Wie dieses Startup Schwangere während der Coronakrise unterstützen will
Eine Geburt ist immer etwas ganz Besonderes. Vor allem dann, wenn es die des ersten eigenen Kindes ist. Sicher ist: Das neue Familienmitglied wird alles auf den Kopf stellen und deshalb bleibt auch unter normalen Umständen die ein oder andere Sorge nicht aus. Leider ist zurzeit aber gar nichts normal. Wie muss es also jenen gehen, die ausgerechnet in der derzeitigen Krisensituation ein Baby erwarten? Wir haben mit einer Schwangeren über ihre Ängste gesprochen. Und mit einem Unternehmer, der mit seinem digitalen Geschäftsmodell Betroffenen wie ihr helfen will.
Das Schlimmste ist die Unsicherheit
Paul Hadrossek weiß genau, womit Paare, die derzeit ein Kind erwarten, zu kämpfen haben. Ihre Sorgen sind sein Beruf. Vor drei Jahren hat er Kinderheldin ins Leben gerufen, eine Online-Beratung für alles rund um Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und Kind. „Die Coronakrise bedeutet für werdende Mütter sehr viel Verunsicherung und auch Veränderung. Was passiert da gerade um mich herum? Und was bedeutet das für mich als Schwangere?“, erklärt er uns im Interview.
Diese Fragen kennt auch Irene sehr genau, denn sie und ihr Mann erwarten in wenigen Wochen ihr erstes Kind. Damit könnte die Geburt sogar im Peak der deutschen Coronawelle liegen. „Derzeit beschäftigt mich vor allem, wie es nach der Geburt weitergeht“, erzählt uns die 33-Jährige. Mit der Geburt gehen immer viele Fragen und Unsicherheiten einher. Wird mein Baby gesund sein? Welche Herausforderungen wird die neue Situation mit sich bringen? Und finden wir rechtzeitig einen Kita-Platz?
Doch auf das, womit sie sich derzeit konfrontiert sehen, darauf konnte sie kein Elternratgeber dieser Welt vorbereiten. Irene fragt sich: „Wie lange gelten noch Ausgangsbeschränkungen und wie wird sich das weiter auf unseren Alltag auswirken? Derzeit bin ich im Mutterschutz, da ist das zwar einschränkend, aber machbar. Doch mit Baby?“. Worüber Irene sich derzeit den Kopf zerbricht, geht aber noch weit über den ersten Spaziergang mit Kinderwagen hinaus. „Selbst die Schließung von Kindergärten betrifft uns schon. Unser Kind ist noch nicht einmal geboren und Plätze sind bekanntermaßen immer rar. Doch da die Besichtigungen meist im März stattfinden, müssen wir uns jetzt blind bei den Einrichtungen bewerben und uns auf Hörensagen verlassen.“
Die größte Unbekannte in dieser ohnehin schon außergewöhnlichen Zeit ist aber die Geburt selbst. „Die Coronakrise bedeutet den strukturellen Ausnahmezustand“, sagt Hadrossek. „Die persönliche Betreuung und zwischenmenschliche Kontakte werden auf ein Minimum reduziert. Der eigentlich geplante Ablauf wird massiv eingeschränkt, Geburtsvorbereitungskurse werden abgesagt und auch die Geburt kann zur Zeit nicht so stattfinden wie geplant.“ Grund dafür sind die höchsten Hygiene- und Sicherheitsbestimmungen in den Kliniken, denn natürlich hat der medizinische Schutz für Mitarbeiter und Patienten höchste Priorität. Um den trotz der Ausbreitung des Coronavirus gewährleisten zu können, müssen manche Frauen die Geburt sogar ohne familiäre Unterstützung durchstehen und dürfen auch danach keinen Besuch empfangen. „Die ohnehin schon vorhandene Angst vor der Geburt wird so natürlich bei vielen noch größer“, meint Irene zu den besonderen Umständen. „Und das ist sicherlich nicht förderlich für den Geburtsablauf.“
Mit digitalen Tools gegen die Verunsicherung
Natürlich ist ein Geburtsvorbereitungskurs nicht dasselbe wie eine Babyparty mit Familie und Freunden, die sich einfach absagen oder verschieben lässt. Es mussten Alternativen her – und zwar schnell. Digitale Hilfsmittel rücken nun in die Lücke, die das Virus und die daraus resultierenden Kontaktbeschränkungen hinterlassen haben. Auch Unternehmen wie Kinderheldin spielen dabei eine wichtige Rolle, denn mit ihren Online-Beratungsmöglichkeiten haben sie einen großen Anteil daran, das Gesundheitssystem massiv zu entlasten. „Wir sind bereits seit Langem damit beschäftigt, die Vorteile von telemedizinischen Lösungen für die Bereiche Schwangerschaft und Elternzeit zu etablieren. Leider hat das im deutschen Gesundheitssystem bisher viel Überzeugungsarbeit und Zeit gebraucht“, berichtet Hadrossek von seinen Erfahrungen der letzten Jahre. Aufgrund der Coronakrise sieht der Bedarf und damit auch die Motivation, digitale Alternativen voranzutreiben, jetzt jedoch ganz anders aus. „Wegen der Coronakrise ist die Dynamik auf einmal eine komplett andere. Aus dem Nischenthema Digitalisierung ist schlagartig Mainstream geworden.“
Mit seinem Unternehmen Kinderheldin hat er Schwangeren und jungen Eltern schon vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie ermöglicht, ihre Fragen per Telefon, Chat oder Videocall mit einer Hebamme zu besprechen – egal, ob allgemein oder im akuten Notfall. Seit den strengen Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen bieten sie außerdem Geburtsvorbereitungs- und Rückbildungskurse im Livestream an. Dass das den direkten, persönlichen Kontakt ersetzen kann, ist für Irene nur schwer vorstellbar. „Ich hatte das Glück, den Geburtsvorbereitungskurs noch in der Gruppe mit anderen Schwangeren zu besuchen. Da das momentan aber nicht mehr möglich ist, bieten viele Hebammen und Hebammenpraxen ihre Kurse jetzt digital an, zum Beispiel über Skype oder Zoom.“ Ganz ohne digitale Hilfsmittel kommen sie und ihr Partner vor der Geburt aber trotzdem nicht aus: „Eigentlich wollten wir noch einen Erste-Hilfe-Kurs speziell für Babys besuchen. Da der aber abgesagt wurde, absolvieren wir ihn stattdessen bei einem Online-Anbieter.“
So schwierig die aktuelle Situation auch sein mag: Hadrossek und sein Team, ebenso wie alle anderen Ärzte, Pflegekräfte und digitalen Helfer, sind momentan die Helden, die es braucht, um das medizinische System am Laufen halten. Kaum vorstellbar, wie die Lage wäre, wenn sie nicht die Flexibilität besäßen, quasi über Nacht neue Online-Angebote aus dem Boden zu stampfen. Ihrer Arbeit ist es zu verdanken, dass Schwangere wie Irene in der verbliebenen Zeit bis zur Geburt so gut wie möglich betreut werden können und auch für die kleineren Sorgen ein offenes Ohr bleibt.
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