Telekom-Geschäftsführer Rickmann: „Der Reset-Button für Unternehmen ist manchmal ein Startup“

Es ist sicherlich keine leichte Aufgabe, ein so großes Unternehmen wie die Telekom im Zeitalter der Digitalisierung auf Kurs zu bringen und zu halten. Es gibt viele Ansätze und Visionen der Geschäftsleitung, aber auch die Tatkraft kleinerer Unternehmen, die der Deutschen Telekom neue Impulse bringt. Ohne diese Impulse, ohne neue Ideen und ungewöhnliche Perspektiven, so die Meinung des Geschäftsführers der Telekom und Schirmherr der Digital X, Hagen Rickmann, verlangsamt sich die digitale Transformation.
Der gebürtige Bremerhavener Hagen Rickmann zeigte bereits früh seine Ambitionen als CEO: Noch während seiner Bankkaufmannslehre und seinem Studium der Wirtschaftswissenschaften gründete er auch sein erstes Startup: Eine Catering-Firma die acht Fußballstadien mit Fischbrötchen belieferte. Insgesamt verantwortete Rickmann damals 250 Mitarbeiter in seinem Unternehmen, die den Fußballfans von Bremen, Hamburg, Berlin und Dortmund Snacks verkauften. Zu seinen ersten Learnings, die ihm später noch bei der Telekom helfen sollten, gehörte, dass „man nicht immer alles retten muss. Und man nicht immer der Single-Hero ist.“ Delegieren, Prozesse entwickeln und pflegen, Kundenfeedback nutzen, um die Firmenprozesse zu optimieren: „Wenn wir Mist gebaut hatten, dann ist es schon mal vorgekommen, dass die Fischbrötchen zurückgeflogen sind.“
„Manchmal muss man alte Prozesse wegschmeißen und sagen: Das machen wir jetzt ganz neu!“
Nicht jede Zusammenarbeit ist von Erfolg gekrönt. Dessen ist sich Rickmann bewusst. Scheitern gehört für ihn dazu: „Nicht alles, was wir anfangen, gelingt. Scheitern muss man aber auch als Chance sehen.“ Das typisch deutsche Verhältnis zum Scheitern, sich dafür zu schämen, ist seiner Meinung nach nicht die richtige Einstellung. Und selbst wenn man die richtigen Leute in der Firma beschäftigt und den richtigen Plan erarbeitet hat, kann es sein, dass die kulturelle Veränderung den Plan scheitern lässt: „Culture eats Strategy for Breakfast.“
Rickmanns persönliche Scheitergeschichte: Er selbst hatte neben seiner Selbstständigkeit versucht, noch zu promovieren: „Da bin ich echt grandios gescheitert. Ich bin leider über 20 Seiten und mein Inhaltsverzeichnis nicht hinausgekommen. Dabei habe ich gelernt: One Plain at a Time. Man muss sich fokussieren und kann nicht alles gleichzeitig machen.“ Mehr dazu erzählt Hagen Rickmann in der Podcast-Folge.
„Keiner will ein 5G-Mast, aber jeder die entsprechende Versorgung“
Das Dauerbrenner-Thema in Deutschland ist der Netzausbau: Bis zum Jahr 2024 plant Minister Andreas Scheuer, eine Milliarde für den Bau von zusätzlich 5.000 Mobilfunkmasten zur Verfügung stellen. „Wir müssen weiter in den Ausbau von Mobilfunknetzen investieren. Wir stecken jedes Jahr fünf Milliarden in die Infrastruktur. Wir müssen aber auch bestimmte Genehmigungsverfahren vereinfachen, denn wir brauchen heute durchschnittlich 18 bis 24 Monate bis wir einen Mast von der Erstanfrage bis Aufstellen schaffen. Von fünf Anträgen werden drei bis vier durch Bürgerinitiativen verlangsamt. Auch gerne mal zurecht und ich verstehe das auch“, so Rickmann. „Aber wenn wir 5G wollen, müssen wir uns auch überlegen, welche Kompromisse wir eingehen, denn ohne Funkmast bekomme ich kein Versorgungssignal.“
Und was bringt die Zukunft? „Das nächste Thema, was ich für absolut disruptiv halte, ist künstliche Intelligenz, Analytics und Business-Intelligence. Wir stehen bei diesen Themen erst noch am Anfang, aber das geht ins Herz eines jeden Unternehmens, ob klein, mittel oder groß. Da sind wir in Deutschland in der Grundlagenforschung absolut führend. Wie schaffen wir es nun dieses mal? Es wäre doch schön, wenn das erfunden, entwickelt und in Deutschland an den Markt gebracht werden würde.“ Künstliche Intelligenz wird den gesamten Markt zunehmen verändern, Unternehmen aber auch dabei helfen ihre Kunden besser zu verstehen und somit Produkte anzupassen: „Mal ein kleinerer Brückenschlag zu meinem früheren Startup: Wann verkauft man viel und wann wenig? Wie viel muss man mitnehmen in ein Stadion? Das Wetter spielte ebenso eine Rolle wie der Tag im Monat – wie viel können die Damen und Herren noch ausgeben? Welcher Gegner spielt? Heute kann man das alles automatisiert berechnen und damit den Kundenbedarf viel genauer vorhersagen. Wer das beherrscht und sich damit das Vertrauen vom Kunden sichert, kann eine höhere Attraktivität als Unternehmen erreichen.“
Innovation durch Kooperation – Digital X 2019
Die Grundvoraussetzung für die digitale Transformation eines Unternehmens ist laut Hagen Rickmann eine „massive Zusammenarbeit mit kleineren, agileren, schnelleren Unternehmen und Startups“. Durch solche manchmal sogar ungewöhnlichen Sichtweisen erhält ein Traditionsunternehmen wie die Telekom neue Impulse.
Seine Passion für digitale Innovationen und neue digitale Impulse lebt er heute auch als Schirmherr der Digital X aus: Europas führende Digitalisierungsinitiative auf Entscheider-Level. Die Digital X ging dieses Jahr in die zweite Runde. In diesem Jahr tourte die Veranstaltung erstmals durch sechs deutsche Regionen und fand den Abschluss der Roadshow in den Kölner Messehallen. Vom 29. und 30. Oktober 2019 kamen wichtige Entscheider von Startups, Mittelstand, Konzernen, Politik und Wissenschaft zusammen, über 200 nationale Partner haben sich engagieren.
Auch der Changerider war vor Ort, dieses mal nicht wie gewohnt im Tesla, sondern im autonomen Flugtaxi, dem Volocopter. Eingestiegen ist unter anderem der Weltmeister Wladimir Klitschko, er sprach mit Philipp Depiereux über Herausforderungen: „Leadership bedeutet auch, Herausforderungen ein Gesicht zu zeigen. Face the Challenge. Nicht den Rücken zeigen, denn das bedeutet, dass man feige ist. Man muss die Herausforderung annehmen!“ Mit dabei war auch Benjamin Ruschin von We Are Developers, der über die Work-Life-Balance von Entwicklern spricht. Auch Hans-Christian Boos, CEO von Arago und Mitglied im Digitalrat der Bundesregierung, nahm im Volocopter Platz, um über den Umgang mit Daten zu sprechen: „Eigentlich ist es ja so, dass unsere Datenschutzgrundverordnung überall auf der Welt kopiert wird. Es ist nur Kacke, dass wir dafür nicht bezahlt werden.“ Viele weitere Speaker, Geschäftsführer und Digitalpioniere sprachen mit Depiereux über den digitalen Wandel und aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen.
Im weiteren Gespräch berichtet der Digitalist Rickmann, wie das Recruiting bei der Telekom funktioniert und wie es nun wirklich um den Ausbau der Netzinfrastruktur in Deutschland steht. Rickmanns Appell gegen Ende der Folge: „An der Digitalisierungsreise teilnehmen, Deutschland und vor allem Europa stark machen, den Mittelstand mit den neuen Möglichkeiten vorantreiben und damit für eine Zukunft für die Gesellschaft sorgen.“
Für eine Fahrt im Changerider nominiert er den deutschen IT-Unternehmer Marco Börries.
Ihr kennt ebenfalls Querdenker, Gamechanger und unermüdliche Optimisten, die für den digitalen Wandel einstehen? Nominiert sie als Changerider-Mitfahrer!
Diese und alle weiteren Folgen sind als Video oder ausführliche Gespräche im Podcast auf iTunes, Soundcloud oder Spotify verfügbar.