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#Uploadfilter: Wir sind alle Urheberrechtsverletzer – auch Axel Voss

Die Aufregung über die geplante Reform des Urheberrechts in der EU ist groß – und das zu Recht. Statt Kosmetik wäre eine grundlegende Reform des Urheberrechts angebracht. Denn mit dem Internet, wie es heute existiert, ist es eigentlich nicht kompatibel.

Von Stephan Dörner
3 Min. Lesezeit
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Der Europaabgeordnete Axel Voss (CDU) kämpft für ein verschärftes Urheberrecht und verstößt bei Facebook selbst dagegen. (Foto: dpa)

Der Streit über die EU-Urheberrechtsreform ist auch der Clash zweier Welten: Die Generation, die mit dem Internet aufgewachsen ist, begehrt auf gegen eine Verschärfung des Urheberrechts – vorangetrieben von denen, die durch das Internet den Schutz des geistigen Eigentums gefährdet sehen.

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Vieles erinnert dieser Tage an die Anti-ACTA-Proteste von 2012: Damals wurde ein geplantes internationales Abkommen zur Bekämpfung von Piraterie und zum Schutz des geistigen Eigentums vom Europäischen Parlament gestoppt, nachdem vor allem Jugendliche in zahlreichen Ländern dagegen auf die Straße gegangen waren, da sie eine Einschränkung der Freiheit des Internets fürchteten – teilweise auch angeheizt durch ein Video mit Falschinformationen.

„Das Urheberrecht, wie es seinem Geist nach in Deutschland seit dem 19. Jahrhundert besteht, ist für eine andere Ära und andere Voraussetzungen geschaffen worden.“

Sollten jedoch die aktuellen Pläne zu einem EU-Leistungsschutzrecht durchkommen, würden insbesondere Artikel 11 und 13 der Urheberrechtsreform fundamental in die Freiheit der Daten im Netz eingreifen. Um empfindliche Strafen zu vermeiden, kämen große Anbieter von Internetplattformen wohl nicht mehr umhin, automatische Filtersysteme zu installieren, die jeden Upload prüfen und bekannt dafür sind, technisch anfällig zu sein und so auch legitime Inhalte zu blockieren.

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Uploadfilter: Youtube-Stars wie Gronkh und Unge rufen zum Protest auf

Der Protest dagegen, zu dem unter anderen Youtube-Stars wie Gronkh und Unge aufrufen, ist daher legitim und wichtig. Doch selbst wenn die aktuelle Verschärfung des Urheberrechts verhindert wird, bleibt ein Grundproblem: Das Urheberrecht, wie es seinem Geist nach in Deutschland seit dem 19. Jahrhundert besteht, ist für eine andere Ära und andere Voraussetzungen geschaffen worden.

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Die Beachtung der engen Grenzen des Urheberrechts war damals und bis zum Aufkommen des Internets eine Sache für wenige Publizisten und Verlage. Nur wer die technischen Möglichkeiten hatte, Inhalte für die Öffentlichkeit zu drucken und zu verbreiten, musste sich mit der Einhaltung des Urheberrechts auseinandersetzen. Für den Normalbürger war das nie gedacht.

„Mit dem Aufstieg des Internets zum Massenmedium allerdings sind wir alle potenzielle Urheberrechtsverletzer geworden.“

Mit dem Aufstieg des Internets zum Massenmedium allerdings sind wir alle potenzielle Urheberrechtsverletzer geworden – und in so gut wie allen Fällen sind wir das auch praktisch. Hast du dir bei jedem Facebook-Posting, das du je geteilt oder durch Like zur Verbreitung beigetragen hast, abgeklärt, ob der Nutzer, der ein Bild veröffentlicht hat, auch die Rechte innehält und mit der Verbreitung einverstanden ist? Hast du das bei jedem Retweet auf Twitter und bei jedem Posting auf einem Dienst wie Tumblr getan? Hast du bei jedem Internet-Meme vor der Verbreitung geklärt, woher es stammt, und ob der Ersteller damit einverstanden ist, dass es sich verbreitet?

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Im Netz wird das Urheberrecht weitgehend ignoriert – auch von Axel Voss

Natürlich nicht. Wir alle haben uns seit Jahren daran gewöhnt, das Urheberrecht in solchen Fällen im Internet zu ignorieren. Ansonsten gäbe es große Teile der Netzkultur gar nicht. Keine Parodien zu Filmtrailern auf Youtube, keine lustigen Internet-Meme-Bildchen. Eigentlich wären sogar Dienste wie Twitter und Facebook unmöglich.

Worin besteht also das Problem eines Urheberrechts, das alle ignorieren? Es ist das ständige Damoklesschwert, eine teure Abmahnung zu kassieren, die auch jeder Privatperson droht. Und sollten die aktuellen Pläne der EU durchkommen, würde das ganz grundlegend die Axt an die Grundlagen der Internetkultur der vergangenen Jahrzehnte legen.

Das kontinentaleuropäisch geprägte Urheberrecht braucht daher endlich, was das angelsächsische Copyright schon lange hat: Ausnahmen für nichtkommerzielle Privatnutzer auch außerhalb der Wissenschaft – das, was die US-Amerikaner als Fair Use bezeichnen. Das Fair Use des amerikanischen Copyrights erlaubt beispielsweise explizit Parodien.

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Doch wie wenig diejenigen, die derzeit die europaweite Verschärfung des Urheberrechts fordern, die aktuelle Gesetzeslage verstanden haben, hat sich bereits im Sommer 2018 gezeigt: Da recherchierte Buzzfeed, dass CDU-Europaabgeordneter Axel Voss – maßgeblicher Vater des aktuellen Entwurfs – selbst auf Facebook in zahlreichen Fällen gegen das derzeit schon geltende Urheberrecht verstoßen hatte.  Nach der Recherche ließ er zwölf von 17 Fotos löschen. Wir alle sind Urheberrechtsverletzer – auch Axel Voss. Das Urheberrecht im Netz gehört nicht weiter verschärft, sondern endlich an die Realität des Internets angepasst.

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