
Amazon ist einer der Profiteure der Coronakrise, aber zuletzt ist die Kritik lauter geworden – vor allem, was die Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter in den Lagerhäusern angeht. In den USA gab es Streiks. Ein französisches Gericht urteilte, Amazon sei in der Coronakrise den Verpflichtungen, seine Mitarbeiter zu schützen, nicht ausreichend nachgekommen. Amazon reagierte derweil (auch) mit Kündigungen für Kritiker in den eigenen Reihen. Ein hochrangiger Mitarbeiter zog daraus jetzt seine Konsequenzen.
Amazon-Vice-President Bray geht
Tim Bray, XML-Miterfinder und Vice-President bei Amazons Clouddienst AWS hat seinen Job nach fünf Jahren und fünf Monaten gekündigt. Dabei sei es der beste Job gewesen, den er je gehabt habe, so Bray in einem umfangreichen Blogeintrag mit dem Titel „Bye, Amazon“. Als Grund dafür gab Bray an, bestürzt gewesen zu sein, als er erfahren habe, dass sein Arbeitgeber Whistleblower, die die Ängste der Lagerhaus-Mitarbeiter vor Covid-19 öffentlich gemacht hatten, gefeuert habe.
Stein des Anstoßes dürfte der Rauschmiss der Entwicklerinnen Emily Cunningham und Maren Costa gewesen sein, die Kritik an dem Umgang mit den Arbeitern in den Lagerhäusern geübt hatten. Amazon hatte zuvor erklärt, Cunningham und Costa wegen wiederholter Verstöße gegen interne Regeln rausgeschmissen zu haben. Wie übrigens Bray auch gehörten Cunningham und Costa zu den Kritikern an Amazons fehlenden Anstrengungen bei der Bekämpfung des Klimawandels. Im April 2019 hatten rund 8.700 Amazon-Angestellte, darunter die drei oben Genannten, einen offenen Brief an Amazon-Boss Jeff Bezos und den Verwaltungsrat des Konzerns unterzeichnet und darin einen Klimaplan gefordert.
Bray verzichtet auf 1 Million Dollar
Bray, so lässt er in seinem Blogeintrag wissen, habe den Schlussstrich gezogen, weil er anderenfalls als Vice-President für Aktionen, die er eigentlich verachte, mitverantwortlich gewesen wäre. Bray verzichtet mit seiner Kündigung eigenen Angaben zufolge auf über eine Million Dollar. Das große Problem bei Amazon sei, so Bray in seiner Abrechnung, dass der Konzern die Menschen in den Lagerhäusern als austauschbare Einheiten zum Packen betrachte. Und das gelte, obwohl der Konzern mittlerweile die Arbeitsbedingungen verbessern wolle.
Amazon wiederum erklärte gegenüber CNBC, dass es die Rechte der Arbeiter, ihren Arbeitgeber und dessen Arbeitsbedingungen zu kritisieren, unterstütze. Allerdings bedeute das keinen Blankoscheck für schlechte Handlungen, insbesondere solche, die die Gesundheit, das Wohlbefinden oder die Sicherheit ihrer Kollegen gefährdeten. Zuletzt hatten Arbeiter in verschiedenen US-Lagerhäusern von Amazon gestreikt und auch ihre Unterstützung für die gefeuerten Kollegen geäußert.
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