
Die hier vom Künstlerkollektiv Negativland ausgedrückte Ansicht wird vom Kabinett nicht geteilt. (Foto: t3n)
Das Kabinett hat sich auf einen Gesetzentwurf zur Überarbeitung des Urheberrechts geeinigt. Plattformbetreiber müssen demnach in Zukunft dafür gerade stehen, wenn Nutzerinnen und Nutzer urheberrechtlich geschützte Inhalte hochladen. Um das zu verhindern, sollen sie technische Möglichkeiten schaffen, um solche Inhalte schon beim Hochladen zu entdecken und den Upload zu unterbinden.
Kritiker warfen schon früh ein, dass Plattformbetreiber schon aus Selbstschutz eher mehr Inhalte sperren werden, als sie eigentlich müssten. Selbst vom Urheberrecht gedeckte Nutzungsformen könnten dann von den Upload-Filtern verschluckt werden. Als Reaktion darauf schlug die Regierungskoalition 2020 dann gewisse Obergrenzen vor, die von den Upload-Filtern berücksichtigt werden müssen.
Im Gesetzentwurf wird diese Untergrenze als „geringfügige Nutzungen“ bezeichnet. Konkret bedeutet das: Von Filmen und Tonspuren dürfen maximal 15 Sekunden genutzt werden. Bei Textauszügen liegt die Obergrenze für eine geringfügige Nutzung bei 160 Zeichen und damit exakt bei der Maximallänge einer SMS. Bei Bildern wiederum ist eine Dateigröße von 125 Kilobyte als Obergrenze vorgesehen.
Aber es gibt noch weitere Auflagen. Ein Upload muss auch kleiner sein, als die Hälfte des eigentlichen Werkes. Der obige Grenzwert greift demnach beispielsweise bei einem Videoschnipsel erst, wenn das Original länger als 30 Sekunden ist. Außerdem müssen Schnipsel mit eigenen Inhalten kombiniert sein. Darüber hinaus greift das Ganze auch nur dann, wenn ein Upload keinen kommerziellen Zwecken dient und damit keine „erheblichen“ Einnahmen generiert werden.
Kurze Inhaltsschnipsel sind „mutmaßlich erlaubt“
An der Stelle muss betont werden, dass es sich bei den hier aufgeführten Obergrenzen für Video-Clips, Bilder oder Texte um Vorgaben für Upload-Filter handelt. Ein Inhalt, der sich innerhalb der gesetzten Grenzen an fremdem geistigen Eigentum bedient, könnte theoretisch aber trotzdem gegen das Urheberrecht verstoßen. Nur soll der Plattformbetreiber solche Inhalte eben nicht sofort blockieren.
Der Gesetzgeber spricht hier von einer „mutmaßlich erlaubten Nutzung“. Zusammengenommen ließen die obigen Faktoren nämlich den Schluss zu, dass es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um ein Zitat, eine Parodie oder ein Pastiche handele. Damit wäre die Nutzung der fremden Inhalte durch das Gesetz gedeckt. Ob es sich im Einzelfall aber tatsächlich so verhält, müsste im Streitfall ein Gericht klären.
Längere Auszüge aus fremden Werken müssen beim Upload gekennzeichnet werden
Theoretisch können aber auch Auszüge aus fremden Werken, die länger als die für die Upload-Filter definierten Obergrenzen sind, durchaus im Einklang mit dem Gesetz verwendet werden. Damit solche Arbeiten nicht sofort beim Upload blockiert werden, soll es eine Möglichkeit geben, sei beim Hochladen als solche zu kennzeichnen.
Der Plattformbetreiber muss dann per Gesetz vorläufig davon ausgehen, dass eine legale Nutzung vorliegt, und den Upload gestatten. Gleichzeitig ist der Dienstanbieter aber auch verpflichtet, dem Uploader mitzuteilen, dass es den Blockierungswunsch eines Rechteinhabers gibt. Der Uploader muss dann entscheiden, ob er aus rechtlichen Gründen auf das Hochladen verzichtet, oder eben davon ausgeht, dass die Nutzung legal ist.
Wo wird es Upload-Filter geben?
Derzeit bleibt unklar, welche Plattformen am Ende wirklich Upload-Filter betreiben müssen. Laut Bundesjustizministerium soll es Internet-Plattformen treffen, die „als Hauptzweck ausschließlich oder zumindest auch verfolgen, eine große Menge an von Dritten hochgeladenen urheberrechtlich geschützten Inhalten zu speichern und öffentlich zugänglich zu machen.“
Youtube dürfte darunter fallen. Schon alleine deshalb, weil Googles Videoplattform in der Erklärung des Gesetzentwurfes mehrfach als Beispiel genannt wird. Aber auch Facebook, Twitter oder Giphy? Das wird sich zeigen müssen. Explizit davon ausgenommen ist jedenfalls Wikipedia. Und auch Code-Hosting-Plattformen wie GitHub und E-Commerce-Anbieter sind von dem Gesetz nicht betroffen.
Startups könnten theoretisch unter die Definition fallen, immerhin gibt es für sie aber Sonderregelungen, wenn ihre Dienste nicht älter als drei Jahre sind und sie innerhalb der EU weniger als zehn Millionen Euro jährlich umsetzen. Gleiches gilt für kleine Anbieter, deren Umsatz innerhalb der Union unterhalb der Schwelle von einer Million Euro bleibt.