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Traut euch, unperfekt zu sein!

Wir Deutschen sind gern Perfektionisten. Wieso das nicht immer perfekt ist, erklären wir in unserer Kolumne „Transform or die“.

Von Christiane Brandes-Visbeck
3 Min. Lesezeit
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(Foto: Shutterstock / patpitchaya)

Das Land, das sich mit hochwertigen Produkten „Made in Germany“ international einen Top-Ruf erwirtschaftet hat, fremdelt mit den Begriffen wie „Fehler“, „Fehlerkultur“ und „Scheitern“ – dieses Phänomen erlebe ich sogar bei Innovatoren. Denn in einer Kultur der hundertprozentigen Präzision schwächen „Fehler“ unsere Leistung – und beschädigen unseren Ruf.

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Und doch. In Zeiten der digitalen Revolution, in der extreme Politiker und Aktivisten die große Verunsicherung in der Gesellschaft für ihre Zwecke ausnutzen, müssen wir gewohnte Wege verlassen und Neues ausprobieren. Dafür sind Umdenken und Perspektivwechsel wichtigste Voraussetzungen.

Vielleicht fällt uns das Konzept vom Umdenken leichter, wenn wir uns mit der Hirnforschung beschäftigen. Wissenschaftler wissen, dass Fehler nichts anderes sind als eine Variante der Norm. Die Norm ist das, was wir als „richtig“ ansehen, das, worauf wir uns in unseren Familien, bei der Arbeit oder in der Gesellschaft verabredet haben. Doch das Gehirn ist kein perfektes Organ. Seine Leistung besteht darin, möglichst viele Eindrücke zu verarbeiten und Anreize zu geben, die uns zum Machen motivieren. Dem Gehirn ist leistungsorientiert. Es verarbeitet Impulse. Dabei ist es ihm sozusagen egal, ob es Informationen richtig – im Sinne unserer Verabredungen – verarbeitet oder nicht. Hauptsache, es verarbeitet überhaupt etwas. So kann es passieren, dass wir uns irren, uns etwas nicht richtig merken können oder sogar komplett vergessen.

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„Live with it!“

Unser Gehirn produziert damit sozusagen per Zufall Verhaltensweisen, die von der Norm abweichen: Wir verlegen Schlüssel, reagieren unangemessen auf eine bestimmte Situation oder treffen Entscheidungen, die sich im Nachhinein als Fehlentscheidungen herausstellen. Wir finden das peinlich, unser Gehirn sagt uns eher „Live with it!“. So wurden durch Irrtümer in der Forschung Produkte wie Teflon, Post-its oder Viagra entwickelt. Fehler ermöglichen Evolution. Fehler sind die notwendige Voraussetzung für Innovation.

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Innovation-Labs, Startup-Inkubatoren und Hackathons sind wirtschaftlich geprägte Umgebungen, in denen eine sogenannte „positive Fehlerkultur“ gelebt wird. Positiv, weil sie vom Prinzip des Trial-and-Error leben. „Versuch macht kluch“, sagte schon der Volksmund. In der Startup-Welt gilt die Devise: „Fail Early. Fail Often. Recover Fast“. Lasst Fehler zu, korrigiert sie schnell, lernt aus ihnen und feiert die Tatsache, dass ihr euch traut, unperfekt zu sein.

Wenn ihr auch innovativ sein und eine positive Fehlerkultur leben wollt, dann helfen euch diese fünf Thesen:

  1. Nobody is perfect. In unserer Kultur dürfen Fehler gemacht werden. Niemand wird für einen Fehler bestraft. Keiner muss Angst davor haben, als Petze verschrien zu werden. Wenn ein Fehler passiert, übernimmt der Verursacher die Verantwortung und sucht mit Unterstützung von anderen eine Lösung, um ihn wiedergutzumachen.
  2. Aus Fehlern lernen. Immer denselben Fehler zu machen entspricht nicht der Philosophie einer positiven Fehlerkultur. Die Idee ist, dass wir aus unseren Fehlern lernen und Konsequenzen ziehen. Also selbst dazulernen, einen fehleranfälligen Prozess optimieren oder mit einer Entscheidungslogik wie der Effectuation zu arbeiten, die es uns ermöglicht, auch in ambiguen, volatilen Zeiten plausible Entscheidungen zu fällen – ohne die berühmte Kristallkugel zu bemühen.
  3. Fehler feiern. Oft geben wir – sogar in innovativen Umgebungen – ungern zu, dass wir uns mit unserer Projektidee verrannt haben, dass sie nicht funktionieren kann. Um uns den Abschied von einer „tollen“ Idee zu erleichtern, können wir den „Fehler des Monats“ oder den „Todestag der gescheiterten Projekte“ feiern. Denn „Kill Your Darlings“ funktioniert nur dann, wenn wir uns Raum zum Abschied geben und den Schmerz zulassen. In diesem Sinne: Feiern wir den Mut, zu unseren eigenen Fehlern zu stehen.
  4. Aufstehen. Krone richten. Weitermachen. Die Abschiedsfeier macht den Kopf frei für neue Ideen. Dann habt ihr genügend Energie für Neues. Weil ihr nicht immer darüber nachdenken müsst, wie peinlich der Fehler war oder wie ihr den Imageverlust wieder gut machen könnt. Dieses Denken muss man üben. Kulturelle Veränderungen brauchen oft Jahre, bis sie in Unternehmen gelebt werden. Sie funktionieren dann besonders gut, wenn sie von allen – vom Azubi bis in die Chefetage – offen und ehrlich gelebt werden.
  5. Redet drüber. Die Digitalisierung ermöglicht es uns, uns mit ganz unterschiedlichen Menschen virtuell zu vernetzten. Findet Menschen in anderen Unternehmen, die auch eine positive Fehlerkultur leben, und tauscht euch aus. Inspiriert euch gegenseitig bei euren Leaning-Journeys. Postet eure Erlebnisse in den sozialen Medien oder schreibt uns über eure Erfahrungen.
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