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Kommentar MIT Technology Review

Mogelpackung Plugin-Hybridautos: Die Annahmen zum CO2-Ausstoß sind einfach wirklichkeitsfremd

Die EU versucht, gegen unrealistische Verbrauchsangaben von Fahrzeugen vorzugehen – teilweise sogar mit Erfolg. Doch bei E-Autos wiederholt sie die alten Fehler. Dabei wäre Abhilfe einfach.

Von Gregor Honsel
2 Min.
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Auto an der Ladesäule: ein eher seltener Anblick bei Plugin-Hybriden. (Foto: Shutterstock)

Der Verbrauch von Plugin-Hybridautos ist in der Praxis drei- bis fünfmal so hoch wie die offiziellen Herstellerangaben. So steht es in einem Sonderbericht des Europäischen Rechnungshofs. Diese Information stammt aus einer ganz neuen, hochwertigen Quelle: Seit 2022 sammelt die EU-Kommission Verbrauchsdaten direkt aus der Bordelektronik der Autos. Sie zeichnen ein viel realistischeres Bild als die bisherigen Messungen auf dem Prüfstand.

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Wie viel Treibstoff ein Plugin-Hybrid konsumiert, hängt entscheidend davon ab, zu welchem Anteil er elektrisch bewegt wird. Es kursieren Anekdoten von Dienstwagen, deren Ladekabel nach Ablauf der Leasingfrist noch originalverpackt waren. Viele Nutzer:innen fühlten sich offenbar nicht bemüßigt, überhaupt irgendwann einmal die Batterie zu laden – ist halt lästig, und den Sprit bezahlt ohnehin der Arbeitgeber.

Trotzdem werden Plugin-Hybride offiziell meist als „emissionsarme Fahrzeuge“ mit weniger als 50 Gramm CO2 pro Kilometer eingestuft und beispielsweise vom American Council for an Energy-Efficient Economy (ACEEE) gar als „grünstes“ Auto des Jahres 2024 gekürt. Mit derlei Einstufung können Hersteller Strafzahlungen wegen eines zu hohen Flottenverbrauchs vermeiden. Durch solche Tricksereien und Regulierungslücken sind dem Fiskus 2020 europaweit bis zu 13 Milliarden Euro entgangen, schätzt der Rechnungshof.

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Plugin-Hybride im Fokus

Die gute Nachricht: Der Rechnungshof stellt fest, dass eine verschärfte Regulierung tatsächlich wirkt: „Die Pkw-CO2-Verordnung seit 2020, als strengere Emissionsvorgaben zur Anwendung kamen, trug dazu bei, die tatsächlichen Emissionen zu verringern.“ Ab 2025 will die Kommission nun aufgrund der neuen Erkenntnisse auch die „anteilige Nutzung des Elektro- und des Verbrennungsmotors“ bei Plugin-Hybriden anders gewichten.

Die schlechte Nachricht: Der Bericht zeigt auch, dass Behörden regelmäßig zum Jagen getragen werden müssen. Wenn sie beispielsweise überprüfen, ob Autos die Euro-5- und Euro-6-Grenzwerte einhalten, ermitteln sie gleichzeitig auch deren CO2-Emissionen. Mit diesen Werten ließe sich schnell erkennen, ob Hersteller schummeln. Doch die EU-Kommission hat sich nicht darum gekümmert. Der Grund: „Es bestand keine rechtliche Verpflichtung, diese Informationen entsprechend auszuwerten“, wie der Sonderbericht lakonisch vermerkt.

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Wenig Möglichkeiten für Autofahrer:innen

Der Fall zeigt: Wenn löchrige Regeln und luschige Kontrollen aufeinandertreffen, kann das nur in die Hose gehen. Leider lässt die EU den Kund:innen wenig Möglichkeiten, selbst mehr Druck zu machen. Wenn die Kommission beispielsweise die neuen, praxisnahen Verbrauchsdaten für jedes einzelne Automodell veröffentlichen würde, könnte man dies bei der Kaufentscheidung berücksichtigen. Hersteller hätten dann einen stärkeren Anreiz, den Verbrauch nicht für den Prüfstand, sondern für die Straße zu optimieren. Rechtlich ist die Kommission allerdings nur dazu verpflichtet, diese Daten in „aggregierter Form“ zu publizieren. Also tut sie auch nur das.

Derzeit sieht es so aus, als würde die EU ihre Fehler bei den Verbrennern jetzt bei den Elektroautos wiederholen. Dort setzt sie die CO2-Emission pauschal mit null Gramm an. Damit ist auch der Anreiz, kleine und stromsparende Autos zu bauen, gleich null. Wohin das führt, kann man an den ganzen überdimensionierten Elektro-SUV sehen. Natürlich hängen die tatsächlichen Emissionen im Einzelfall von der jeweiligen Quelle des Ladestroms ab. Aber für die Berechnung der Flottenemissionen würde es reichen, den durchschnittlichen Strommix eines Landes zugrunde zu legen. Das wäre zumindest eine wirklichkeitsfremde Annahme weniger. Doch noch nicht einmal dazu kann sich die EU durchringen.

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3 Kommentare
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David Gavin

Das Problem mit Plugin-Hybriden sind nicht die Technologie, sondern die Menschen, die zu doof sind, das mit dem „Plug-in“ zu verstehen. Wir laden unseren Kia Optima PHEV jeden Tag mit Solarstrom und unser Benzinverbrauch hat sich massiv reduziert. Früher mussten wir alle 2 Wochen tanken, heute alle 2-3 Monate. Und das auch nur, weil wir gelegentlich Strecken über den 60km fahren, für die der Akku konzipiert ist. So kommen wir auf einen Schnitt von 1.3l/100km. Not too shabby für einen wirklich grossen und bequemen Kombi…

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Herbert

Sehe ich auch so! habe 66% Elektroanteil bei 25.000 Jahres Kilometer!
(3,5L/100km + 13,6 kWh/100km kombiniert)

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Michael

Eine Datenerhebung beim Ford Kuga PHEV, der mehrheitlich von Privatkunden gefahren wird, hat ergeben, daß der Anteil der rein elektrischen Fahrweise bei etwa 80% im Durchschnitt liegt. Genau wie die anderen Kommentatoren berichten, sind es offenbar nur die Fahrer von geschäftlich geleasten Fahrzeugen, die es scheuen, das Kabel anzustecken. Denn wenn man selber den Sprit bezahlen muss, macht es einfach viel mehr Spaß, den Wagen möglichst oft elektrisch zu fahren und auch zu beobachten, welche Sparpotentiale man hat und erreichen kann. Wenn man früher einfach an die Tanke gefahren ist wenn der Tank leer war und man sich sonst wenig um den Verbrauch geschert hat, so schauen heute doch bei den elektrischen Antrieben doppelt so genau hin. Und das ist ein guter Weg für echte Ersparnis und damit für die Umwelt. Das gleiche Muster zeichnet sich auch bei den Balkonkraftwerken ab. Wenn man erstmal nachschaut, wieviel man wo verbraucht, macht es auch Spaß den Verbrauch zu optimieren und zu reduzieren.
Der PHEV an sich ist nicht das Problem, sondern der Nutzer. Auch wenn der PHEV im Verbrauch nicht optimal sein kann, weil er immer noch ein Hybrid ist, und damit immer beide Antriebstechnologien mit sich schleppt, obwohl meistens nur eine genutzt wird.

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