Top Soft Skills: 3 wichtige Fähigkeiten für die Arbeit der Zukunft
Ein nachhaltiges Produkt entwickeln ist der heilige Gral der Startup-Szene. Nachhaltigkeit kann in diesem Fall bedeuten, dass das Produkt Ressourcen schont – muss es aber nicht. Nachhaltigkeit kann sich auch auf die Shareholder:innen beziehen: Sie wollen etwas erschaffen, von dem sie nachhaltig leben wollen. Und der Begriff ist interessant. Denn wenn es etwas gibt, von dem Menschen nachhaltig leben können, dann sind es ihre eigenen Fähigkeiten.
Menschen wollen etwas erschaffen. Das treibt die Wirtschaft voran und erfindet die Gesellschaft immer wieder neu – und im Idealfall bezahlt es die Miete. Und schauen wir uns den ersten Satz dieses Absatzes in englischer Sprache an, wird es noch schöner: Humans want to create. Damit sind wir schon sehr nah an Creativity. Seit der Zeit der Aufklärung im 18. Jahrhundert beziehen wir diesen Begriff auf Menschen (vorher ging es dabei eher um die Kreation eines Gottes).
Heute meinen wir mit Kreativität häufig die Kunst, zunehmend aber auch die Fähigkeit, Probleme zu lösen. Und das Problem, vor dem wir alle stehen, heißt VUCA: Volatility, Uncertainty, Complexity, Ambiguity. Die Welt verändert sich so schnell, dass unsere Lösungen von heute morgen vielleicht schon nutzlos sind.
Wie willst du morgen sein?
Denke ich über diese Themen nach, spricht die zwölf Jahre alte Isabell in meinem Kopf mit Grabesstimme: „Gleich wird Schluss sein, doch – es muss sein.“ Sie sitzt im Klassenraum mit anderen Kindern und hat dieses Gedicht auswendig gelernt. Niemand hat ihr gesagt, wie man Sachen auswendig lernt, aber für die „Messer-Ballade“ von Thomas Burger hat es gereicht. Bis zum ersten Semester ihres Masterstudiums wird sie nicht kapiert haben, wie man sich Dinge wirklich merkt, aber das Gedicht … nun, 25 Jahre später sitzt diese eine Zeile noch immer.
Kommen wir lieber zu den – nachhaltig – nützlichen Fähigkeiten und Eigenschaften. Über die haben sich die Unternehmerin Gabriella Rosen Kellerman und der Psychologe Martin Seligman Gedanken gemacht. Seligman hat die Psychologie im 20. Jahrhundert entscheidend verändert, Rosen Kellerman ist Mitglied der Geschäftsführung der Coaching-Plattform Betterup und hat ebenfalls einen Forschungshintergrund. Sie haben in ihrem gleichnamigen Buch den „Tomorrowmind“ (Ariston Verlag) skizziert: Wie müssen Menschen mental drauf sein, um in der Wirtschaft von morgen zu bestehen? Das sind ihre Faktoren:
- Voraussicht
- Resilienz
- Innovation und Kreativität
- Sozialer Support und die Fähigkeit, schnell Vertrauen aufzubauen
- Sinn finden
Wir sehen: Das sind sehr grundlegende Eigenschaften. Hier ist nicht die Rede von: Lern diese Programmiersprache. Oder: Sei tech-positive. (Notiz: Seid bitte tech-positive und wenn ihr Zeit habt, lernt die Programmiersprache doch einfach.) Rosen Kellerman und Seligman haben sich vielmehr damit beschäftigt, was uns zu Menschen macht, die in einer sich wandelnden Welt gut zurechtkommen. Die ersten drei Faktoren sind besonders interessant, weil sie trainierter sind.
1. Voraussicht
Prospektion bezeichnen die beiden als „Superkraft des 21. Jahrhunderts“. Konkret geht es darum, Dinge kommen zu sehen. Das ist grundsätzlich eher schwierig. Die Alltagserfahrung lehrt, dass Menschen Dinge erst dann haben kommen sehen, wenn sie schon passiert sind. Meist liegt das daran, dass sie einen kurzen Gedanken in die richtige Richtung hatten, der dann aber flott vorbeizog. Als der Gedanke Realität wurde, machten sie ihn sich zu eigen, zu spät, aber doch irgendwie voraussichtig.
Rosen Kellerman und Seligman schlagen als Trainingsprogramm für die Voraussicht vor, sich mit (möglichen) Auswirkungen einer Handlung aktiver zu beschäftigen. Diese Übung hat auch den Vorteil, dass Fehler in der Erwartungsbildung offensichtlicher werden.
2. Resilienz
Geistige Widerstandsfähigkeit ist wertvoll, weil sie uns davon abhält, uns nach einem harten Tag selbst fertigzumachen. Zur Resilienz gehören vor allem:
- Geistige Beweglichkeit
- Emotionsregulation
- Selbstmitgefühl
- Optimismus
- Selbstwirksamkeit
Wir sehen: Das klingt alles sehr positiv. Resiliente Menschen neigen nicht zu einem als Realismus getarnten Pessimismus. Sie sehen die Welt positiver und können mit sich selbst umgehen, wenn sie danebenliegen.
3. Kreativität
Kreative Menschen suchen nach Neuem und halten dabei Unsicherheit aus, schreiben die Autor:innen. Wer Kreativität trainieren will, der sollte das nicht am Schreibtisch tun. Rosen Kellerman und Seligman raten:
- auf einer Party Fremde anzusprechen,
- im Alltag andere Routen zu wählen,
- in einer Buchhandlung zu stöbern
- und sich mit fachfremden Themen zu beschäftigen.
Kreativität und Selbstwirksamkeit hängen eng zusammen. Wer in seinem Team kreative Impulse fördert, der stärkt die Menschen damit.
Nachhaltige persönliche Fähigkeiten wie diese erlauben es, dann das eigene Auskommen zu sichern, wenn sich die Welt von Wirtschaft und Arbeit vollständig verändert hat. Und das wird sie. Schon jetzt sehen wir die Auswirkungen von künstlicher Intelligenz. Und die Veränderungen durch Covid-19 waren noch viel weniger vorhersehbar. Und wer sich in der Welt zurechtfindet, der kann sie auch formen – und es damit Menschen leichter machen, denen einige der wichtigen Fähigkeiten der Zukunft noch fehlen.