E-Commerce-Wunderkind Roman Kirsch: „Wir hatten keine Ahnung von Online-Marketing“

Roman Kirsch gehört zweifelsohne zu den Ausnahmetalenten der deutschen Startup-Szene. Nach seinem Abschluss an der renommierten London School of Economics (LSE) gründete er 2011 den Design-Onlineshop Casacanda – und verkaufte ihn bereits nach gerade einmal einem halben Jahr intensiver Arbeit für kolportierte zehn Millionen US-Dollar an das amerikanische Vorbild Fab.com.
„Wir codeten die Website in sechs Wochen“
Im Gespräch mit der Podcast-Reihe Startup Notes spricht Roman Kirsch ausführlich über den Millionen-Exit. So bereut Kirsch es zum Beispiel nicht, sein erstes Startup so schnell verkauft zu haben – auch wenn Fab.com nach der Übernahme Casacandas in den Folgejahren einen dramatischen Abstieg vom „Unicorn“ bis zum eigenen Verkauf für gerade einmal 15 Millionen US-Dollar im Jahr 2015 hinlegte.
Viel eher sollte diese Erfahrung das Fundament für seinen weiteren Werdegang legen. „Es passierte damals in diesen sechs Monaten so viel in nahezu Lichtgeschwindigkeit. Wir codeten die Website in nur sechs Wochen, hatten keine Ahnung von Online-Marketing und mussten uns diesbezüglich zunächst alles selber beibringen und haben gleichzeitig 100 Designer als Partner für den Verkauf ihrer Produkte gewonnen“, sagt Kirsch über die Anfänge der ersten Gründung.
„Ein Unternehmen nur für einen Exit zu gründen, ist die falsche Motivation“
Ein schneller Verkauf sei jedoch nie direkt vom Start weg geplant gewesen. So lehnten Kirsch und seine Mitgründer unter anderem ein Übernahmeangebot des damals noch deutlich mächtigeren Berliner Inkubators und Investors Rocket Internet ab.
Ein Ratschlag, den Kirsch ambitionierten Gründern in dieser Hinsicht mit auf den Weg gibt: „Ein Unternehmen nur für einen Exit zu gründen, ist die falsche Motivation. Man sollte ausschließlich Unternehmer werden, wenn man sich wirklich intensiv mit einem Thema, seinem Team und Kunden auseinandersetzen will. Da Beste, was man machen kann, ist ein nachhaltiges und profitables Business aufzubauen, das alleine überleben kann – dann braucht man über einen Verkauf gar nicht nachzudenken.“
Ein Verkauf von Casacanda machte damals für Kirsch dennoch Sinn. Um im harten Wettbewerb bestehen zu können und am Ende nicht ganz leer auszugehen, war eine Übernahme durch Fab.com die bessere Option – lieber mit dem damaligen Branchenführer zusammenarbeiten anstatt gegen ihn.
Lesara will Modetrends vorhersagen
Mit Lesara, dem zweiten Shop-Projekt von Roman Kirsch, soll sich der Erfolg wiederholen: Das Startup sammelte bisher rund 55 Millionen Euro an Wachstumsfinanzierung ein, agiert in 24 Ländern und erreicht mit seinen 100.000 Produkten mehr als 1,5 Millionen aktive Kunden.
Dabei setzt Lesara auf ein technologie- und datengetriebenes Geschäftsmodell. Modetrends nicht nur aus dem Bauch heraus zu definieren, sondern stattdessen das Netz gezielt nach Kundenpräferenzen, beliebten Instagram- und Facebook-Posts sowie häufigen Suchanfragen zu scannen und die gesammelten Daten zu analysieren, bringe viele strategische Vorteile mit sich, sagt Kirsch.
Basierend auf den gesammelten Erkenntnissen könne Lesara dank der direkten Kooperation mit Textilproduzenten seinen Kunden innerhalb kürzester Zeit aktuell beliebte Modeartikel zu erschwinglichen Preisen anbieten. Die traditionelle langfristige Planung von Mode- und Trend-Zyklen wird so obsolet. Algorithmen helfen stattdessen, den Kunden genau das zu liefern, was sie auch möchten. Um auch in Zukunft die rapide Wachstumsgeschwindigkeit halten zu können, investierte das E-Commerce-Startup kürzlich 45 Millionen Euro in ein eigenes, modernes Logistikzentrum in Erfurt. „Wir werden dort Technologien verwenden, die bisher nirgendwo anders zum Einsatz gekommen sind“, kündigt Kirsch an.
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