4 Tipps zum agilen Anforderungsmanagement in Webprojekten
- Chaotische Projektführung
- Agilität wird mit Spontanität verwechselt
- Fehlende Vorhersehbarkeiten
- Keine geplante Flexibilität
- Betriebswirtschaftliche Entscheidungen sind schwer zu treffen
- Projektziel wird nur langsam erreicht
Aus diesem Grund ist es sinnvoll, auf eine Kombination agiler und klassischer Arbeitsweisen zu setzen, um Projekte erfolgreich zu realisieren.
Die (scheinbar) vorhersehbare Welt des klassischen Projektmanagements
Klassisches Projektmanagement soll Projekte vorhersehbar und kalkulierbar machen. In der Zusammenarbeit sind Instrumente wie das Lasten- und Pflichtenheft etabliert worden, die zwischen allen Parteien klare Zuständigkeiten, Aufgaben und Lösungen abstecken. Das Management hat so eine gute Basis, um Aufwand und Nutzen gegenüberzustellen, Opportunitätskosten abzuwägen und am Ende eine strategische Entscheidung unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten zu treffen.
Genau genommen trügt der Schein dieser Vorhersehbarkeit und Planbarkeit allerdings. Ein komplexes Webprojekt bringt unter anderem durch Mehrsprachigkeit, Schnittstellen zu ERP-, CRM- oder PIM-Systemen sowie einen Projektkontext mit vielen beteiligten Agenturen schnell eine Komplexität mit, die sich nicht mehr in allen Details vor Projektbeginn durchleuchten lässt. Nicht selten entpuppt sich ein kleines, grafisch angedeutetes Detail in einem Layout-Entwurf später als komplexe Anforderung einer neuen Funktionalität, die in der Planung unberücksichtigt geblieben war.
Hinzu kommt, dass sich die Entwicklung komplexer Projekte unter Beteiligung vieler Stakeholder über Monate hinzieht und sich während dieses Zeitraumes Anforderungen aufgrund von Innovationen und Entwicklungen ändern. Die agile Arbeitsweise bringt unter diesen Umständen sehr viele Vorteile mit. Kurze Sprints statt einem mehrmonatigen Masterplan lassen Raum, auf Veränderungen und Unvorhersehbares zu reagieren. Dafür braucht es für ein Projekt vorher definierte Spielräume, klare Zielstellungen und konkrete Anforderungen.
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Agiles Anforderungsmanagement als Bindeglied
Die Lösung für den Spagat zwischen Flexibilität und Kalkulierbarkeit liegt im Anforderungsmanagement. In der Theorie der agilen Methodik übernimmt das Backlog diese Funktion. Alle neuen Anforderungen und Änderungswünsche werden darin laufend aufgenommen und bewertet. Ein Backlog ist jedoch kein geeignetes Instrument, um einen gemeinsamen Rahmen in einem Dienstleisterverhältnis für das gesamte Projekt abzustecken.
Es ist daher empfehlenswert, zusätzlich ein Lastenheft zu führen, um auch in agilen Zeiten einen Budget- und Zeitrahmen vorzugeben. Das Lastenheft ist dabei kein statisches Konstrukt, das akribisch verfolgt und umgesetzt werden muss, sondern dient dem Projektteam als roter Faden, an dem sich alle orientieren können. Der erfolgreiche Ablauf eines Projekts gelingt durch eine intensive Auftrags- und Kontextklärung sowie eine durchdachte Projektplanung. Agilität kommt durch eine enge Zusammenarbeit von Auftraggeber und Agentur über den gesamten Projektzeitraum hinzu.
Im besten Fall kommen bei der Arbeit digitale Projektmanagement-Tools zum Einsatz, in denen Lasten- und Pflichtenheft anders als früher nicht immer trennscharf abgegrenzt sind. Neue Anforderungen werden wöchentlich in das Lastenheft aufgenommen. Dadurch entsteht Verbindlichkeit, die jedem Projekt guttut. Das übergeordnete Projektziel ist schriftlich festgehalten, ebenso wie der Fixpunkt, an dem sich alle Projektbeteiligten immer wieder ausrichten können.
Die folgenden Tipps geben eine Hilfestellung, um diese Arbeitsweise umzusetzen.
4 Tipps für den Alltag
1. Das richtige Maß: Lastenheft als gemeinsame Arbeitsgrundlage
Es bewährt sich, das Lastenheft unter Beteiligung von Auftraggeber und Dienstleister gemeinsam auszuarbeiten – und das Projekt so weit wie nötig zu durchdenken. Das Projektteam der Agentur bringt Technologie- und Lösungskompetenz ein, während der Auftraggeber den Anwendungsfall und das Branchenwissen stets im Blick behält.
In dieser ersten Analysephase werden alle Anforderungen, die bereits sichtbar sind, festgehalten: Fachlich, funktional und visuell.
Festgehalten und dokumentiert wird so, dass sowohl Auftraggeber als auch die Entwickler die Anforderungen und Ziele verstehen. Dabei entstehen User-Stories mit der Frage im Vordergrund: Wer soll was mit welchem Nutzen tun? So stehen von Anfang an die Benutzer und der Nutzen des Projektes im Fokus.
2. Für die Lösungen ist der Dienstleister verantwortlich
Beschrieben wird im Lastenheft das Ziel der Anforderung – keine Lösung. Diese Lösungen werden durch die Entwickler unter Berücksichtigung aller Anforderungen ausgearbeitet. Kommt der Auftraggeber dennoch schon mit konkreten Lösungsvorschlägen, ist der Projektmanager gefragt, ihm das Gefühl, Lösungen mitbringen zu müssen, zu nehmen.
Wenn beispielsweise ein grüner Button auf der Website gewünscht wird, muss ein Schritt zurückgegangen werden. Zentral sind vielmehr die Fragen: Was soll dieser Button können? Welches Problem soll er lösen? Warum besteht der Eindruck, dass dieser Button grün sein sollte?
3. Agiles Anforderungsmanagement braucht das richtige Toolset
Die richtige Toolwelt sorgt für den notwendigen Überblick und die Ordnung im Projekt. Weit verbreitet ist die Kombination aus Jira und Confluence, wo Lasten- und Pflichtenheft ineinander übergehen. Lösungen und Projektetappen lassen sich darin einfach organisieren. Durch den Einsatz dieser Tools wird das Anforderungsmanagement zudem revisionssicher.
Volle Agilität entsteht dann, wenn auch jederzeit volle Transparenz herrscht. Das heißt, das Projektteam arbeitet unter vollem Einblick des Auftraggebers in den Tools, sodass alle jederzeit den gesamten Projektstand kennen.
4. Puffer für Änderungen offiziell einplanen
Bereits in der Anfangsphase ist zu definieren, wie mit Change-Requests umgegangen werden soll. Das heißt, wie auf neue Anforderungen oder Änderungen reagiert wird, die während des Projektverlaufs aufkommen. Im besten Fall sind von Anfang an Puffer kalkuliert, die ausreichend Spielraum bieten, damit das Projekt in entscheidenden Situationen tatsächlich agil bleiben kann und nicht durch Budget-Freigabeschleifen pausiert werden muss.
Fazit
Die Methodik des Projektmanagements muss immer zum Projekt passen. In der Regel will jedoch kein Auftraggeber Projekte im Blindflug starten – schon gar nicht in der Zusammenarbeit mit externen Dienstleistern und Agenturen. Deshalb empfiehlt sich ein hybrides Modell. Das geschilderte Verfahren aus Elementen des linearen Projektmanagements wie das Lastenheft sowie agilem Arbeiten schafft Verbindlichkeit und dennoch Flexibilität. So lassen sich auf dem Weg alle Projektteilnehmer mitnehmen und das Projekt wird zum Erfolg.
Soll das ein April Scherz sein? Agile ist eine Methode empirischen Projektmanagements. Es geht um build, measure, learn. Wie passt dazu ein Lastenheft? Das ist doch nur das iterative abarbeiten und zeigt im besten Fall, dass Planung den Zufall durch den Irrtum ersetzt. Im Agilen Vorgehen will man doch gerade angepasst auf ein Problem agieren. Es gilt eine Hypothese um ein Problem zu lösen, dann wird ein Produkt inkrement getestet und die Hypothese beurteilt. Davon ausgehend sollte der nächste Schritt erfolgen. Welchen Sinn macht agiles Vorgehen, wenn ein Lastenheft in den Köpfen verankert wird?