Schulschließungen wegen Corona: Dieses Edtech versorgt Schüler mit Lernstoff

Dass die gegenwärtige Coronakrise eine Herausforderung für alle ist, daran besteht kein Zweifel. Allerdings zeigt sich in einem solchen Ernstfall auch, wer seine Hausaufgaben gemacht hat und wer nicht. Seit Montag, dem 16. März, ist nicht nur ein Großteil der Arbeitnehmer im Homeoffice. Da die Schulen bundesweit geschlossen bleiben, müssen jetzt auch knapp elf Millionen Schülerinnen und Schüler in Deutschland zu Hause bleiben. Für die Bildungssysteme der Länder gleicht das dem Supergau.
Deutschland hat die Digitalisierung seiner Schulen verschlafen
Abgesagte Prüfungen und Schulstoff, der so schnell nicht wieder aufgeholt werden kann: Die Auswirkungen der Schulschließungen sind verheerend, an ihnen führte allerdings kein Weg vorbei, denn die oberste Priorität besteht derzeit darin, den Kontakt zu anderen auf ein Minimum zu reduzieren. Nur so kann die Infektionskurve, die das Potenzial hat, auch unser Gesundheitssystem zum Erliegen zu bringen, abgeflacht werden. Dass die Klassenzimmer vorerst verwaist bleiben, ebenso wie Konzertsäle und Messehallen, ist da nur konsequent. Problematisch ist allerdings, dass das deutsche Schulsystem das kaum ausgleichen kann. Denn von einer digitalen Bereitstellung des Unterrichtsstoffs sind die meisten Schulen heute noch weit entfernt. Dabei sind die technologischen Voraussetzungen in der Theorie längst gegeben.
Laut einer Umfrage unter Schulleiterinnen und Schulleitern Anfang 2019 sind bisher nur 36 Prozent der deutschen Klassenzimmer mit einer schnellen WLAN-Verbindung ausgestattet. Der Unterricht fand deshalb bisher größtenteils analog statt. Einer Yougov-Studie im Auftrag des Duden zufolge bewertete nur etwa jeder Vierte der befragten Schüler, Eltern und Lehrer die Schuldigitalisierung als gut oder sehr gut. Der Großteil empfand den derzeitigen Stand dementsprechend als befriedigend oder schlechter. Gleichzeitig gaben 80 Prozent der Schüler und sogar 87 Prozent der Lehrer an, dass die Digitalisierung der Schulen große Chancen für erfolgreiches, nachhaltiges Lernen bietet. Wunsch und Wirklichkeit gingen an deutschen Schulen also bisher weit auseinander.
Der Beschluss des Digitalpakts kam viel zu spät
Im Mai letzten Jahres trat der Digitalpakt Schule offiziell in Kraft. Durch ihn verpflichtet sich die deutsche Bundesregierung dazu, in einem Zeitraum von fünf Jahren insgesamt fünf Milliarden Euro für den Aufbau einer digitalen Lern-Infrastruktur an allen deutschen Schulen zur Verfügung zu stellen. Viel zu spät, meint Alex Giesecke, Gründer und CEO des Edtech-Startups Simpleclub. Er geht sogar noch einen Schritt weiter und sagt: „Die Digitalisierung der Schulen wurde nicht nur verschlafen, sondern einfach beiseite geschoben. Dass sich bisher nichts in dem Bereich getan hat, liegt aber nicht nur an den Lehrern, die teilweise wirklich motiviert sind, neue Wege zu gehen. Der jetzige Zustand resultiert vielmehr aus der ungünstigen Kombination des föderalistischen Schulsystems und dem mangelnden Druck, in diese Richtung zu investieren.“

(Foto: Simpleclub)
Er und sein Geschäftspartner Nico Schork haben 2011 die Bildungsplattform Simpleclub ins Leben gerufen – damals noch in Form von Youtube-Videos und damals noch selbst als Schüler der zwölften Klasse. Anfangs ging es ihnen nur darum, ihren Mitschülern den Mathestoff näher zu bringen. Geld verdienten sie damit nicht. Trotzdem machten die beiden weiter, denn es war vor allem das Feedback, das sie motivierte. Inzwischen haben sie eine eigene App mit Tausenden Lernvideos, Lehrplänen und Zusammenfassungen – und zählen rund eine Million Nutzer pro Monat.
Edtech-Unternehmen schickt Hilfspaket für Millionen Schüler
„Die gegenwärtigen Schul- und Unischließungen sind absolut verständlich, allerdings ist es ein Trauerspiel, wie schlecht sie in digitaler Hinsicht darauf vorbereitet waren“, sagen Alex Giesecke und Nico Schork uns im Interview. „Um einen kleinen Teil zur Bewältigung der Krise beizutragen, haben wir ein digitales Hilfspaket gestartet und bereits über eine Million kostenlose Lizenzen an Schulen verteilt.“ Gerade in der aktuellen, kritischen Situation sollte man meinen, dass eine digitale Alternative zum Schulunterricht von allen Seiten dankend angenommen wird. Dem ist jedoch nicht so. „Das Feedback auf unsere Aktion ist größtenteils sehr positiv. Allerdings erhalten wir auch Nachrichten von Schulleitern, die das Angebot bewusst ausschlagen mit der Begründung, sie müssten das selbst schaffen. Das ist angesichts der momentanen Situation schon sehr erschreckend.“
Die beiden hoffen, dass die Digitalisierung des deutschen Bildungssystem durch die Coronakrise jetzt endlich dauerhaft vorangetrieben wird. Schülern – und auch Lehrern – raten sie, die schulfreie Zeit nicht als zusätzliche Ferien zu betrachten, sondern die Tage zu Hause zu nutzen, um ihr Wissen zu festigen und am Ball zu bleiben. Für die Abiturienten, die um ihre Prüfungen bangen müssen, hat Simpleclub gerade erst vollständige Lernpläne online gestellt. Bleibt zu hoffen, dass Schulleiter und Bildungsminister sich an diesem Tempo ein Beispiel nehmen – auch nach der Coronakrise.
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Leider ein sehr einseitiger Kommentar. Inwieweit WLAN an Schulen (offenbar ja hier der Maßstab) in der derzeitigen Situation weiterhelfen soll, bleibt leider unklar.
Was aber tausende Lehrer derzeit leisten, um die Schüler weiterhin zu Hause zu unterrichten, bleibt leider unerwähnt. Ja, vieles davon ist improvisiert, viele probieren Digitalisierung jetzt das erste Mal aus, aber es funktioniert, auch ohne dass es an die große Glocke gehängt wird.
Und ob die oberflächlichen, inhaltlich oft schwachen oder teilweise fehlerhaften Videos von SimpleClub jetzt der Weg aus der Krise sind, wage ich auch zu bezweifeln.