Konzerne, wollt ihr Produktivität im Homeoffice? Dann schickt die Kollegen spazieren

Produktivität durch einen Spaziergang. (Foto: trofalenaRV / shutterstock)
Der Arbeitsweg fehlt. Mehr Zeit zu haben, kann den Verlust an „draußen sein“ nicht ausgleichen. Für einige ist es ein Gewinn: keine Bahn, kein Stau, keine Autobahn. Für viele ist diese Zeit aber ein Verlust: Es fehlt der Fußweg durch den Park, die Fahrradfahrt durch den Wald, die letzten Meter durch die Fußgängerzone, während all die alltäglichen Gesichter auch gerade ankommen. Sitzen wir im Homeoffice, kann die Perspektive ganz schön eng werden. Wer weder Kind noch Hund hat, dem mag an manchem Tag ganz der Grund fehlen, rauszugehen.
Doch Grün tut den Menschen gut, die Natur tut gut. Und Unternehmen tun gut daran, diesen Effekt zu berücksichtigen. Er macht kreativ, zufrieden, produktiv. Und er hält gesund!
Grün macht kreativ, gesund und produktiv
Zimmerpflanzen sind eine nette Idee, um dem Gehirn ein wenig Grün zu bieten. Es funktioniert sogar, da gibt’s diverse Studien und Experimente zu. Außerdem hätten die Büropflanzen wohl einen sehr traurigen Winter vor sich, ließen wir sie einsam zurück. Es hat sogar mal jemand untersucht, ob Menschen sich nach einer Naturdoku wie „Planet Erde II“ besser fühlen – ja, tun sie. Es lohnt sich also, statt der obligatorischen schlechten Nachrichten für die Lunch-Pause ein wenig „Faszination Erde“ und Co. zu schauen.
2 Stunden pro Woche machen einen Unterschied
Noch besser ist es aber, länger rauszugehen, regelmäßig. Der Autor Richard Louv prägte den Begriff „Nature Deficit Disorder“. Die Idee besagt, dass Menschen die Natur irgendwann einfach fehlt und dass dies dazu führen kann, dass sie anfälliger auf Stress reagieren. Draußen kann der Körper mehr Vitamin D bilden, was im Winter eine gute Stimmung erhalten kann, die Bewegung dient dem Kreislauf, die Geräusche der Natur entspannen und helfen dem Gehirn bei seiner unterbewussten Arbeit – auch Apps mit Naturgeräuschen könnten also einen Versuch wert sein.
Nach einer Studie in Großbritannien empfehlen Psycholog:innen, in jeder Woche zwei Stunden in der Natur zu sein. Die Wissenschaftler:innen hatten sich einen Datensatz angeschaut, in dem unter anderem gefragt worden war, wie zufrieden Menschen in ihrem Leben waren, wie sie ihre Gesundheit einschätzten und wie viel Zeit sie draußen verbrachten. Kleiner Trost für alle Wohnungsbewohner: Die Daten schließen Hausgärten nicht ein. Und Umweltpsychologe Matthew White, Hauptautor der Studie, sagte zum Guardian, dass „die Hälfte der Leute“ ihren Garten eher als Arbeitsaufgabe sahen, denn als Ort der Entspannung.
Auch die Art der Aktivität draußen schauten sie sich an. Und während Bewegung natürlich der Gesundheit dient, war der Effekt des Draußenseins robust: Ob ihr eine Tour mit dem Mountainbike macht oder entspannt auf einer Bank sitzt – der Gang in die Natur tut gut. Schöne und beeindruckende Orte in der Natur wirkten besonders gut. Das passt zu älteren Experimenten, laut denen es Menschen besser geht, wenn sie sich im Wald ehrfürchtig gefühlt hatten.
Die Wissenschaft sagt, es spiele keine Rolle, ob wir eine große Runde in der Natur drehen oder mehrere kleine – wobei zumindest meine Lebenserfahrung zeigt, dass ich einmal am Tag rausgehen sollte, damit mein Gehirn nicht explodiert.
Was Unternehmen jetzt tun müssen
Für Chefinnen und Chefs kann das bedeuten, dass sie der Tagesstruktur ihrer Teams ein neues Element hinzufügen sollten: den Spaziergang. Ein Video-Meeting zwischen nur zwei Personen kann auch ein klassisches Telefonat sein, bei dem beide mit einem Notizbuch in der Hand durch unterschiedliche Parks laufen. Auch ein Tandem, das nicht im Homeoffice sitzt, kann von einem Spaziergang profitieren. Und wer in einem Meeting nicht zwingend auf den Bildschirm schauen muss, der kann draußen vielleicht viel besser mitdenken.
Wer an einem komplexen Problem arbeitet, der kann dies auch während einer kleinen Laufrunde tun. Schreibtisch-Selbstständige kennen die Methode schon lange: Wenn ein toter Punkt erreicht ist, Laufschuhe an, raus, auspowern, denken, wieder rein, essen, duschen —> weitermachen. Wer eingestellt wurde, um Probleme zu lösen, wird dies oft besser im Park tun können, als durch Online-Recherchen. Alles, was diese Leute brauchen, ist die Erwartung, dass sie nicht an den Pranger gestellt werden, wenn sie mal kurz afk sind. Sie arbeiten ja.
Spaziergänge gehören meines Wissens nicht zu den Gründen, denen zufolge man gemäß Coronaverordnung das Haus verlassen darf. Ich appelliere an §1 StVO!