Tür zu! Warum du als Führungskraft nicht immer ansprechbar sein musst

„Meine Tür steht immer offen.“ Ein Großteil der Vorgesetzten hält das für einen elementaren Grundsatz des modernen Führungsstils. Man wolle für seine Mitarbeiter da – und jederzeit ansprechbar sein. Mitarbeiterorientierung sei das A und O heutzutage. „Das ist ja gut gemeint, aber so umgesetzt überhaupt nicht sinnvoll“, ist Geschäftsführer-Coach Bernd Geropp überzeugt. „Wir sollten uns nicht von anderen Personen unterbrechen lassen – nicht von Freunden und auch nicht von Mitarbeitern“, rät Geropp in seinem Blogbeitrag.
Nur 11 Minuten?
Ständig verfügbar zu sein, bedeutet, die eigene Tätigkeit zu unterbrechen, beispielsweise weil ein Mitarbeiter anruft oder jemand ins Büro kommt, um eine Unterschrift zu bekommen. Meist seien es zwar nur kurze Ablenkungen, doch bei jeder Störung müsse man den eigenen Arbeitsfluss unterbrechen. Nehme man die vorherige Tätigkeit dann wieder auf, vergehen zunächst einige Minuten, bis man die Arbeit wieder konzentriert fortsetzen könne. Dieses scheibchenweise Arbeiten ist hochgradig ineffizient und stressig. Gemäß einer Untersuchung habe ein Büroarbeiter nur elf Minuten zur Verfügung, in denen er sich ohne Unterbrechung einer Aufgabe widmen könne. „Wie sieht die Effizienz dann erst bei Führungskräften aus, die für ihre Mitarbeiter ständig ansprechbar sind“, so Geropp. Dabei habe es der Chef in der Hand: Im Gegensatz zu Sachbearbeitern könne er sich viel leichter gegen die meisten Unterbrechungen abschotten. „Schalte alle automatischen Benachrichtigungen auf dem Handy und das E-Mail-Programm auf dem Rechner aus. Fahre dein E-Mail-Programm nur dann hoch, wenn du deine E-Mails bearbeiten willst – und das solltest du nicht öfter als drei bis vier Mal am Tag tun“, empfiehlt Geropp.
Erreichbar statt ansprechbar
„Aber ich muss doch für meine Leute erreichbar sein“, so der Einwand vieler Führungskräfte. „Stimmt“, gibt Geropp zu. Doch hier bestehe ein handfestes Missverständnis. Erreichbar bedeute eben nicht, stets ansprechbar zu sein. Erreichbar sei man bereits, wenn man jederzeit eine Nachricht hinterlassen könne, sei es per E-Mail, auf der Mailbox oder bei der Sekretärin. „Die Antwort auf die Nachricht erfolgt, sobald die Führungskraft wieder verfügbar ist.“ Bei dieser Art der Kommunikation entscheide die Person selbst, wann sie ihre Mails liest oder wann sie die Nachricht auf der Mailbox beantwortet“, erklärt Geropp den Vorteil der sogenannten asynchronen Kommunikation. „Wenn jemand von mir erwartet, dass ich auf E-Mails sofort reagiere, dann ist das sein Problem, nicht meins“, so Geropp. Das Medium E-Mail sei schließlich nicht für sofortiges Lesen und Antworten gemacht. Anders sähe es aus bei einem Telefonat. Diese Kommunikationsart bezeichne man als synchron. „Sobald dich jemand anruft und du den Hörer abnimmst, dann musst du kommunizieren. Sofort“, erklärt Geropp den Unterschied. Das Gleiche gelte auch für das persönliche Gespräch. Sobald man zulasse, in ein Gespräch verwickelt zu werden, sei man hinsichtlich der Antwortzeiten fremdbestimmt.
Vereinbare Termine!
Und jetzt? Sollst du keine Telefonate mehr annehmen und persönliche Gespräche vermeiden? „Nein, natürlich nicht“, beruhigt Geropp. „Aber wenn du möglichst selbstbestimmt agieren willst, dann vereinbare für Telefonate und persönliche Gespräche Termine, anstatt sie ad hoc zu führen. Das heißt nicht, dass sich Führungskräfte einigeln sollen. Natürlich könne man in der Kaffeepause ein Schwätzchen mit den Mitarbeitern halten. Das sei sogar ganz entscheidend. Schließlich müsse die Führungskraft wissen, was in ihrem Bereich läuft. Sie müsse darauf achten, dass Kritik der Mitarbeiter tatsächlich bei ihr ankommt. Eine passive Erreichbarkeit nach dem Motto: „Meine Bürotür steht für meine Mitarbeiter immer offen“ helfe hier nicht weiter. „Den Kontakt zu den Mitarbeitern sollte die Führungskraft aktiv pflegen“, empfiehlt Geropp. „Plane regelmäßige Rundgänge ein, um mit den Mitarbeitern ins Gespräch zu kommen.“ Damit schlage die Führungskraft zwei Fliegen mit einer Klappe: „Sie entscheidet nicht nur selbst, wann sie ihre Arbeit unterbricht“, so Geropp. „Mitarbeiter sind auch sehr viel offener, wenn die Führungskraft auf sie zugeht, als umgekehrt.“ Ob man das ein Mal pro Woche oder ein Mal pro Monat mache, sei nicht so wichtig. Entscheidend sei, es regelmäßig zu tun. Dabei solle die Führungskraft vor allem zuhören. „Vermeide, in solchen Umgebungen Entscheidungen zu treffen“, empfiehlt Geropp. Was aber, wenn der Mitarbeiter schnelle Entscheidungen braucht, um arbeitsfähig zu sein? Müsse man dann nicht ad hoc reagieren? „Die meisten operativen, dringenden Arbeiten sollten von den Mitarbeitern selbst erledigt werden“, rät Geropp zur Delegation. „Und dazu muss man sie auch mit der notwendigen Entscheidungsfreiheit ausstatten.“
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