Real gefährdet sein Marktplatz-Wachstum durch große Provisionserhöhungen
Real hat nach der Übernahme des Marktplatzes Hitmeister Real.de in einen Marktplatz verwandelt. Sowohl Technologie als auch Händler wurden übernommen. Im Laufe der vergangenen Jahre hat Real versucht, seinen Marktplatz im Gefüge der bisher vorhandenen deutschen Marktplätze einzuordnen. Die Strategie dabei scheint darauf hinauszulaufen, die Strukturen an marktübliches anzupassen. Jetzt passt Real auch seine Gebühren an – oder deutlicher gesagt, verdoppelt sie in den Kategorien Computerzubehör und Elektronikzubehör nahezu. Damit könnte der Marktplatz sein Wachstum gefährden.
Real erhöht die Verkaufsprovisionen
Ab dem 15.03.2018 führt Real neue Provisionen ein. In den Kategorien Computer, Elektronik, Haushaltsgeräte, Reifen, Felgen und Kompletträder verlangte Real bisher 5,9 Prozent des Verkaufspreises, zukünftig sind es 6,5 Prozent. In den Kategorien Computerzubehör und Elektronikzubehör ist bisher die höchste Provisionserhöhung zu verzeichnen, von bisher 5,9 auf jetzt 10,5 Prozent.
Die Kategorie Büromaterial ist weiterhin die Kategorie mit der höchsten Provision, nach einer Steigerung von 8,5 auf 12,5 Prozent.
Im Marktvergleich: Die Real-Provisionen
Bisher ist Real noch weit unter den Gebühren des Marktführers Amazon geblieben. Nach der aktuellen Preiserhöhung nähert sich Real Amazon an. Der US-Konzern verlangt für die Kategorien Computerzubehör und Elektronikzubehör 12 Prozent, Real ist hier noch 1,5 Prozentpunkte entfernt.
In der Kategorie Elektronik liegt bei Amazon bei 7 Prozent, davon ist Real nur noch 0,5 Prozentpunkte entfernt – hier hat der Marktplatz nahezu Amazons Niveau erreicht.
Real strebt marktübliche Stellung und Konditionen an
Reals Konsolidierungsphase scheint aus Sicht des Unternehmens beendet, der Marktplatz strebt jetzt marktübliche Konditionen an. Angesichts der geringfügigen Differenz zur Provision von Amazon in der Kategorie Elektronik erscheint es nicht unwahrscheinlich, dass im nächsten Jahr weitere geringe Provisionserhöhungen zu erwarten sein könnten.
Wie sich der Real-Marktplatz entwickelt hat
14 Millionen Produkte listet der Marktplatz nach eigenen Angaben im Moment. Wieviele davon Real-Artikel sind und wieviele von den über 5.000 Händlern stammen, ist nicht bekannt.
In diesem Jahr hat Real Digital laut Geschäftsbericht der Metro AG einen Umsatz von 105 Millionen Euro erreicht, schreibt Jochen Krisch bei Exciting Commerce. Laut Real sei das ein Wachstum von über 50 Prozent, das auch Hitmeister zu verdanken sei.
Wenn hier von Wachstum gesprochen wird, lohnt es sich, einen Blick auf die letzten einzelstehenden Real-Online-Umsätze und die Hitmeister-Umsätze zu werfen. Im Geschäftsjahr 2015/16 erzielte Real 68 Millionen Euro Umsatz, Hitmeister meldete 2016 43 Millionen Umsatz für das Jahr 2015. 2017 erfolgte die Zusammenlegung.
Hätten beide Unternehmensteile, Real und Hitmeister, ihr Wachstum wie bisher fortgesetzt, hätte ein wesentlich höherer Umsatz zu erwarten sein müssen. Angesichts dieser Zahlen ist das Stagnation. Auch die Händlerzahlen sind offensichtlich bei der Verschmelzung stark zurückgegangen, noch Anfang 2016 meldete Hitmeister 5.500 Händler. Bis zum Jahresende 2016 dürfte sich diese Zahl nochmal erhöht haben. Im August letzten Jahres sprach Real von 4.000 aktiven Händlern, auf der Real-Digital-Website ist jetzt von 5.000 Händlern die Rede. Wieviele es auch sein mögen, es sind weniger als zum Zeitpunkt der Zusammenlegung.
Zusammengefasst lässt sich das so interpretieren, dass der Zusammenschluss zwar einen starken Marktplatz geschaffen hat, aber die Fusion auch viele Händler und Wachstum gekostet hat. Der Marktplatz musste erstmal hart daran arbeiten, den bisherigen Status quo wieder zu erreichen.
Provisonserhöhung gefährdet Wachstum
Der nächste Geschäftsbericht der Metro AG liefert erstmals einen Einblick in das Wachstum des neu geschaffenen Marktplatzes.
Umso gefährlicher ist es, ausgerechnet jetzt die Provisionen empfindlich zu erhöhen, auch wenn es aus dem Wunsch heraus erfolgt, die Expansion und das Marketing damit zu finanzieren.
Die Provisionssätze liegen immer noch unter denen von Amazon, sind aber in der Attraktivität stark gesunken. Damit stirbt ein großes Argument für den Marktplatz, das gut geeignet war, neue Händler anzuziehen. Und neue Händler bringen mehr Sortiment, mehr Kunden und mehr Umsatz.
Es war zu erwarten, dass Real sich bei der erreichten Reichweitenstärke an die marktüblichen Provisionen anpasst. Eine schrittweise Anpassung wäre für den Marktplatz besser gewesen.