Duden Mentor ausprobiert: Schlägt das Lektorats-Urgestein Languagetool und Deepl Write?

Der Duden gilt als Referenzwerk für die deutsche Sprache, auch online. (Foto: Shutterstock / Postmodern Studio)
„Lektorieren: schwaches Verb, als Lektor, als Lektorin (ein Manuskript, Buch o. Ä.) prüfen, begutachten“. So kurz und knapp definiert der Duden die komplexe Aufgabe, einen Text so zu bearbeiten, dass er am Ende stilistisch rund, dramaturgisch schlüssig und auch fehlerfrei ist.
Es geht also um mehr als nur richtige Kommasetzung oder das Verbessern von falsch geschriebenen Wörtern. Einen entsprechend hohen Anspruch sollte man also auch an Tools anlegen, die sich damit brüsten, Stilexperten zu sein.
Ein solches Tool ist etwa der Duden Mentor, der seit 2019 am Netz ist und seit 2022 wie das physische Wörterbuch zum Cornelsen Verlag gehört. Gab es früher noch vergleichsweise wenig Konkurrenz wie Grammarly für englischsprachige Texte, haben sich mittlerweile eine Handvoll Anwendungen auch im deutschen Raum etabliert.
Zu den bekanntesten dürften Languagetool, das 2003 als Open-Source-Projekt gestartet wurde und mittlerweile zur Lernplattform Learneo gehört, und Deepl Write, das zweite Produkt des Kölner Startups Deepl nach dem gleichnamigen KI-Übersetzungs-Tool, gehören. Wir haben die drei Tools gegeneinander ins Rennen geschickt – mit durchwachsenen Ergebnissen.
Um Vergleichbarkeit zu garantieren, haben wir die ersten Absätze unseres von uns vorkorrigierten t3n-Texts zu Microsofts Xbox-Plänen in die jeweiligen Web-Anwendungen eingespeist.
Beim Duden Mentor haben wir zusätzlich den klassischen und den KI-Modus getestet. Auf etwa 1.800 Zeichen hat Duden Mentor 26, Languagetool sieben und Deepl Write gar keine konkreten Fehler beanstandet. Aber wie sehen die Verbesserungsvorschläge im Detail aus?
Duden Mentor achtet stark auf lange Sätze und Dopplungen
Direkt auffällig beim deutschen Urgestein: Mit Rechtschreibung und Grammatik des Probetexts hat Duden Mentor im Klassik-Modus weniger Probleme. Die sechs beanstandeten Begriffe, als Unterscheidung zu Stil-Fauxpas gelb statt lila unterstrichen, sind hauptsächlich Firmennamen und ein vermeintlich falsches Apostroph, das aber ebenso zum Namen der genannten Marke gehört. Wie auch bei den anderen Tools lassen sich bestimmte Begriffe nach Registrierung in einem eigenen Wörterbuch abspeichern.
Ein gutes Feature, das der Anbindung an den Duden-Korpus zu verdanken ist, sind die detaillierten Erklärungen zu möglichen Fehlern, beispielsweise wie Apostrophe in anderen Sprachen genutzt werden und wann er auch im Deutschen immer passt.
Neuere sprachliche Entwicklungen erkennt der Duden Mentor ebenfalls in Teilen, beispielsweise die für gegenderte Sprache genutzten Doppelpunkte oder Sternchen im Wortkontext.
Was nicht immer klappt: Die korrekte Erkennung von Kommas, bei der Duden Mentor wie bei der Erkennung von Groß- und Kleinschreibung auf KI-Unterstützung zurückgreift und dabei auch gerne mal Fehler produziert.
Bei einem eingeschobenen Nebensatz will Duden Mentor beispielsweise ein nötiges Komma streichen. Immerhin weist ein Disclaimer darauf hin, dass der Vorschlag nicht hundertprozentig korrekt sein muss. Von ähnlichen Problemen berichten auch Nutzer:innen der Word-Integration des Tools in Bewertungen im Microsoft-Store.
Die meisten Stilvorschläge beziehen sich auf Wortdopplungen. Kommt beispielsweise dreimal der Begriff „rund“ in einem Absatz vor, geht das dem Duden Mentor gegen den Strich.
Mit einem Doppelklick lassen sich Synonyme abrufen, die auch mal unfreiwillig komisch wirken. Statt „rund“ schlägt das Tool unter anderem „zirkular“, „wohlgenährt“ oder „fix und fertig“ vor – dankbarer Weise aber mit der entsprechenden Einordnung in umgangssprachlich, gehoben oder Fachsprache.
KI-Korrektur von Duden Mentor kaum zu gebrauchen
Die auf Microsoft-Servern laufende und auf ChatGPT basierende KI-Integration von Duden Mentor wirkt im Vergleich zum akribischen Basis-Tool eher wie schmückendes Beiwerk. Im reinen Korrekturmodus wird kein einziger Fehler erkannt, auch stilistische Mängel wie Wortdopplungen lässt der KI-Assistent zum Testzeitpunkt durchgehen.
Das Umschreiben von Texten ist Geschmackssache und funktioniert leidlich gut, ist allerdings KI-Chatbots unterlegen und erlaubt nur, den Text in einfacher oder formeller Sprache sowie im selben Stil umzuarbeiten.
Was auch zu beachten ist: Die hier eingegebenen Texte werden im Vergleich zum Basis-Tool vier Wochen serverseitig gespeichert. Auf Anfrage von t3n gibt Duden-Pressesprecherin Nicole Weiffen an, dass die Texte nicht zum Training von Sprachmodellen, weder externen noch internen, genutzt werden.
Duden Mentor erlaubt übrigens in der Gratis-Version nur die Überprüfung von 500 Zeichen Text und prüft lediglich Rechtschreibung und Grammatik. Die Premiumvariante gibt es ab 7,95 Euro pro Monat und inkludiert die Synonymdatenbank sowie offizielle Erweiterungen für Firefox, Edge, Chrome und Word.
Languagetool hat kein Problem mit langen Sätzen
Selbst im akribischen Modus nimmt die Premium-Variante von Languagetool den Lektoratsjob deutlich lockerer als Duden Mentor. Zwar findet es dieselben „falsch“ geschriebenen Marken- oder Firmennamen, abgesehen davon bleiben Korrekturvorschläge zu Stil und Textfluss oder weitere Erklärungen trotz KI-Unterstützung aus.
Mit Gendersternchen oder Doppelpunkten hat das Tool ebenfalls seine Probleme. Die mit Doppelklick auf das entsprechende Wort abrufbaren Synonyme sind dafür ähnlich umfangreich wie beim Duden.
Die Umschreibe-Vorschläge, die Languagetool ebenfalls nach einem Doppelklick auf einen Begriff auflistet, sind eher durchwachsen, fühlen sich leicht holprig an und sind manchmal einfach falsch.
Aus „Dafür drängen sich jetzt neue Fragen auf: Was passiert in der zehnten Konsolengeneration und verändert sich auch Microsofts Taktik im Gaming-Segment?“ etwa „Es stellen sich jetzt neue Fragen, wie sich Microsofts Taktik im Gaming-Segment verändert?“ zu machen, passt schlichtweg nicht.
Was die Datensparsamkeit angeht, fährt Languagetool einen ähnlichen Kurs wie Duden Mentor, nutzt die Eingaben aber laut eigener Angabe explizit nicht zum Training von Sprachmodellen oder Algorithmen.
Die Basis-Version von Languagetool ist ähnlich stark beschnitten wie die des Duden Mentor. Dafür startet die Deluxe-Variante, die unter anderem Füllwörter und Dopplungen erkennen soll, bei 4,99 Euro pro Monat. In unserem Test schlug diese Erkennung allerdings fehl.
Deepl Write lässt Nutzer:innen im Unklaren
Am schwächsten hinsichtlich der Korrektur von Grammatik und Rechtschreibung ist Deepl Write. Gedankenstriche werden fälschlicherweise zu einem Minus korrigiert, Wortdopplungen und lange Sätze interessieren das Tool auch nicht wirklich. Die klare Stärke des Tools ist das Umschreiben und Umformulieren nach bestimmten Vorgaben.

Deepl Write setzt fast ausschließlich auf Umformulieren. (Screenshot: t3n / Deepl)
Gibt es beim Duden Mentor nur begrenzte und bei Languagetool gar keine Einstellmöglichkeiten, lassen sich bei Deepl Write Stil, Ton und Anrede einstellen und das Textergebnis damit deutlich besser feinjustieren als bei den anderen beiden Programmen.
Dafür erklärt Deepl Write nicht, warum es welche Änderungen vornimmt, markiert diese aber immerhin auf Wunsch. Transparenz geht allerdings anders.
Deepl Write ist in der Basis-Version kostenlos, ein Starter-Paket gibt es ab 7,49 Euro pro Monat. Pikantes Detail: Wenn die Gratis-Web-Version des Tools genutzt wird, werden eingegebene Texte und angenommene Korrekturen laut Datenschutzvereinbarung zum Modelltraining genutzt. Schließt man ein Abo ab, werden die Texte wieder gelöscht und explizit nicht als Trainingsdaten verwendet.
KI-Tools sind keine perfekten Lektor:innen
Im Test zeigt sich, dass sich Duden Mentor gegen modernere Kollegen behaupten kann. Aber auch nur, weil jedes Tool andere Schwerpunkte setzt.
Beim Duden geht es um Stil und Lesbarkeit, bei Languagetool um konservativere Basisarbeit und bei Deepl Write um Umarbeitung für bestimmte Zielgruppen. Wer den perfekten Text lesen will, muss also entweder mehrere Tools benutzen – oder gleich einen menschlichen Profi engagieren.