Gescheitert? Bedien‘ dich bei diesen Strategien, um wieder klarzukommen

Manche Tiefschläge treffen besonders tief. Die unerwartete Entlassung, die sich langsam anschleichende Erkenntnis, dass man selbst in diesem Team weder ge- noch befördert wird, der Schock, dass jemand anderes das Herzensprojekt leiten wird. Es sind Niederlagen wie die unrechtmäßige Anschuldigung, böse Worte über die eigene Leistung oder Kritik daran, wie man Arbeit und Familie zusammenbringt. Konflikte dieser Art lösen körperliche Reaktionen aus, die Angriff und Schmerz entsprechen. Wer so etwas erlebt, ist verletzt.
Das trifft Menschen besonders hart, wenn es ihnen nicht gelingt, sich so zu wehren, wie sie es gern würden. So kann ein böser Spruch über den frühen Feierabend hart treffen – vor allem, wenn der angeblich frühe Feierabend doch am Abend noch nachgearbeitet wird. Schön wäre es jetzt, eine Antwort parat zu haben: „Wir können zu gegebener Zeit gern über meine Ergebnisse diskutieren, aber meine Zeiteinteilung ist gut geregelt.“ Stattdessen meldet sich die Scham, nicht perfekt zu sein, Zukunftsängste, Herzklopfen – Stress. Was jetzt?
Was bei Stress passiert
Der Stressforscher Gert Kaluza hat ein Modell vorgestellt, mit dem Menschen sich in und nach stressigen Situationen helfen können. In seinem Buch „Stress und Stressbewältigung“ unterscheidet er zwischen:
- Stressoren (das sind hier die Kolleginnen und Kollegen)
- Persönliche Stressverstärker (das wären hier Scham und Ängste)
- und der Stressreaktion (hier sichtbar durch das Herzklopfen).
Der Körper ist im Alarmmodus. Dieser Alarmmodus stellt Energie bereit und macht uns aufmerksam. Er ist also nützlich: Ohne unsere Verbündeten, die Stresshormone, würden wir jeden Bus verpassen (wobei wir uns darüber nicht weiter aufregen würden). Der Alarmmodus schadet uns aber immer dann, wenn wir mit der bereitgestellten Energie nirgendwo hin können. Kaluza unterscheidet drei Ansätze, mit denen das gelingen kann:
- instrumentelle
- mentale
- und palliativ-regenerative Stressbewältigung.
Sie lassen sich im Joballtag nutzen – in allen anderen Alltagslagen übrigens auch. Schauen wir genauer hin:
1. Instrumentelle Stressbewältigung: Kampf dem Stressor
Wer direkt beim Stressor ansetzen kann, der arbeitet instrumentell. Bei wiederkehrenden Stressoren lässt sich das trainieren. Nehmen wir das Beispiel des Elternteils, dem in der Firma immer wieder spitze Kommentare zur Zeitplanung begegnen. Ein kleines Repertoire von Antworten kann helfen, in solchen Situationen Stärke zu gewinnen. Alternativ hilft ein persönliches Gespräch mit den Angreifenden – vielleicht wird ein Verbündeter daraus?
Alltäglicher Stress kann ebenfalls instrumentell angegangen werden. Das gelingt, wenn Aufgaben sichtbar gemacht und anders (personell? zeitlich?) verteilt werden. Die Leitfrage für die instrumentelle Stressbewältigung lautet: Was hilft mir sofort?
2. Mentale Stressbewältigung: Schlauer denken, besser fühlen
Stressverstärker tragen alle Menschen mit sich herum, sie sind Teil des Selbst. Das ist einerseits fies, weil sie so nahe sind. Es sind die Stimmen von Eltern, früherer Kritiker:innen im Beruf, von Menschen, die wichtig sind oder waren und die das zum Negativen genutzt haben.
Bei Stress im Joballtag oder mit der Work-Life-Balance könnte schon ein Moment der Ruhe (Atmen! Bis zehn zählen!) helfen, bessere Entscheidungen zu treffen. Ist das gerade wirklich wichtig? Ist der Kommentar aus dem Team so negativ gemeint, wie ich ihn auffasse? Kann ich das morgen gerade biegen? Ist die Nichtbeförderung die Chance auf etwas ganz Neues?
Mentale Stressbewältigung setzt da an, wo Menschen sich selbst das Leben schwer machen. Ziel ist es, eine innere Stimme der liebevollen Vernunft zu Wort kommen zu lassen. Leitfrage: Was würde eine enge Freundin mir jetzt raten?
3. Palliativ-regenerative Stressbewältigung: Mach es dir selbst wieder gut
Ist die körperliche Reaktion da, dann hilft Kaluzas Konzept der palliativ-regenerativen Stressbewältigung. Ziel ist es laut Kaluza, Anspannungen zu lösen und die Widerstandskraft wiederherzustellen. Meiner Erfahrung nach ist es dafür oft nötig, sich selbst ein wenig besser kennenzulernen. Denn Entspannung bedeutet für viele Menschen, sich eine aufregende Netflix-Serie anzuschauen. Andere verteilen wütende Sprachnachrichten oder streiten sich in der Partnerschaft. Es stimmt: Die Energie muss weg. Aber es geht besser. Eines Tages müssen alle Menschen herausfinden, was ihnen wirklich guttut.
Für manche Menschen sind es Entspannungsübungen – in guten Momenten geübt, in schwierigen angewendet. Andere setzen sehr erfolgreich einen Gegenreiz. Sie steigen, bevor sie ihr Kind aus der Kita holen, eine Haltestelle früher aus, hören fröhliche Musik und machen einen kleinen, selbstbestimmten Sprint daraus – ob Rennsprint oder Walking-Sprint ist vollkommen egal. Es hilft auch, ganz bewusst nicht sofort vom Stressauslöser zu erzählen, sondern erst einmal darüber zu schlafen. Morgen ist die Nichtbeförderung ja immer noch gültig. Davon wird nichts besser – aber wenigstens macht man es sich selbst nicht schlimmer. Leitfrage: Wie komme ich jetzt von diesem Scheißgefühl weg?
Und dann? Stressoren sind Teil eines jeden gesunden Lebens. Sie zwingen Menschen, ihr Leben zu bewerten und immer wieder neu zu bewerten. Und je besser das gelingt, desto mehr Freiheit steht hinter Entscheidungen.