Die Plug-in-Hybride bleiben trotz Boom doch nur eine Krücke der Elektromobilität

Plug-in-Hybride wie dieser Volvo XC40 haben einen Verbrennungsmotor plus einen E-Antrieb mit von außen aufladbarer Batterie.
Bisher habe ich Plug-in-Hybride (PHEV) – also Autos mit Elektro- und Verbrennermotor – immer als Krücke auf dem Weg zur reinen batterieelektrischen Fortbewegung betrachtet. Unter bestimmten Umständen halbwegs sinnvoll, aber irgendwann auch überholt. Das war wohl ein Irrtum. In China sollen sie gerade boomen, und auch der Verband der Automobilindustrie (VDA) macht sich für sie stark. In einem kürzlich veröffentlichten 10-Punkte-Papier fordert er unter anderem „eine stärkere Berücksichtigung von PHEVs über 2035 hinaus und ein Aussetzen der geplanten Anpassung des Utility Factor ab 2025.“ Zudem sollen PHEVs „mit großer elektrischer Reichweite“ als neue, emissionsfreie Fahrzeugkategorie definiert werden.
Besagter „Utility Factor“ beziffert den angenommenen elektrischen Anteil an der gesamten Fahrleistung. Er ist umso höher, je höher die rein elektrische Reichweite eines Plug-in-Hybrids ist. Bei der bisherigen Euro-Norm 6e betrug er beispielsweise bei einer elektrischen Reichweite von 60 Kilometern 0,8 (siehe Grafik). Mit den kommenden Euro-Normen soll der Faktor nun um teilweise mehr als die Hälfte gesenkt werden (bei 60 Kilometern beispielsweise auf 0,3).
Offizieller CO₂-Ausstoß mehr als verdoppelt
Für einen BMW X1 xDrive25e mit einer elektrischen Reichweite von rund 70 Kilometern bedeutet das: Der offizielle CO₂-Ausstoß steigt von 45 auf 122 Gramm pro Kilometer, wie die Nichtregierungsorganisation ICCT vorrechnet. Anders formuliert: „Um auf dem Papier die gleichen CO₂-Emissionen wie bisher zu erreichen, müsste die elektrische Reichweite eines PHEV ungefähr um das Zweieinhalb- bis Dreifache anwachsen“, schreibt Heise Autos.

Utility Factor für Plug-in-Hybride in Abhängigkeit von der elektrischen Reichweite. (Quelle: ICCT)
Bei einer entsprechend großen Batterie wäre ein zusätzlicher Verbrennungsmotor kaum noch sinnvoll. Logisch, dass der VDA den Utility Factor nun aufweichen will, denn Plug-in-Hybride machen noch das fetteste SUV auf dem Papier klimafreundlich. Doch nur ein halbwegs realistischer Faktor macht das Konzept der Plug-in-Hybride überhaupt erst diskutabel. Und in den letzten Jahren habe sich laut ICCT gezeigt, dass der „derzeit verwendete Faktor die tatsächliche Nutzung von PHEVs nicht widerspiegelt, was zu nicht repräsentativ niedrigen offiziellen CO₂-Emissionswerten führt“.
Hintertür für Verbrenner
„Plug-in-Hybride als emissionsfreie Autos zu deklarieren, obwohl sie im Alltag häufig wie klassische Verbrenner genutzt werden, ist ein logischer Widerspruch – und öffnet der Technologieoffenheit eine Hintertür, durch die sich der Verbrenner bequem ins nächste Jahrzehnt retten könnte“, kommentiert Elektroauto-News.
Der klassische „parallele“ Plug-in-Hybrid ist im Grunde ein Verbrenner mit elektrischem Hilfsantrieb. Es gibt ein normales Getriebe, das den Kolbenmotor mit den Rädern verbindet. Daneben gibt es aber auch die sogenannten „seriellen“ Hybride. Bei ihnen ist der gesamte Antriebsstrang elektrisch. Zusätzlich gibt es lediglich einen kleinen Verbrenner („Range Extender“), der bei Bedarf über einen Generator die Batterie lädt. Eine klare Unterscheidung suche man in dem VDA-Papier vergeblich, moniert Elektroauto-News. Das wäre immerhin „ein Ansatz, den man zumindest ein wenig mehr nachvollziehen könnte“.
Auf den ersten Blick wirkt das Konzept der Range Extender tatsächlich gar nicht dumm. Der Motor lässt sich vergleichsweise einfach in ein E-Auto eingliedern, würde eine kleinere Batterie ermöglichen, immer im optimalen Betriebsbereich laufen und nur in seltenen Notfällen einspringen.
Kaum praktische Vorteile
Doch machen wir uns nichts vor: Alles, was einen Auspuff hat, ist ein Verbrenner. Zudem erhöht auch ein Range Extender die Komplexität des Autos. Er braucht zwar kein Getriebe, aber trotzdem noch Tank, Kühlsystem, Abgasreinigung und Wartung. Zudem erschließt sich mir der Sinn und Zweck nicht: Auch handelsübliche E-Autos bringen es heute auf mehrere hundert Kilometer Reichweite und können in wenigen Minuten mitunter mehrere hundert Kilometer nachladen. Damit ist man auch auf langen Strecken fast genauso schnell unterwegs wie mit einem Verbrenner, denn eine Pause braucht man ja doch irgendwann. Noch mehr Reichweite brächte also kaum praktische Vorteile. Und die nächste Generation der E-Autos verspricht noch mehr Ladeleistung.
Es ist also, wie so oft, wohl vor allem eine Sache der Psychologie. Wer glaubt, durchaus Gürtel und Hosenträger zu brauchen, der soll sich die Plug-in-Dinger halt kaufen. Aber dabei sollte ihn/sie die Politik nicht auch noch unterstützen.
Ich habe einen Hybrid und fahre das ganze Jahr in der Stadt – bis auf einen Urlaub jährlich – elektrisch. Ich finde diesen Artikel entsprechend falsch und schlecht.
Ein wirklich neu und als echtes Ladegerät entwickelter „Rex“ hat noch immer Berechtigung. Die Gründe sind:
* schlankes, leichtes Backup für durchaus vorkommende Notsituationen (Urlaub mit wenig Ladeinfrastruktur, Zeitdruck, …)
* Akku kann für den Tagesbetrieb mit 200 km Winterreichweite (ca. 45 kWh) klein und günstig ausfallen
* Umsteigewilligen wird der Pyschodruck genommen -> schnellere Transformation zur E-Mobilität
Auch mit einem Tesla muss ich etwas mehr Zeit zum Reisen einplanen (SuC-Suche, Ladezeit, Planung).
Stand Rex 2013: https://www.youtube.com/watch?v=xtzqI1ouxi8