Das 12.000-Dollar-Bootcamp: RocketU aus San Francisco macht Entwickler fit für den Startup-Alltag
RocketU bietet Bootcamps für Entwickler. (Foto: RocketSpace)
Ein guter Programmierer hat auf dem Arbeitsmarkt die besten Chancen, einen erfüllenden Job zu kriegen. Wer ein Spitzen-Programmierer ist, kann zudem ziemlich viel Geld verdienen – in San Francisco und im Silicon Valley bisweilen sogar ein kleines bis großes Vermögen. Allein das Durchschnittseinkommen eines Google-Entwicklers lag 2013 nachweislich bei 124.520 US-Dollar, Facebook lockte mit 118,857 US-Dollar und Amazon bot seinen Entwicklern 102.831 US-Dollar im Jahr an. Wer zur Führungsriege gehört, wie Twitters ehemaliger „Senior Vice President of Engineers“, Chris Frey, darf sich sogar über ein Jahresgehalt von rund zehn Millionen US-Dollar freuen – wie Interessierte im IPO-Report des Unternehmens herausfinden können. Programmierer verdienen an der kalifornischen Westküste inzwischen das, was lange eher Profi-Sportlern oder Spitzenpolitikern offeriert wurde.„Vielen neuen Programmierern aus den Unis fehlen bis heute essentielle praktische Fähigkeiten.“
Insofern sind Studiengänge wie Software-Engineering oder Data-Science ziemlich begehrt – vor allem an den hiesigen Elite-Universitäten wie Stanford. Neben diesen Talentschmieden bilden sich im und um das Silicon Valley aber auch andere interessante Bildungsangebote. So sollen sogenannte Bootcamps angehenden Programmierern helfen, einen Fuß in die Tür einer der vielen IT-Firmen zu bekommen.
JavaScript, Python und Co.: Bootcamp RocketU bietet 12-wöchige Programmier-Kurse

Im RocketU-Bootcamp werden Studenten in JavaScript, Python und Co. ausgebildet. (Foto: Andreas Weck)
Eines dieser Bootcamps liegt im Herzen von San Francisco – in der Nähe der Market Street. Im zwölften Stock eines Büroturms hat es sich das Team des Inkubators RocketSpace bequem gemacht, der das Bildungsprogramm RocketU ins Leben gerufen hat. Der Blick aus den Fenstern der Büroräume bietet eine Aussicht über die Dächer von Downtown und die berühmte Transamerica-Pyramid ist nur eine Straßenkreuzung entfernt.
In den Räumen geht es sichtlich turbulent zu, die Mitarbeiter von RocketSpace haben alle Hände voll zu tun: Sie begrüßen die vielen Gäste, halten Meetings und unterstützen die ansässigen Startups des Inkubator-Programms bei ihren nächsten strategischen Schritten. Im Klassenraum des angeschlossenen Bootcamps ist von Hektik jedoch nichts zu spüren. In stiller Atmosphäre lernen dutzende Studenten im Rahmen eines zwölfwöchigen Kurses JavaScript, Python und Co. – Programmiersprachen, die in der IT-Arbeitswelt nicht erst seit gestern von großer Bedeutung sind.
In insgesamt vier Modulen, die von den Rocket-Mitarbeitern treffenderweise „Sprints“ genannt werden, laufen die Nachwuchsprogrammierer einen kompletten Full-Stack-Software-Entwicklungsprozess durch. Sie lösen Aufgabenstellungen, denen sich IT-Firmen in realer Arbeitsumgebung tagtäglich gegenüberstehen sehen. Die Ergebnisse der jeweiligen „Sprints“ präsentieren die angehenden Entwickler vor den Kommilitonen. Und am Ende der zwölf Wochen werden die Abschlussprojekte vor den Augen sorgfältig ausgewählter Startups aus dem RocketSpace vorgestellt – die Studenten bekommen Feedback aus erster Hand.
Programmierer-Ausbildung: Universitätsabsolventen fehlt es an praktischen Fähigkeiten
Bei RocketU geht es also darum, den Nachwuchstalenten eine Umgebung zu bieten, in der sie sich praxisorientiert weiterbilden können. Wie so oft lernen nämlich auch die Studenten in den USA eher die theoretischen Grundlagen und müssen sich selbst um Projekte im realen Umfeld kümmern.

John Ryan und Duncan Logan (v.l.) von RocketU: „Vielen Programmierern fehlen bis heute essentielle praktische Fähigkeiten.“ (Foto: Andreas Weck)
So entstand RocketU vor allem auch aus der Not heraus. Die ersten Klassen wurden gegründet, um die frisch ausgebildeten Entwickler für die Startups im Inkubator fit zu machen. „Vielen neuen Programmierern aus den Unis fehlen bis heute essentielle praktische Fähigkeiten und sie müssen nach der Ausbildung oft noch weiter geformt werden“, erklärt uns CEO und Mitgründer Duncan Logan. „Dabei geht es gar nicht nur um Programmiersprachen und Syntax, sondern auch darum, kollaborativ mit anderen Kollegen zu arbeiten oder Protokolle über die geleisteten Arbeitsschritte zu führen“, erklärt er weiter. Das Bootcamp will eine Brücke über einen tiefen Graben schlagen: von der theoretischen Ausbildung zur echten Arbeitserfahrung.„Wichtig ist, dass die Bewerber analytisch denken und arbeiten können.“
Anmelden kann sich für die Weiterbildung im Prinzip jeder – das Programm richtet sich nicht nur an Personen, die schon über Programmierkenntnisse oder einen anderen technischem Hintergrund verfügen. „Wichtig ist, dass wir erkennen, dass die Bewerber analytisch denken und arbeiten können“, meint Inhouse-Entwickler und Ausbilder John Ryan, der zu Beginn seiner Karriere auch die Schulbank im RocketU gedrückt hat. Um das rauszufinden, konfrontiert das Bootcamp die Schüler mit einem Fragebogen und Interviews – und zwar nicht nur, um die Fähigkeiten, sondern auch die Motivation der Studenten auf den Prüfstand zu stellen.
12.000 Dollar zahlen RocketU-Studenten für die Ausbildung
Eine Garantie dafür, dass die Studenten das Bootcamp abschließen, sind diese Maßnahmen allerdings nicht. Während wir am Rande des Klassenraums mit einigen Teilnehmern sprechen, berichtet ein Student beispielsweise, dass ein Kommilitone nach zwei Wochen das Handtuch geschmissen hat. „Das Tempo ist ziemlich hoch und dem ist nicht jeder gewachsen“, meint er. Ein anderer fügt hinzu: „Generell sind die Teilnehmer aber ziemlich intelligent und halten den Anforderungen stand.“ Angesichts der hohen Kosten sollten sie das auch, denn die Kursgebühren dürfte den meisten Studenten wehtun: 12.000 US-Dollar veranschlagt RocketU für sein Bootcamp.
Ein satter Preis – und dennoch ist der Kurs beliebt, sind die Klassen immer voll. Die Studenten kommen aus allen möglichen Ländern: von Algerien bis Frankreich über Taiwan und Indien. Auch eine deutsche Studentin nimmt am aktuellen Kurs an der RocketU teil. Johanna ist 26 Jahre alt und hat sich für das Bootcamp in San Franciscos Downtown entschieden, um ihre Karriere als Programmiererin voranzubringen. Auf die Frage, wie sehr ihr das gezahlte Geld beim Lernen im Hinterkopf rumschwirrt, sagt sie uns ganz nüchtern: „Es motiviert und stresst mich zugleich. Trotzdem weiß ich, dass meine Jobchancen nach dem Bootcamp sehr gut sind – ich kenne die Gehälter.“ Sollte also eine Stelle bei Google winken, sind die Gebühren ruckzuck wieder drinnen.
t3n im Silicon Valley
Andreas Weck hat 2014 für t3n aus San Francisco und dem Silicon Valley über neue Trends, spannende Tools und interessante Orte des Tech-Epizentrums berichtet. Sein Eindruck: Im Valley gibt es viele schlaue Köpfe und genauso viele bekloppte Geschäftsideen. / Twitter, Facebook.
Sowas wäre hier in Deutschland auch ganz schick ^^