Probleme und Verwirrung bei Facebooks Regulierung

Mark Zuckerberg bittet um Regulierung – nach Facebooks eigenen Vorschlägen. (Foto: dpa)
Irgendwann, nach Jahren der Skandale um Privatsphäre, Daten und der Beeinflussung von Wahlen, muss Mark Zuckerberg eine Idee gehabt haben. Statt immer auf den Deckel zu kriegen, wenn etwas schief läuft, geht er jetzt in die Offensive: Bei seiner letzten Reise nach Brüssel hatte er ein Papier mit Vorschlägen zur Regulierung des eigenen Konzerns im Gepäck. In den USA hat Facebook mittlerweile eine sogenannte Ad Library ins Leben gerufen, in der auch politische Werbung gesammelt und geprüft werden kann. Und das schon vor der anstehenden Präsidentschaftswahl.
Das Problem an Facebooks Initiativen: Sie funktionieren nicht so recht.
Zwischen Zeitung und Telefonanbieter
Auf der Sicherheitskonferenz in München erklärte Mark Zuckerberg am Wochenende, Facebook solle behandelt werden, wie ein Zwischending aus Nachrichtenseite und Telefonanbieter. Zuckerberg verwies in München darauf, dass Telekommunikationsanbieter auch eher als Infrastruktur für Nutzerdaten verstanden werden – und damit auch nicht für das verantwortlich sind, was über sie kommuniziert wird. Der Facebook-Chef wünscht sich daher ein „drittes regulatorisches System“ für soziale Netzwerke.
Ideen zur Regulierung – von Facebook für Facebook
Wie Facebook sich dieses „dritte regulatorische System“ vorstellt, kann man in einem Whitepaper nachlesen, dass Facebook vor Kurzem veröffentlicht hat. Facebooks Vorschläge zur Regulierung folgen dabei allerdings weitestgehend dem, was Facebook ohnehin schon selbst unternimmt: Eingriffe wie Löschungen sollen öffentlich dokumentiert werden; Inhalte, die gegen Standards verstoßen, sollen weniger sichtbar sein; trotzdem sollen Posts nicht wegen ihres Inhalts, wie zum Beispiel einer bestimmten Meinung, zensiert werden. Facebooks Whitepaper geht dabei allerdings nicht speziell darauf ein, was nun mit politischer Werbung passieren soll, die in den USA gerade das große Facebook-Thema ist.
Europäische Kommission nicht begeistert
Die EU-Kommission konnte er mit seinem Paper jedenfalls nicht überzeugen. „Es ist nicht genug,“ sagte EU-Kommissar Thierry Breton laut dem Wall Street Journal nach dem Treffen mit Zuckerberg. „Ich habe ihm gesagt, dass der Vergleich mit Telefonanbietern nicht relevant ist. Eine Nachricht auf Facebook erreicht hunderte Millionen [Menschen]. Bei Telefonanbietern hast du nur eins-zu-eins-Kommunikation.“ Die Kommission will daher selbst bis zum Ende des Jahres entscheiden, wie soziale Netzwerke reguliert werden sollen.
Zuckerberg stellt sich damit die Regulierung von Facebook grundsätzlich schwächer vor als viele Kritiker: In den letzten Tagen war die Forderung laut geworden, Facebook solle für alle Inhalte auf der Seite haften – genau wie Zeitungen auch für das Haften, was sie drucken. Bisher schütze vor allem ein amerikanisches Gesetz namens Section 230 soziale Netzwerke davor, für ihre Inhalte zu haften.
Ein interessanter Punkt in Facebooks vorgeschlagenen Regeln für sich selbst ist aber die Kopplung von gemeldeten Inhalten und viralen Inhalten: Statt einfach zu erwarten, dass ein Netzwerk alles innerhalb von 24 Stunden prüft, was von Nutzern gemeldet wird, schlägt Facebook vor, zu priorisieren: So sollten Netzwerke sich eher darauf konzentrieren, die gemeldeten Posts zu prüfen, die tatsächlich auch viral gehen.
Verwirrende Regeln zur Wahlwerbung
Während Facebook in Europa um Vertrauen warb, verstrickte sich der Konzern in den USA weiter in unklare Regulierungen zur Wahlwerbung im Vorfeld der amerikanischen Präsidentschaftswahlen. Dort hatte gerade die Kampagne des Bewerbers Michael Bloomberg die Netzwerke mit politischen Memes geflutet.
Influencer, so die Regeln des Konzers, könnten für Politiker werben, solange die Posts als Werbung gekennzeichnet würden. Facebook würde diese Posts allerdings nicht in die „Ad Library“ aufnehmen – eine Art Bibliothek, die der Öffentlichkeit helfen soll, Werbung zu prüfen. Das interessante daran: Die politischen Posts der Influencer können auf Richtigkeit überprüft werden. Es sei denn, sie beinhalten die direkte Rede des politischen Kandidaten. Dann werden die Fakten nicht geprüft.
Die verwirrenden Regelungen lassen viel Spielraum für alle, die politische Werbung machen, aber Faktenchecks umgehen und auch die Ad Library vermeiden wollen.
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