Karriere als Führungskraft: Warum immer weniger Beschäftigte eine Chefposition anstreben
In Unternehmen herrscht nicht nur Fachkräftemangel, sondern auch Führungskräftemangel. Chef oder Chefin zu werden, ist für immer weniger Personen ein attraktives Karriereziel – das hat die repräsentative Karrierezuversichtsumfrage der Initiative Chef:innensache, an der mehr als 1.000 Beschäftigte und Studierende teilgenommen haben, ergeben. Nur 26,5 Prozent der befragten Personen gaben an, dass sie sich im Laufe ihrer Karriere eine Führungsposition wünschen. Das sind 2,6 Prozent weniger als im Vorjahr und der niedrigste Wert seit Beginn der Studienreihe 2018.
Frauen und ältere Menschen besonders betroffen
Der Rückgang der Führungsambitionen ist bei Frauen besonders stark zu beobachten: Vor fünf Jahren wünschten sich noch 33,7 Prozent der weiblichen Befragten eine Führungsrolle, im Vorjahr waren es 25,5 Prozent, bei der aktuellen Befragung nur noch 19,9 Prozent. Auch für Männer waren damals Führungspositionen noch attraktiver: Bei ihnen sank der Wert von 40,5 Prozent vor fünf Jahren auf 32,7 Prozent im Vorjahr und nun auf 32,3 Prozent.
Entgegen dem Vorurteil, dass die Generation Z nicht arbeiten möchte, sind die 18- bis 29-Jährigen mit 44,1 Prozent von allen Altersgruppen am ehesten motiviert, eine Führungsrolle zu übernehmen. Mit fortlaufendem Berufsleben wird dieses Ziel für Beschäftigte weniger bedeutsam: Bei den Befragten zwischen 50 und 64 Jahren sind es nur noch 14,9 Prozent, die sich auf ihre letzten Jahre im Berufsleben noch Führungsverantwortung wünschen.
Führung wird unattraktiv
Auch die Anzahl der Menschen, die glauben, eine Führungsposition erreichen zu können, ist gesunken, allerdings nur minimal: 35 Prozent der Teilnehmenden sind zuversichtlich, dass sie entsprechend aufsteigen könnten – das sind nur 1,7 Prozent weniger als im Vorjahr. Männer sind mit 37,2 Prozent etwas optimistischer als Frauen (32,7 Prozent).
Besonders auffällig: 51,1 Prozent der 30- bis 39-Jährigen glauben, dass eine Führungsrolle für sie realistisch ist, aber nur 35,2 Prozent wünschen sich diese auch. Daraus lässt sich laut der Studie schließen, dass Führungsverantwortung insbesondere für diese Altersgruppe zunehmend unattraktiv wird.
„Führung bedeutet viel Verantwortung und ein anspruchsvolles Aufgabenpaket“, erklärt Sandra Arndt, Leitung der Geschäftsstelle der Initiative Chef:innensache. Gleichzeitig böten Führungspositionen oft Gestaltungsmöglichkeiten und könnten sehr erfüllend sein, so Arndt weiter. Aus ihrer Sicht müssen die positiven Aspekte von Führung wieder in den Vordergrund gerückt und attraktive Bedingungen für Führungskräfte geschaffen werden – „und das für jedes Geschlecht und jede Altersgruppe“, erklärt sie.
Initiative Chef:innensache hat die Teilnehmenden im Rahmen derselben Studie auch zum Thema Unternehmenskultur befragt und festgestellt, dass Probleme mit Vorurteilen am Arbeitsplatz auf einem Höchstwert seit 2021 sind: 19,3 Prozent der Frauen und 10 Prozent der Männer gaben an, dass sie regelmäßig mit Vorurteilen zu kämpfen haben. Einen positiven Höchstwert gab es dagegen bei Maßnahmen zur Förderung von Diversität im Unternehmen: Jede zweite befragte Person findet, dass Vielfalt bei ihr im Unternehmen stark oder sehr stark gefördert wird. Dennoch bleiben dabei immer noch 30,9 Prozent der Frauen und 17 Prozent der Männer übrig, die die Diversitätsförderung ihrer Arbeitgeber als schwach empfinden. Ob diese oder andere Gründe für die Führungsunwilligkeit verantwortlich sind, kann bisher nur spekulativ beantwortet werden.