Minority Report? KI-Algorithmus sagt angeblich Kriminalität voraus
In acht Großstädten erfolgreich getestet
Neu sind derartige Modelle nicht. Doch während bisherige Algorithmen sich auf geografische Brennpunkte konzentrierten, um das Verhalten von Kriminellen und potentielle Verbrechen vorherzusagen, wählte das Team aus Chicago eine andere Methode, wie es in dem Fachmagazin Nature Human Behaviour erklärt. Stattdessen arbeitet der neue Algorithmus mit sogenannten „raumzeitlichen Punktprozessen, die sich in sozialem Kontext entfalten”.
So nahm sich das Team beispielsweise seine Heimatstadt Chicago vor, teilte es in verschiedene Blöcke auf und analysierte diese Bereiche anhand ihrer Geschichte von Gewaltverbrechen und Eigentumsdelikten und deren Veränderung im Lauf der Zeit. Anhand dessen wurden Vorhersagen für zukünftige Kriminalität erstellt. Später wurden sieben weitere Städte (Atlanta, Austin, Detroit, Los Angeles, Philadelphia, Portland und San Francisco) anhand des gleichen Musters getestet – mit Erfolg, wie die Forscher:innen beteuern. Sie loben in ihrer Abhandlung die „Genauigkeit in der Vorhersage, die größer ist als alle bisherigen Modelle”.
Nicht nur potentielle Verbrecher, sondern auch die Polizei soll ins Visier genommen werden
Ihr KI-Algorithmus würde zudem nicht nur zeigen, wie sich Verbrechen über die Zeit verändert, sondern auch die Art, wie sich die Polizeiarbeit parallel dazu entwickelt, so die Forscher:innen. Darin sehen sie den großen Vorteil ihres Modells. Vorhersagebasierte Polizeiarbeit stößt in den USA immer wieder auf heftige Kritik. Zum einen erwiesen sich bisherige Methoden als ungenau, zum anderen sollen sie nach Meinung vieler Diskriminierung fördern, indem sie bestimmte Ethnien in den Fokus der Polizeiarbeit rücken, selbst dann, wenn das Verbrechen noch nicht einmal begangen wurde.
Zudem können unschuldige Menschen ins Visier von Ermittlungen geraten. In Chicago ist das bereits passiert, als zwischen 2012 und 2019 Menschen überwacht wurden, die Computerauswertungen zufolge angeblich eine bandenbezogene Gewaltbereitschaft zeigten. Letztlich stellte sich heraus, dass nur 16 Prozent der Hundertausenden Überwachten jemals mit Banden in Verbindung waren.
Erste Beweise gegen die Polizei liegen bereits vor
Das alles klingt nach einen dystopischen Science-Fiction-Szenario, wie es beispielsweise der Autor Philip K. Dick und Steven Spielbergs Verfilmung von dessen Geschichte „Minority Report” beschreiben. Doch die Forscher:innen aus Chicago beteuern, dass ihr Algorithmus beispielsweise Beweise ermittelt habe, dass Polizeibeamte in weißen, reicheren Vierteln schneller auf Notrufe reagieren als in weniger wohlhabenden Gegenden. Mit derartigen Erkenntnissen könnte der Algorithmus die Polizei, die in den vergangenen Jahren zunehmend in die Kritik für ihre Gewalt gegen Schwarze geraten ist, selbst im Zaum halten.