Anzeige
Anzeige
News

Palantir: Bayerisches LKA holt Analysesystem von umstrittener Firma

Das bayerische Landeskriminalamt hat dem umstrittenen Unternehmen Palantir den Zuschlag erteilt und wird künftig dessen Recherche- und Analysesystem zur Datenauswertung einsetzen.

Quelle: dpa
3 Min.
Artikel merken
Anzeige
Anzeige
Das bayerische LKA setzt künftig auf Software des umstrittenen Unternehmens Palantir. (Foto: Ascannio/Shutterstock)

Analysten des bayerischen Landeskriminalamts sollen künftig Daten mit einem System der deutschen Tochter des umstrittenen US-Datenunternehmens Palantir Daten auswerten. Palantir Technologies GmbH habe den Zuschlag für das „Verfahrensübergreifende Recherche- und Analysesystem (Vera)“ des Bayerischen Landeskriminalamts (BLKA) bekommen, teilte das BLKA am Montag mit. Bayern könnte Vorreiter für andere Bundesländer sein.

Vera soll Informationen aus verschiedenen Datenbanken verknüpfen

Anzeige
Anzeige

Vera soll bereits vorhandene Informationen aus verschiedenen Datenbanken verknüpfen, die der Polizei zur Verfügung stehen. Dazu gehört zum Beispiel das Vorgangsbearbeitungssystem, in dem etwa alle Anzeigen und die dazugehörigen Sachverhalte gespeichert sind, wie BLKA-Projektleiter Jürgen Brandl erklärte. Diese Informationen können mit Auszügen aus Handyauswertungen, von sichergestellten Datenträgern oder dem polizeilichen Schriftverkehr verknüpft werden. Bisher mussten die Analysten das händisch tun. Es sei nicht mehr zeitgemäß, so zu arbeiten, sagte Brandl. Neue Daten werden nicht erhoben, wie das BLKA betonte.

Datenschützer sind dennoch skeptisch: Der bayerische Landesdatenschutzbeauftragte Thomas Petri sprach von einem massiven Eingriff in die Grundrechte ganz vieler Menschen. „Das betrifft Millionen“, sagte er. Es würde akten- und vorgangsübergreifend mit „Big Data“ und Datamining-Verfahren geforscht, das erhöhe die Eingriffsintensität erheblich.

Anzeige
Anzeige

Brandl vom BLKA betonte, die Mitarbeiter bekämen mit dem neuen System nicht mehr Einblick in Datenbanken als vorher. „An den Sichtrechten ändert sich nichts“, sagte er. Vera ist für schwere Kriminalität gedacht, das System kommt demnach etwa bei der Bekämpfung von Terrorismus, organisierter Kriminalität oder etwa sexualisierter Gewalt gegen Kinder, nicht etwa bei leichteren Delikten zum Einsatz.

Anzeige
Anzeige

Andere Bundesländer könnten nachziehen und sich die Software anschaffen: Bayern hat laut BLKA im Rahmen eines Bund-Länder-Vorhabens, das polizeiliche Verfahren vereinheitlichen soll, federführend die Ausschreibung gemacht und einen Rahmenvertrag geschlossen. Polizeien von Bund und Länder könnten ohne zusätzliche Vergabeverfahren einsteigen. „Die neue Software kann nicht nur in Bayern zum Einsatz kommen“, sagte BLKA-Präsident Harald Pickert.

Palantir ist höchst umstritten

Ein gesondertes Thema sei, ob man dem Unternehmen das Vertrauen schenken wolle, sagte Datenschützer Petri. Der Palantir-Mutterkonzern arbeitete auch schon für US-Geheimdienste und das Pentagon. Die Software, die diverse Arten von Daten miteinander verknüpfen kann, soll unter anderem bei US-Geheimdiensten wie CIA und NSA sowie der Bundespolizei FBI im Einsatz sein oder gewesen sein. Palantir wurde vom umstrittenen Tech-Milliardär Peter Thiel gegründet, der in der US-Politik den Wahlkampf von Ex-Präsident Donald Trump und anderen politisch rechts stehenden Politikern mit großen Summen mitfinanziert hat. In Hessen („Hessendata“) und Nordrhein-Westfalen („DAR“) hat die Polizei schon Erfahrungen mit Palantir-Software gesammelt.

Anzeige
Anzeige

Laut Brandl vom BLKA waren die Geheimdienstaufträge „natürlich ein Thema“ in dem europaweiten Vergabeverfahren. Es hätten sich keine Belege gefunden, wonach mit Palantir-Software Daten aus Europa abgeflossen seien. Man müsse Vergabeverfahren rechtssicher durchführen. Auch unter den Mitbewerbern – davon gab es demnach eine „zweistellige Zahl“ – hätten viele schon mit den „Diensten“ zusammengearbeitet.

Software soll „höchste Sicherheitsanforderungen“ erfüllen

„Vera wird höchste Sicherheitsanforderungen erfüllen“, betonte das BLKA. Die Daten sind auf Servern im Rechenzentrum der Bayerischen Polizei ohne Verbindung zum Internet. Vor dem Einsatz soll der Quellcode auf mögliche Schadsoftware überprüft werden. Laut Brandl sind die Palantir-Mitarbeiter, die das System in den kommenden Monaten aufsetzen sollen, sicherheitsgeprüft. Mit dem System könne frühestens ab Ende des Jahres gearbeitet werden. Über den Preis sei im Vertrag mit Palantir Stillschweigen vereinbart worden.

Der rechtspolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag, Horst Arnold, sagte: „Diese Art von Datenverknüpfung ist ein massiver Grundrechtseingriff in die informelle Selbstbestimmung, der dringend einer gesetzlichen Regelung bedarf.“ Man erwarte, dass das Thema zum Beispiel im Innenausschuss auf die Tagesordnung komme. Der Sprecher der Grünen-Fraktion für Digitalisierung, Benjamin Adjei, sagte, es brauche eine saubere Rechtsgrundlage und ganz klar benannte Kontrollmechanismen. Das „fragwürdige Vergabeverfahren“ sei nie wirklich offen und transparent gestaltet gewesen, kritisierte er.

Mehr zu diesem Thema
Fast fertig!

Bitte klicke auf den Link in der Bestätigungsmail, um deine Anmeldung abzuschließen.

Du willst noch weitere Infos zum Newsletter? Jetzt mehr erfahren

Anzeige
Anzeige
Schreib den ersten Kommentar!
Bitte beachte unsere Community-Richtlinien

Wir freuen uns über kontroverse Diskussionen, die gerne auch mal hitzig geführt werden dürfen. Beleidigende, grob anstößige, rassistische und strafrechtlich relevante Äußerungen und Beiträge tolerieren wir nicht. Bitte achte darauf, dass du keine Texte veröffentlichst, für die du keine ausdrückliche Erlaubnis des Urhebers hast. Ebenfalls nicht erlaubt ist der Missbrauch der Webangebote unter t3n.de als Werbeplattform. Die Nennung von Produktnamen, Herstellern, Dienstleistern und Websites ist nur dann zulässig, wenn damit nicht vorrangig der Zweck der Werbung verfolgt wird. Wir behalten uns vor, Beiträge, die diese Regeln verletzen, zu löschen und Accounts zeitweilig oder auf Dauer zu sperren.

Trotz all dieser notwendigen Regeln: Diskutiere kontrovers, sage anderen deine Meinung, trage mit weiterführenden Informationen zum Wissensaustausch bei, aber bleibe dabei fair und respektiere die Meinung anderer. Wir wünschen Dir viel Spaß mit den Webangeboten von t3n und freuen uns auf spannende Beiträge.

Dein t3n-Team

Melde dich mit deinem t3n Account an oder fülle die unteren Felder aus.

Bitte schalte deinen Adblocker für t3n.de aus!
Hallo und herzlich willkommen bei t3n!

Bitte schalte deinen Adblocker für t3n.de aus, um diesen Artikel zu lesen.

Wir sind ein unabhängiger Publisher mit einem Team von mehr als 75 fantastischen Menschen, aber ohne riesigen Konzern im Rücken. Banner und ähnliche Werbemittel sind für unsere Finanzierung sehr wichtig.

Schon jetzt und im Namen der gesamten t3n-Crew: vielen Dank für deine Unterstützung! 🙌

Deine t3n-Crew

Anleitung zur Deaktivierung
Artikel merken

Bitte melde dich an, um diesen Artikel in deiner persönlichen Merkliste auf t3n zu speichern.

Jetzt registrieren und merken

Du hast schon einen t3n-Account? Hier anmelden

oder
Auf Mastodon teilen

Gib die URL deiner Mastodon-Instanz ein, um den Artikel zu teilen.

Anzeige
Anzeige