Urheberrecht: Sony und Universal verklagen das Internet Archive wegen alter Schallplatten
Sony Music Entertainment, die Universal Music Group und eine Handvoll anderer Musiklabels haben eine Klage gegen das gemeinnützige Internet Archive eingereicht. Die Labels werfen der Organisation Urheberrechtsverletzungen vor, weil sie Tonaufnahmen aus der Zeit vor 1972 digitalisiert, „vorsätzlich hochgeladen, verbreitet und digital übertragen“ habe. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters.
Streit um alte Plattenaufnahmen
Besonders entzündet sich der Streit offenbar am Great 78 Project, mit dem das Archiv auf 78-rpm-Platten aufgenommene Musik erhalten will. Nach der Rechtsauffassung der Plattenfirmen handelt es sich bei den Bemühungen, Musik von Künstlern wie Frank Sinatra, Ella Fitzgerald, Billie Holiday, Miles Davis und Louis Armstrong zu konservieren, um „eklatante Verstöße“ gegen das Urheberrecht.
Das sei zudem völlig unnötig, denn „ikonische Aufnahmen“ wie White Christmas, Sing, Sing, Sing und The Christmas Song seien ohnehin bereits seit langem über Streaming- und andere Dienste verfügbar, sodass es einer Konservierung gar nicht bedürfe. Insbesondere seien die Aufnahmen nicht in Gefahr „verloren zu gehen, vergessen oder zerstört zu werden“.
Das Internet Archive zweifelt diese Argumentation nicht grundsätzlich an, gibt aber auf dem Projektportal zu bedenken, dass „die Artefakte und Nutzungsnachweise, auf den oft seltenen 78-rpm-Platten und -Aufnahmen immer noch einen Forschungswert haben“.
Musikkonzerne: „Unverschämtes Streben danach, Musik frei zugänglich zu machen“
Das wiederum sehen Sony und Universal ganz anders. Sie schreiben in ihrer Klage, dass die Aktivitäten des Internet Archive „weit über den begrenzten Zweck der Bewahrung und Forschung hinausgehen“. Das Internet Archive strebe vielmehr „unverschämt danach, freien und unbegrenzten Zugang zu Musik für jedermann zu bieten, unabhängig vom Urheberrecht“.
Die Musikkonzerne machen eine gigantische Schadensersatzforderung auf. Sie wollen eine Entschädigung von bis zu 150.000 US-Dollar für jede geschützte Tonaufnahme. Wie Bloomberg ausgerechnet hat, könnte sich das auf 372 Millionen Dollar für die bemängelten Aufnahmen summieren.
Internet Archive immer wieder Ziel solcher Klagen
Das Internet Archive ist diesen Dingen leidgeprüft. Es befindet sich auch in einem Rechtsstreit mit einer Gruppe von US-Verlegern, weil die Organisation während des Höhepunkts der Pandemie digital gescannte Kopien von Büchern verliehen hatte.
In einem ähnlichen Duktus wie jetzt die Musikkonzerne beklagten die Verleger eine „vorsätzliche massenhafte Urheberrechtsverletzung“. In einem ersten Urteil eines Bundesrichters in dieser Sache musste das Internet Archive bereits eine Niederlage hinnehmen – will aber in Berufung gehen.