfall-PR. Ein Unternehmen muss auf etwas unangenehmes reagieren und verpackt das in einen Artikel. Da sind Brands auch bereit weit über 55 Cent auszugeben um zu gewährleisten, dass diese Meldung eben auch entsprechend distribuiert wird.
Das ist wie folgt zu verstehen: Ich kann auch mit fünf Cent anfangen. Dann passiert erstmal das Gleiche, was passiert, wenn ich 50 Cent eingebe. Das System schaut erstmal, wo und für welche User dieser Content funktioniert und versucht personalisiert den Content auszuspielen. Wenn das System merkt, die Opportunitätskosten sind zu hoch, dann können wir das vor uns und dem Publisher nicht verantworten und es wird halt nicht ausgespielt.
Was wir in der Regel sehen – vor allem bei Brand Content – ist, dass Überschriften der absolut größte Hebel sind. Sich eine halbe Stunde an Headlines zu setzen, bringt mehr, als den CPC zu verdoppeln.
Holm: Deswegen bieten wir auch A/B-Testing für Überschriften und Bilder an, so, dass man dann im Teaser unterschiedliche Varianten ausprobieren kann. Das muss natürlich zum Content passen und darf nicht irreführend sein. Das sagen auch unsere Content-Richtlinien. Content muss auch ein Bedürfnis widerspiegeln. Es soll kein direktes Produkt beworben werden, keine Landingpages. Dass man im Teaser die Headline wechseln kann, bietet enorme Vorteile – besonders bei Artikeln, die vielleicht aus SEO-getriebenen Gründen erstellt wurden, wo dann zum Beispiel Berufsunfallversicherung im Header steht, was ersteinmal unattraktiv wirkt. Da gibt es einfach viele Möglichkeiten, wie man den Content interessant inszenieren kann.
t3n.de: Wie viel Content muss ich als Brand überhaupt haben, damit die Content-Distribution über Outbrain Sinn ergibt?
Erlmeier: Prinzipiell reicht ein Artikel. Natürlich ist es leichter, wenn ich einen Pool an Artikeln habe. Sonst muss ich genau für diesen einen Artikel den passenden User finden, der sich mit diesem bestimmten Thema auseinandersetzt. Habe ich einen Blog, der sich mit vielen verschiedenen Fragen zu einem Oberthema beschäftigt, ist es sehr viel einfacher, User zu finden. Deswegen: Je mehr Content, desto besser. Wir unterstützen die Brands auch bei der Suche nach Content. Brands sollten dabei vor allem auch Earned Media im Hinterkopf behalten.
Es gibt ja in einigen Bereichen viele Blogger oder Premium-Publisher, die sehr gut über Brands schreiben. Beispielsweise beim Galaxy S6. Ich weiß nicht, wie viel Content mit Relevanz da produziert wurde. Wenn ich hier eine gute Produktbesprechung habe, in der jemand schreibt, dieses Handy ist besser als das andere, dann möchte ich natürlich, dass das gehört wird – sehr breit gehört wird. Für gewöhnlich verschwindet der Artikel aber nach ein paar Stunden wieder von der Startseite. Und da können wir helfen diesen Artikel zu verlängern und zu distribuiren.
Holm: Bei solchen Earned-Media-Artikeln würden wir wahrscheinlich noch fünf oder zehn alternative Headlines schreiben, um dem System mehr Variationen zu geben. Somit können wir eine höhere Klickrate erreichen. Die Original Headline, die originär auf der Seite ist, wird natürlich nicht angefasst.
„Brands rüsten sich, werden professioneller und stellen sogar Journalisten ein.“
Erlmeier: Da sind wir auch schon beim Thema Buzzfeed und Clickbating. Ich kann natürlich eine Überschrift kreieren, die jeder klickt. Da haben wir Erkenntnisse aus einem riesigen Datenpool. Wenn ich Überschriften sehe, kann ich genau sagen, welche besser und welche schlechter geklickt wird. Ungerade Zahlen funktionieren zum Beispiel besser als gerade Zahlen und so weiter. Ich kann da jetzt natürlich total reingehen. Ich hole mir nur nicht unbedingt das hochqualifizierteste Publikum auf meine Seite, wenn ich versuche, es für jeden „clicky und catchy“ zu machen. Insbesondere bei Brands raten wir deswegen davon ab, in diese Richtung zu gehen. Denn bei denen geht es nicht um Traffic als Selbstzweck, die wollen den engagierten User an sich binden – den, der zwei, drei, vier Seiten liest.
Holm: Das ist die Diskrepanz zwischen Awareness und Engagement. Aufmerksamkeit zu erzeugen ist eigentlich einfach – mit guten Headlines – aber Engagement zu halten ist das Entscheidende. Hier arbeiten wir mit den Marken zusammen und entscheiden, welcher Artikel Potential dafür hat. Auch deswegen ist es immer empfehlenswert, mit 20 bis 30 Artikeln zu starten. Nach oben hin gibt es keine Grenzen.
t3n.de: Ihr habt ja auch vor allem die Qualität des Contents nicht nur als Erfolgsfaktor, sondern auch als Kostenfaktor ausgemacht. Bekommt ihr denn noch viel schlechten Content, oder beobachtet ihr, dass sich da bei den Brands etwas tut?
Erlmeier: Hierzulande beobachten wir, dass noch viel mit den klassischen Bild-Text-Anzeigen gearbeitet wird. Die kommen bei uns dann aber nicht als Content durch. Auf Brandseite sieht man aber definitiv auch, dass der Content generell besser wird. Brands rüsten sich, werden professioneller und stellen sogar Journalisten ein.
Holm: Wir sehen gerade gesetzte Marken oder sehr bekannte Marken, die mit Content-Marketing-Projekten jetzt im Bereich Owned Media starten, Content-Hubs erstellen, zum Beispiel Themen-Ratgeber rund um das Thema Technik oder Gesundheit. Und wir sehen auch ein langsames Verständnis für das Thema Earned Media. Wir wollen die Unternehmen dahin bewegen, wirklich alle Inhalte zu nutzen, die ihnen zur Verfügung stehen. Es braucht natürlich auch ein gewisse Zeit, da bei Marken und Agenturen durchzudringen.
Dass der Content jetzt besser wird, ist eine Phase, die wir als Education sehen. Denen klarzumachen, dass wir kein weiteres Ad-Netzwerk sind, sondern eine eigene Plattform mit eigenen Spielregeln. Und in dem Zuge müssen wir „Artikel“ manchmal auch einfach ablehnen, wenn sie zu Produkt-lastig sind und keinen Mehrwert für den User bieten.
t3n.de: Hat der Kunde während der Kampagne irgendeinen Einfluss darauf, wo seine Inhalte ausgespielt werden?
Erlmeier: Insofern, dass er bestimmt, welchen Content er zur Verfügung stellt. Wir haben kein Umfeldtargeting, sondern ein personalisiertes Targeting, das sehr viel granularer ist. Es wird der einzelne User herausgepickt, der sich für diesen Inhalt interessieren könnte. Auf dem Dashboard sieht der Werbetreibende später, auf welchen Publisherseiten der Content erschienen ist und in welchen Sektionen der Content zu finden war. Es gibt auch die Möglichkeit bis zu 15 Prozent der Publisher zu sperren. Das ist in Deutschland aber bisher noch nicht passiert.
t3n.de: Was machen viele Brands konkret falsch im Content-Marketing?
Erlmeier: Das ist immer noch der Shift vom Produkt zum Bedürfnis. Brands müssen begreifen, dass sich im Content Marketing auch grundsätzlich die Gestaltung und Ausrichtung ändern – dass man nicht über sich selbst schreibt. Man lässt andere über sich schreiben oder aber man geht aufs Bedürfnis. Für Unternehmen die sehr Performance- oder E-commerce-getrieben sind, ist das ein starkes Learning. Auch in der Kreation besteht eine gewisse Unsicherheit, welchen Content sie überhaupt erstellen sollen.
Zudem wird das Potenzial von „Mobile“ von vielen nicht ausgeschöpft, weil sie keine responsiven Seite haben. Wir könne ja sehen, wo der Traffic hingeht. Wenn der Konsument immer mehr auf Mobile ist, dann muss sich die Brand auch immer stärker anstrengen, dort auch zu sein. Und gerade für „Mobile“ bietet sich Content geradezu an. Während Display-Banner dort keine Zukunft haben werden. Da kann ich mich nur einem der Sprecher der Content-Marketing-Conference anschließen: Display-Werbung wird hoffentlich einen schnellen Tod sterben.
t3n.de: Das hoffen wir auch! Danke für das Interview
Wollt ihr mehr über Content-Distribution erfahren? Dann lest auch den Artikel „Content-Promotion-Services im Test: So gut funktionieren Outbrain, plista, Ligatus, Facebook und Google“ von Aufgesang-Agenturchef Olaf Kopp.