Diese Gründer sagen Wuchermieten den Kampf an

Die Gründer von wenigermiete.de: Frederik Gärtner und Daniel Halmer. (Foto: wenigermiete.de)
Eigentlich ist die Sache klar: Wer kürzlich eine neue Wohnung in einer deutschen Großstadt bezogen hat, darf nicht wesentlich mehr zahlen als der örtliche Mietspiegel vorsieht. Dafür sorgt seit dem 1. Juni 2015 die sogenannte Mietpreisbremse. Sie soll den vielerorts vorherrschenden Mietwucher eindämmen.
„Das Problem ist nicht das Gesetz“
Trotzdem gab es in der Vergangenheit immer wieder Kritik an dem Gesetz. Die Mietpreisbremse funktioniere nicht, hieß es in vielen Tageszeitungen. Das machte Daniel Halmer und Frederik Gärtner stutzig. Denn nach Ansicht der beiden Rechtsanwälte aus Berlin ist das Gesetz ein scharfes Schwert: „Wenn die Miete überhöht ist, ist sie unwirksam und kann beim Vermieter zurückgefordert werden“, sagt Halmer. Also schauten er und Gärtner sich die Sache genauer an und stellten fest: „Das Problem ist nicht das Gesetz, sondern besteht in den praktischen Hürden für Mieter“, so Halmer, „beispielsweise bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete.“ Zudem hätten viele Mieter auch Scheu vor den Mühen und Kosten der Durchsetzung ihrer Rechte.„Das Problem ist nicht das Gesetz, sondern besteht in den praktischen Hürden für Mieter.“
Die Idee zu wenigermiete.de war geboren. Das seit vergangenem Dezember aktive Online-Portal verhilft Mietern bei Verstößen gegen die Mietpreisbremse zu einer Mietsenkung. „In einem Fall konnte die Miete für eine junge Berliner Familie um 260 Euro pro Monat reduziert werden – ohne Gerichtsverfahren“, sagt Halmer.
Die neuen Verbraucherschützer
Damit gehört das Startup zur wachsenden Gruppe der sogenannten Legal-Techs. Diese Unternehmen treten mit neuen Online-Diensten für die Rechte von Verbrauchern ein und erleichtern beispielsweise durch vorgefertigte Formulare und Leistungsrechner den Zugang zu Entschädigungen bei verspäteten Flügen oder ungültigen Verträgen. Notfalls erstreiten die Unternehmen die Ansprüche ihrer Kunden sogar vor Gericht. Von den so eingetriebenen Forderungen behalten die Gründer dann einfach einen Teil als Provision ein. Die Rechtsanwälte Halmer und Gärtner erkannten eine solche Geschäftslücke nach Inkrafttreten der Mietpreisbremse auch im Wohnungsmarkt.
Wenige Monate nach dem Start ihrer Website haben rund 1.800 Nutzer einen Onlinefragebogen über ihr Mietverhältnis ausgefüllt. In rund 80 Prozent der Fälle stellten die Macher einen möglichen Verstoß gegen die Mietpreisbremse fest. Der besteht, wenn die Miete nach einer Neuvermietung mehr als zehn Prozent über dem örtlichen Mietspiegel liegt. Die Auswertung zeigte: Im Schnitt zahlen Betroffene 44 Prozent mehr Miete als zulässig. Das will wenigermiete.de nun ändern.
Wie wenigermiete.de funktioniert
Nach Beantwortung des Onlinefragebogens und einer Ermittlung des Sparpotenzials können Nutzer das Startup mit der Rechtsdurchsetzung beauftragen. In solch einem Fall schreibt wenigermiete.de den Vermieter an und verlangt unter Hinweis auf den nach Datenlage überzogenen Mietpreis um weitere Auskünfte. Etwa, ob bereits die Miete des Vormieters der geforderten Miete entsprach oder eine Sanierung der Wohnung vorliegt.

Das Online-Portal wenigermiete.de verspricht die Senkung der Miete. (Screenshot: t3n.de)
Trifft dies nicht zu, haben Nutzer gute Chancen auf eine Mietpreissenkung. Wenigermiete.de bemüht sich dann um eine außergerichtliche Einigung mit dem Vermieter oder versucht, die Ansprüche notfalls vor Gericht durchzusetzen. Kommt es schließlich zu einer erfolgreichen Mietpreissenkung, erhebt das Startup eine einmalige Servicegebühr in Höhe von einem Drittel der Jahresersparnis. Klingt gut.
Stiftung Warentest warnt vor Schnellschüssen
Nach Ansicht von Stiftung Warentest ermöglicht das Portal tatsächlich die Mietpreisbremsung ohne Prozesskostenrisiko. Unüberlegte Schnellschüsse sollten Nutzer laut dem Verbraucherportal jedoch vermeiden. Der verbindliche Auftrag könne dem Verhältnis zwischen Mieter und Vermieter schaden. „Sobald der Vermieter das Schreiben erhält, dürfte seine Neigung, auf Mängelmeldungen oder Anfragen kulant zu reagieren, erheblich abnehmen“, schreibt Stiftung Warentest. Zwar sei die Nutzung der Mietpreisbremse das gute Recht jedes betroffenen Mieters. Mieter müssten sich aber darauf einstellen, dass Vermieter im Gegenzug alle ihre Rechte zur Geltung bringen werden. Schlimmstenfalls auf Kosten des Mieters.
Auf Nachfrage von t3n.de betont Halmer deshalb die seriöse Vorgehensweise seines Unternehmens. „Wir treten stets höflich und professionell auf und achten darauf, es nicht zu einem direkten Schlagabtausch zwischen Mieter und Vermieter kommen zu lassen“, sagt der Mitgründer von wenigermiete.de. Das Ziel sei immer eine außergerichtliche Einigung. Dazu trage auch ein eigens entwickeltes Tool bei, das die Vergleichsvorstellungen beider Parteien miteinander abgleiche. „So findet sich meistens schnell ein Kompromiss“, sagt Halmer.„Wir achten darauf, es nicht zu einem direkten Schlagabtausch zwischen Mieter und Vermieter kommen zu lassen.“
Außerdem würde rund die Hälfte aller Vermietungen über professionelle Immobilienfirmen oder Verwalter abgewickelt. „Hier gibt es in der Regel ohnehin kein persönliches Verhältnis“, sagt Halmer. „Unterhält man hingegen eine enge Beziehung mit einem privaten Vermieter, so raten wir den Mietern dazu, zunächst das persönliche Gespräch zu suchen.“ Sei dies nicht zielführend, könne der Nutzer immer noch wenigermiete.de mit der Vermittlung beauftragen.
6.000 Anfragen seit Dezember
Bisher stößt die Idee nach Angaben der beiden Rechtsanwälte auf eine zufriedenstellende Nachfrage. Mehr als 6.000 Mieter sollen den Mietpreis-Rechner bereits benutzt und ihr individuelles Sparpotenzial errechnet haben. „Im Durchschnitt können Mieter danach 230 Euro pro Monat an Miete sparen“, sagt Halmer. Die tatsächliche Zahl der daraus entstandenen Aufträge will er auf Nachfrage nicht nennen. Auch zum Umsatz und der Finanzierung schweigt sich das Startup aus. Man habe aber vermutlich bereits heute mehr laufende Verfahren zur Mietpreisbremse als jeder andere Rechtsdienstleister in Deutschland, so Halmer.
Bleibt die Frage, ob Mieter einen solchen Service auch zwingend brauchen. Beim Deutschen Mieterbund jedenfalls hält man das Angebot für überflüssig – vorausgesetzt, man ist Mitglied eines Mietervereins oder hat eine Rechtsschutzversicherung mit Mieterschutz. „In diesem Fall können die Mieter ihre Ansprüche auch über diesen Weg geltend machen“, sagt Sprecher Ulrich Ropertz. Nach Abzug des jährlichen Mitgliedsbeitrags sei die Mietpreissenkung im Vergleich zur Servicegebühr von wenigermiete.de am Ende sogar billiger. Die beiden Rechtsanwälte lassen sich davon nicht beirren. Bisher ist das Startup für Mieter in Berlin, Hamburg, München, Köln und Düsseldorf verfügbar. Weitere Städte sollen bald folgen.
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Gibt bei meiner Anfrage zurück: „Schade! Leider ist die gesetzliche Mietpreisbremse auf Deine Wohnsituation derzeit nicht anwendbar.“
Da nur der Wohnort und der Einzugszeitraum abgefragt wurde, wäre es sicher nicht schwer, den Grund dafür auszugeben. Wäre zumindest gute Usability.
Dafür wird man aber gleich mal dazu angehalten einen Schwung Namen von Bekannten einzutragen, die den Service statt mir brauchen können.
Ansonsten, gute Idee und eigentlich unglaublich, dass die Gesetzgebung nicht greift.