391 Megatonnen CO2e (Kohlendioxid-Equivalente) fehlen in den Emissionsberichten von 56 untersuchten Technologieunternehmen. Das entspricht 99 Prozent bei IT-Software und Dienstleistungsunternehmen und 110 Prozent bei den Hardware-Herstellern und -Ausrüstern. Zu diesen Zahlen kommt eine Studie der Technischen Universität München (TUM), die sie in dem Fachmedium Nature Communications veröffentlicht hat. Speziell in einem von drei Emissionsarten sind die Angaben von Microsoft & Co zu großen Teilen mangelhaft.
Fehlangaben vor allem bei den Scope-3-Emissionen
Berichte zur Kohlenstoffbilanzierung finden normalerweise nach dem internationalen Standard GHG-Protocol statt. Er unterscheidet drei Emissionsarten: Die direkten Emissionen aus eigenen Aktivitäten werden „Scope 1“ genannt; die Emissionen aus eingekaufter Energie laufen unter „Scope 2“; unter „Scope 3“ fallen die Emissionen aus vor- und nachgelagerten Aktivitäten entlang der Wertschöpfungskette. Die Verfasser der Studie stellen fest, dass 80 Prozent der Gesamtemissionen aus dem letzten Bereich stammen.
Die Wissenschaftler:innen haben bei ihrer Stichprobe zur standardisierten Quantifizierung von Scope-3-Emissionen die massiven Abweichungen festgestellt, die zu den obigen Zahlen führen. Als Beispiel für die Relevanz nennt die Studie das Auslagern von Rechenkapazitäten auf Cloud-Dienstleister. Demnach müssten deren Scope-1- und Scope-2-Emissionen als Scope-3-Zahlen in die eigene CO2-Bilanz eingerechnet werden.
Ungenaue Daten bei SAP, Alphabet und IBM
Das Carbon Disclosure Project (CDP) fragt regelmäßig die Unternehmenswerte ab und sammelt die Angaben in einer internationalen Datenbank. Diese Daten sind jedoch nicht der Öffentlichkeit zugänglich, sondern nur ein Punktesystem. Das sei in vielerlei Hinsicht ungeeignet, um die Nachhaltigkeit von Unternehmen festzustellen, schreiben die Verfasser:innen. Sie haben zudem herausgefunden, dass viele Teilnehmer in ihren Unternehmensberichten viel niedrigere Zahlen veröffentlichen, als sie beim CDP angeben. Zum Teil würden in den öffentlichen Dokumenten Scope-3-Emissionen sogar komplett weggelassen. Googles Mutterkonzern Alphabet etwa veröffentlicht umfassende Kohlenstoff-Berichte, allerdings fehlen eine Menge Daten, die nach internationalen Standards angegeben werden müssten. Die Berichte von IBM und SAP bewerteten die Expert:innen als mangelhaft. Zudem fiel auf, dass IBM für verschiedene Zielgruppen die Berichte „unterschiedlich gehandhabt und berichtet“ hat.
3 Fehlerquellen und das größte Problem
Das Team der TUM unterscheidet drei Fehlerquellen und quantifiziert sie in der Stichprobe. So führen Unstimmigkeiten in der Berichterstattung, Unvollständigkeit der Grenzen und Ausschluss von Tätigkeiten zu massiven Unterschieden. Die Autor:innen der Studie empfehlen, die Angabe von konsistenten CO2-Daten in den Unternehmensberichten zur Pflicht zu machen. Viele Unternehmen nutzten die Freiwilligkeit, um sich mit unvollständigen Daten in ein gutes Licht zu stellen. Zudem würden viele Zulieferer gar keine Scope-3-Daten erfassen und damit die Erfassung der kompletten Wertschöpfungskette unmöglich machen. Die Berichterstattung solle insgesamt stärker systematisiert und verpflichtend ausgestaltet werden, um überhaupt eine Vergleichbarkeit zu erreichen. Die EU, so die Autor:innen, sei auf diesem Weg weiter als alle anderen Körperschaften.