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Interview

Treatwell-Gründer schießt IoT-Satelliten ins All

Laurens Groenendijk hat mit E-Commerce-Startups wie Treatwell und Just Eat ein Vermögen verdient. Jetzt will er mit Satelliten ein neues Netzwerk für ein weltweites Internet of Things aufspannen. Wir haben mit dem Ausnahmegründer vor seinem ersten Raketenstart gesprochen.

Von Jan Vollmer
5 Min.
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Laurens Groenendijks Startup Hiber will entlegene Ort wie diese Forschungsstation auf Spitzbergen an ein neues Netz anschließen. (Bild: Hiber)

Dafür, dass er in ein paar Tagen eine SpaceX-Rakete mit seinem ersten Satelliten ins All schießen will, wirkt Laurens Groenendijk ziemlich entspannt. „Wir haben uns gedacht, wir schicken lieber gleich zwei Satelliten los, einen aus Kalifornien und einen vom Satish Dhawan Space Centre in Sriharikota, Indien, falls etwas schief geht“, erklärt Laurens ein paar Tage vor dem geplanten Start gut gelaunt in einem Video-Call.

Das Management-Team von Hiber mit Treatwell-Gründer Laurens Groenendijk in der Mitte. (Foto: Hiber)

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Und es klingt so, als hätte er eigentlich nie etwas anderes gemacht: „Unsere Satelliten sind ungefähr so groß wie Schuhkartons und wiegen acht Kilo. Ein Kilo Fracht kostet so 60.000 bis 70.000 US-Dollar. Kannst dir ausrechnen, was das zusammen kosten könnte“, erzählt er. Das hat er mit dem SpaceX-Gründer, den er nur „Elon“ nennt, gemeinsam – es geht nicht darum, das Weltraum-Rad neu zu erfinden. Es geht darum, es billiger zu machen und endlich ins Rollen zu bringen. Der Slogan von Laurens Groenendijks Startup Hiber lautet „Low cost, low power IoT-connectivity“. Aber dann gibt es erstmal einen Fehlschlag.

Eigentlich sollte die erste Rakete mit SpaceX von der Vandenberg Air Force Base starten. Kurz nach dem Interview wurde dieser Start wegen unerwarteter Höhenwinde verschoben. Statt dessen hat jetzt die planmäßig in Indien gestartete Rakete seinen ersten Satelliten ins All befördert.

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Link zum Raketenstart in Indien

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Das Netzwerk, dass Groenendijk mit den Satelliten aufspannen will, nennt er Hiber-Band. Sein Plan ist es, mit den schuhkartongroßen Satelliten Netzabdeckung an Orten der Welt zu schaffen, die er in Sachen Netzwerk für unterversorgt hält: in Wüsten, auf dem Meer, im Dschungel und in der Arktis. Es geht dabei aber nicht um 4G, sondern um gerade genug Datenvolumen, um an diesen abgelegenen Orten der Welt das Internet of Things zu ermöglichen.

Die Verbindung wird dabei auch alles andere als schnell sein: Die ersten Satelliten umkreisen die Erde ungefähr 16 Mal am Tag. Immer wenn einer der Satelliten an einem IoT-Gerät vorbeifliegt, das mit einem Hiber-Modem verknüpft ist, sammelt er Daten auf und gibt sie an eine der Bodenstationen weiter. Für den Netflix-Stream wird das nicht ganz reichen. Aber die British Antarctic Survey will damit ihre Messdaten von entfernten Messstationen ohne Satellitenkommunikation nach Hause senden.

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Irgendwie wirkt Groenendijks Startup Hiber mit dem Projekt „Netzabdeckung“ seltsam aus der Zeit gefallen: Einerseits hat man das Gefühl, es gibt ja schon überall Netz.  Andererseits klingt ein Startup mit eigenen Kommunikationssatelliten schon sehr … spacig.

t3n: Du willst mit Hiber ein Satellitennetzwerk für Kommunikation aufmachen. Aber es gibt doch eigentlich schon überall mehr oder weniger Netz oder nicht?

Laurens Groenendijk: Geht so. Eigentlich hast du nur auf zehn Prozent der Erdoberfläche eine gute Netzabdeckung. Das fällt nur nicht so auf, weil Menschen meistens da herumhängen, wo auch andere Menschen sind. Unsere Mobilfunknetze sind eher für Ballungszentren optimiert, nicht für Flächen. Europa ist zwar recht dicht besiedelt, aber selbst da gibt es weiße Flecken. Das merkst du, wenn du auf der Autobahn in Funklöcher fährst.

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t3n: Man fährt rein, und fährt wieder raus.

Ja, für Menschen ist das meist nicht so schlimm, sie bewegen sich ja. Aber so eine Messstation kann nicht einfach ein bisschen rumfahren, bis sie wieder Empfang hat. Ganz zu schweigen von anderen Orten der Erde: In amerikanischen Wüsten gibt es keine Abdeckung, auf dem Meer, selbst in Australien sind nur fünf Prozent wirklich abgedeckt.“

t3n: Aber gibt’s dafür denn nicht Satellitentelefone?

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Ja, die funktionieren überall. Aber die sind sauteuer und brauchen viel Energie.

So sehen die schuhkartongroßen Satelliten aus, die Hiber ins all schießen will. (Bild: Hiber)

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t3n: Was würde mich das kosten, wenn ich eine Messstation in, sagen wir, Brandenburg aufstellen wollte und Daten per Satellit nach Berlin schicken?

Das Modem an sich soll ziemlich günstig werden. Der Rest hängt natürlich von deinem Abo ab. Aber für 50 Cent im Monat kriegst du schon eine Nachricht pro Tag raus. Das sind dann 144 Bit, also ungefähr die Größer einer Textnachricht oder eines Tweets.

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t3n: 144 Bit klingt auf den ersten Blick nicht so überwältigend. Was kann man damit denn anstellen?

Eine ganze Menge: GPS-Koordinaten, Daten über ein Gerät … Wenn ein Gastank anzeigen will, wie voll er noch ist, reicht eine Nummer zwischen null und 100. Sowas passt locker in 144 Bit.

t3n: In einem eurer Pilotprojekte wollt ihr Tausende kleine indonesische Fischerboote mit dem IoT verbinden, damit die indonesische Regierung einen Überblick bekommt, wer eigentlich wo fischt. Auch ein SOS-Signal könnten die Boote mit dem Hiber-Modem senden. Wie viele Kunden habt ihr sonst noch so an Land gezogen?

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25 sind es am Anfang insgesamt. Und um die 60 stehen auf der Warteliste. In zwei Jahren wollen wir ungefähr 24 Satelliten im Umlauf haben. Wir arbeiten auch mit ein paar Großen zusammen, wie zum Beispiel Amazon Web Services und IBM Watson, damit die Daten in bestehende Cloud-Dienste integriert werden können.

t3n: Und wie funktioniert das technisch? Ich verbinde einfach einen Sensor für, sagen wir, Temperatur oder Feuchtigkeit mit einem Raspberry Pi und schließe den an das Hiber-Modem an und fertig ist die Laube?

Ja, ungefähr so.

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t3n: Wie kamst du eigentlich dazu, nach der Beauty-Plattform Treatwell und Just Eat ein Space-Startup aufzumachen?

Tja. Nachdem wir Treatwell an die Japaner verkauft hatten, wollten wir was mit dem Weltraum machen. „Das ist wirklich cool“, dachten wir‚ „das kann das neue Internet werden.“ Ich wollte mit meinen Partnern eigentlich eine Firma aufkaufen, wir hatten das Geld schon auf einem Konto zusammen. Im letzten Moment ist der Deal geplatzt. Und da kam einer meiner Co-Founder mit diesem IoT-Ding um die Ecke.

t3n: Und dann habt ihr, ohne großes Vorwissen, einfach mal damit angefangen?

Das ging verdammt schnell. Wir wollten dieselbe Geschwindigkeit, die wir bei Internet-Startups hatten, auch bei dem Projekt. Und in zwei Jahren haben wir das Projekt hochgezogen.

t3n: Wow. In zwei Jahren vom einem geplatzten Deal zu einem Satellitenstart ist nicht schlecht. Wo hattet ihr das Wissen dafür her?

Wir mussten einfach schnell lernen. Wenn dich Leute was fragen, und du sagst einfach mal Ja, kommst du in interessante Situationen. (Lacht) Aber dann musst du natürlich auch einen ordentlichen Sprung nach vorn machen und liefern. Da gibt’s dann keine andere Option mehr.

t3n: Aber man liest sich ja nicht von heute auf morgen ein, mit wie viel Geschwindigkeit ein Satellit in welche Umlaufbahn muss.

Wir haben natürlich auch die richtigen Leute eingestellt, mit viel Erfahrung. Leute, die gewohnt sind, Hardware für den Weltraum zu entwerfen. Und wir arbeiten mit der europäischen Raumfahrtbehörde Esa zusammen. Aber wir haben darauf geachtet, dass es kein zu konservatives Raumfahrtunternehmen wird. Wir wollten da auch Startup-Geist drin haben.

t3n: Okay. Viel Glück mit dem Launch. Danke für das Gespräch!

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