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Online Volunteering: „Unser Arbeitsalltag ändert sich – unser Engagement auch!“

Wer ein Ehrenamt bekleidet, tut das oft vor Ort in einem Verein. Dass soziales Engagement auch online eingebracht werden kann, erklärt uns Anne-Sophie Pahl von Youvo.org.

5 Min. Lesezeit
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Anne-Sophie Pahl hat Youvo.org im Jahr 2013 mitgegründet. Heute betreut sie die Community aus Kreativen und berät soziale Organisationen. (Foto: Sebastian Schütz)

Die Arbeitswelt befindet sich im Wandel und kreative Köpfe denken darüber nach, wie sie Verantwortung in der Gesellschaft übernehmen können. Das klassische Ehrenamt passe jedoch nicht mehr zu den Anforderungen einer digitalisierten, mobilen und kreativen Welt, erklärt uns Anne-Sophie Pahl von Youvo.org. Die Plattform, die sich bislang darauf verstand, theoriegeplagten Studenten einen Zugang zu praktischen Projekten zu bieten, erweitert derzeit den Blick und will auch Menschen mit Digitalberufen spannende Ehrenämter in sozialen Initiativen aufzeigen. Der Wandel, der die Arbeitswelt umtreibt, ist auch im sozialen Sektor angekommen, so die Mitgründerin. Viele kleine Vereine benötigen dringend Know-how, können es sich aber nicht leisten. Und viele Digitalexperten suchen wiederum nach einer sinnvollen Aufgabe neben dem Beruf. Youvo.org schlägt eine Brücke zwischen beiden Welten.

Online Volunteering: „Ein Feel-Good-Manager löst nicht die Frage nach der Sinnhaftigkeit“

Soziales Engagement in Zeiten der New-Work-Ära: Youvo vermittelt Kreative und Vereine. (Foto: Shutterstock-Rawpixel.com)

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t3n.de: Wer sich heutzutage ehrenamtlich engagieren möchte, findet in der Nachbarschaft sicher etliche Vereine. Warum braucht es Online Volunteering?

Anne-Sophie Pahl: Natürlich sind die Wege zur nächsten sozialen Einrichtung nicht weit. Das Problem ist eher Zeit und Gelegenheit. Gehe ich einfach los, klopfe an und frage, wie ich mithelfen kann? Besonders für Zugezogene und junge Menschen gibt es Hemmschwellen, sich einfach in etablierten Gruppen zu engagieren. Online kann ich ganz gezielt mein Herzensprojekt aussuchen, das genau meine Kompetenzen gebrauchen kann und die Zeit, in der ich mich engagiere, selbst wählen. Das Beste daran ist natürlich die Ortsunabhängigkeit. Direkt aus dem Homeoffice kann ich Organisationen auf der ganzen Welt unterstützen und so vom eigenen Schreibtisch aus etwas Gutes tun.

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Aber lebt ein Ehrenamt nicht auch davon, dass man die Menschen, die man unterstützt, kennt? Kann dieses Zugehörigkeitsgefühl online überhaupt entstehen?

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Ja, ich glaube schon. Natürlich ist diese persönliche Komponente das Wichtigste in der Zusammenarbeit. Glücklicherweise gibt es ja mit Skype, Slack und anderen Tools mittlerweile Möglichkeiten, auch dezentral Empathie aufzubauen und sich gut kennenzulernen. Tatsächlich machen wir sogar die Erfahrung, dass sich nur rund 30 Prozent der Teams, die sich online finden, auch persönlich treffen und meistens auch erst, wenn das gemeinsame Projekt umgesetzt ist. Alle anderen kommunizieren per Telefon und digital.

Eure Plattform vereint bislang 3.700 Kreative und 300 soziale Initiativen. Was für Projekte begleitet ihr derzeit?

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Die Projekte auf unserer Plattform reichen von klassischeren Designaufgaben wie der Entwicklung einer Corporate Identity bis hin zu Video-Produktionen beispielsweise für einen Verein, der sich gegen Einsamkeit im Alter einsetzt. Aber auch umfangreichere Kommunikationskonzepte und Beratung rund um Digitalisierungsthemen spielen eine Rolle: Wie gestalte ich meine Website und welche Zielgruppen möchte ich wie ansprechen? Welche Tools sind sinnvoll für die interne Zusammenarbeit in meinem Team?

Hat der soziale Sektor Nachhilfe da besonders nötig?

Wir merken schon, dass in Digitalisierungsfragen noch große Defizite im sozialen Sektor vorhanden sind und nicht selten eine gewisse Angst vor schnellen Veränderungen vorherrscht, die in unserem Alltag eine Rolle spielen. Wir wollen da natürlich auch gegensteuern und mehr Mündigkeit in soziale Organisationen tragen, wenn es um die Verwendung von digitalen Hilfs- und Kommunikationsmitteln geht. Nicht jede Organisation muss sofort alles nutzen, was zur Verfügung steht. Aber wir wollen gern dazu beitragen, dass Potenziale sichtbar werden, die besonders kleinen, prekär finanzierten Teams durch neue digitale Werkzeuge zugute kommen können.

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Apropos kleine, prekär finanzierte Teams: Gibt es eine Obergrenze, was die Größe der Vereine angeht? Sagt ihr beispielsweise, ab einem bestimmten Spendenvolumen benötigt der Verein keine Ehrenamtlichen mehr, sondern sollte Fachkräfte einstellen?

Ja, wir wählen die Organisationen, mit denen wir zusammenarbeiten, sehr genau auf Basis unserer Erfahrungen und des Feedbacks aus unserer engagierten Community aus. Da ist natürlich besonders wichtig, dass keine bezahlten Arbeitsplätze durch Ehrenamt ersetzt werden sollen. Wenn ein Verein mehr als zehn Hauptamtliche beschäftigen kann, lässt sich unserer Meinung nach nur schwer argumentieren, warum gerade für kreative Leistungen kein Geld da ist. Außerdem ist uns bei der Auswahl wichtig, dass die Umsetzung der Projekte gewährleistet ist und die Kreativen und Digital-Expertinnen nicht die Einzigen sind, die sich ehrenamtlich in der Organisation engagieren.

„Wir sehen einen Paradigmenwechsel auf dem Arbeitsmarkt, der besonders von Berufseinsteigern gelebt wird!“

Habt ihr da bereits schlechte Erfahrungen gemacht? Gab es Vereine, die dem Verdacht nahe standen, einfach billig Kompetenzen abzugreifen?

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Bisher haben wir da glücklicherweise noch keine negativen Erfahrungen gemacht, auch, weil wir alle Organisationen im Vorfeld sorgfältig auswählen und sie schriftlich begründen müssen, warum kein Budget für die ausgeschriebene Aufgabe vorhanden ist. Diese Begründung ist für unsere Community auch auf der Plattform sichtbar, sodass jede Person selbst entscheiden kann, für welches Projekt sie oder er sich engagieren möchte. Wenn es doch ein kleines Budget geben sollte, das aber nie an einen Marktpreis heranreicht, gibt es die Möglichkeit einer Aufwandsentschädigung, die auch stark von den Organisationen genutzt wird.

Ihr seid vor einigen Jahren mit der Mission gestartet, Studenten neben der phantasielosen Theorie in den Universitäten auch die Chance auf praxisnahe Projekte zu ermöglichen. Wie kam es jetzt dazu, dass ihr euch dem Thema des Online Volunteerings zugewandt habt?

Wir haben relativ schnell gemerkt, dass nicht nur Studierende große Lust auf sinnvolle Projekte haben, die einen Unterschied machen. So gehören vor allem auch Freelancer zu den Engagiertesten auf unserer Plattform. Da die Herausforderungen kleiner Organisationen im Kontext der Digitalisierung immer größer werden, ermöglichen wir es natürlich auch Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen über Youvo.work, die bereits fest im Arbeitsleben stehen, sich mit ihren Fähigkeiten einzubringen. Denn wer hat beispielsweise schon eine SEO-Expertin im Verein? Und nicht jeder SEO-Experte arbeitet in einem für die Gesellschaft wichtigem Projekt.

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Ihr seht euch also vorwiegend auch als Anlaufstelle für Menschen, die schlichtweg einfach nur den Wunsch nach sinnvoller Arbeit haben.

Ja, absolut. Wir sehen den Paradigmenwechsel auf dem Arbeitsmarkt, der besonders von Berufseinsteigern gelebt wird und deren Ansprüche an ihren Arbeitsplatz wachsen. Ein Feel-Good-Manager und eine agile Kultur lösen da nicht über Nacht alle Fragen nach Sinnhaftigkeit und Selbstwirksamkeit. Gerade deshalb sehen wir ein großes Potential im Bedarf sozialer Organisationen. Dort kann man die eigenen Skills in einem neuen Kontext einbringen und lernt die gesellschaftliche Relevanz der eigenen Perspektive ganz praktisch und live kennen.

Und kann aus seinem eventuell tristen Job ausbrechen.

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Tatsächlich auch das, ja. Viele der Engagierten sehen ihr Youvo-Projekt auch als Ausgleich zu ihrem Job, bei dem sie sich oft an enge Vorgaben halten müssen und weniger Spielraum für neue Ideen haben. Die Motivation ist also sehr vielfältig. Aber auch der Punkt, einfach etwas zurückgeben zu wollen, spielt dabei eine große Rolle. Unser Arbeitsalltag ändert sich – unser Engagement auch.

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