„Zu Hause versauert man einfach recht schnell“ – Die Vor- und Nachteile des Coworkings
Rund 11.000 Freiberufler sollen in Coworking-Spaces arbeiten
Anfangs hat Tobias Tauch nur einen Schreibtisch gesucht, an dem er „geordnet arbeiten“ konnte. Mittlerweile arbeitet er seit einem Jahr im Kölner Startplatz, einem Inkubator für Startups und Gründer. Tobias Tauch ist ein sogenannter Coworker: Er hat kein eigenes Büro, mietet sich aber einen Schreibtisch in einem Gemeinschaftsbüro und kann dort in der Gesellschaft von anderen arbeiten. In Deutschland gibt es derzeit 230 solcher Angebote, wie die Globale Coworking-Erhebung 2013 gezählt hat – mit steigender Tendenz. Das liegt nicht zuletzt daran, dass immer mehr Menschen freiberuflich arbeiten. 1993 waren es noch 533.000 Selbstständige, 2013 lag die Zahl schon bei knapp 1,2 Millionen. Rund 11.000 davon sollen in Coworking-Spaces arbeiten, wie etwa dem Berliner Betahaus oder dem Clusterhaus oder Startplatz in Köln.
Fünf Jahre gibt das Betahaus mittlerweile – Ende August wird das groß gefeiert. Angefangen hat alles auf 50 Quadratmetern, mittlerweile sind es 2.500 Quadratmeter. „Wir sind eine ziemlich heterogene Gruppe. Viele Startups oder solche, die mal eins gründen wollen“, sagt Christoph Fahle, Betahaus-Mitbegründer. „Aber auch Leute, die einfach nicht alleine zu Hause arbeiten wollen. Grafiker, Designer, Übersetzer, Entwickler, Fotografen, Künstler, Journalisten, Coaches, Diplomanden oder Leute die einen festen Job haben, sich aber einfach mal umsehen wollen, was es noch so gibt. Es ist eine sehr junge Branche die noch viel Transformation erleben wird und wir möchten dabei sein, wenn es ganz groß wird. Unsere Zukunftsthemen sind ganz klar Bildung und die Vernetzung und das Schaffen von Synergien zwischen der Old Economy und jungen schnellen Unternehmen.“
Coworking: „Zu Hause versauert man einfach recht schnell“
Beim Coworking geht es eben nicht nur darum, Arbeitsplätze zu stellen, sondern auch um die Interaktion zwischen den Freiberuflern und Gründern: „Was das Ganze spannend macht, sind die anderen Selbstständigen und Firmen, die um dich herum sitzen. Man guckt automatisch über den Tellerrand, bekommt viel aus anderen Teilbereichen der digitalen Branche mit und trifft immer wieder auf neue Ideen,“ sagt Tobias Tauch von EMWCU, einem Startup, das sich auf Event-Management und Web-Culture spezialisiert hat.
Warum sollten Freiberufler und Gründer das Coworking gegenüber dem Homeoffice vorziehen? „Für ein eigenes Büro ist mein Unternehmen zu klein. Der Schreibtisch zu Hause ist ein weiterer Platz für meine Arbeit. Gerne setze ich mich auch mit meinem Laptop ins Café und arbeite von dort. Ohne den Platz im Coworking-Space geht es aber aktuell nicht und ich profitiere dabei automatisch von den Synergien zu anderen in meiner Gemeinschaft“, sagt Tauch. Bei Geschäftsterminen könne er außerdem mit schicken Meetingräumen und einer Kaffeebar mit Barista trumpfen. Ähnlich sieht das auch Fahle. Es motiviere, wenn man nicht alleine arbeiten müsse. „Zu Hause versauert man einfach recht schnell, wenn man von seinem Schreibtisch nur an die weiße Wand stiert“, sagt der Mitbegründer vom Coworking-Space betahaus.
Ein Nachteil beim Arbeiten in einem Coworking-Space ist es allerdings, dass es nicht immer vollkommen still ist und immer viele Menschen herumwuseln. Außerdem sind die Schreibtische natürlich nicht kostenlos und verursachen, im Gegensatz zum Homeoffice, zusätzliche Kosten, die je nach Mietdauer variieren. Die Miete für einen Monat kostet im Kölner Startplatz beispielsweise 225 Euro, und im Berliner betahaus 159 Euro für die Tischmiete – Extras können noch hinzukommen.
Trotzdem kommen viele Coworker regelmäßig: „80 Prozent unserer Mitglieder sind über mehrere Monate kontinuierlich da. Wir führen ständig eine Warteliste für feste Räume und Tische und haben sehr viele Gäste in unseren Eventspaces aus aller Welt“, sagt Fahle. Das betahaus ist sehr gut ausgelastet, betahäuser in anderen Städten mussten schließen oder konnten nur durch die Unterstützung etwa vom Hamburger Senat und dem Netzwerk Xing weiterbestehen.
Das liegt nicht zuletzt daran, dass das Geschäftsmodell des Coworking-Space recht krisenanfällig ist: Eine Sicherheit für regelmäßige Mieten gibt es nicht, da die Mietzeiten – anders als bei „normalen Büroräumen“ – häufig eher kurz sind. Außerdem ist die Branche der Gründer und Startup-Unternehmer einem stetigen Wandel unterlegen, sodass die Gründer von Coworking-Spaces sich zukünftig überlegen müssen, wie sie weiter Menschen für ihren Arbeitsplatz begeistern.