
Verkehrswende wartet auf die Bahn - das kann dauern. (Bild: Denis Belitsky/Shutterstock)
Mindestens doppelt so viele Menschen wie bisher sollen künftig die Bahn als Verkehrsmittel nutzen. Das soll die Straßen entlasten und dabei helfen, dass Deutschland die Klimaziele erreicht.
Zukunftsbündnis Schiene hatte unrealistischen Zeithorizont
Zu diesem Zweck war 2028 das „Zukunftsbündnis Schiene“ ins Leben gerufen worden. Ins Boot hatte die alte Bundesregierung die Deutsche Bahn, aber auch private Bahn-Unternehmen und die Industrie geholt.
In einer gemeinsamen Anstrengung sollte es gelingen, die Bahn als Verkehrsmittel zu stärken. Als – schon damals viel zu optimistisches – Zieldatum war das Jahr 2030 ausgerufen worden
Der sogenannte Deutschlandtakt sollte Bahnfahren pünktlicher und schneller machen. Verbindungen sollten direkter und verlässlicher werden.
Mittlerweile ist zwar vom eigentlichen Ziel noch immer die Rede. Das Datum indes hat sich deutlich nach hinten verschoben. Wie der Bundesbeauftragte für den Schienenverkehr, Michael Theurer von der FDP, nun einräumt, werde der Deutschlandtakt „in den nächsten 50 Jahren als Jahrhundertprojekt“ umgesetzt. Es sei „immer völlig klar gewesen, dass das Jahrzehnte dauert“, behauptete er gegenüber dem ZDF.
Infrastrukturprojekte benötigen deutlich mehr Zeit
Dabei wird kaum jemand in Abrede stellen, dass der zunächst genannte Zeithorizont viel zu ambitioniert gewesen ist. Es geht immerhin nicht bloß darum, die Fahrplanung besser zu koordinieren.
Vielmehr gilt es strukturelle Schwächen auszumerzen. Die bestehen in weiten Teilen in maroden oder schlicht nicht vorhandenen Schienennetzen. Tatsächlich benötigen derartige Infrastrukturprojekte schon wegen ihrer Planungs- und Genehmigungsverfahren viele Jahre.
So verwundert eigentlich nicht, dass die Regierung den Zeithorizont realistisch anpasst. Es verwundert vielmehr, mit welcher Selbstverständlichkeit das erfolgt. Immerhin gilt die Verkehrswende als eines der zentralen Projekte der Ampel-Koalition.
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hatte Themen rund um die Bahn vor sechs Monaten zur „Chefsache“ erklärt. Dabei scheint es sich eher um Rhetorik, denn eine aktionsgerichtete Aussage gehandelt zu haben.
Ex-Schienenbeauftragter: Seit Regierungswechsel wenig passiert
So sei laut dem ehemaligen Bundesbeauftragen für die Schiene, Enak Ferlemann (CDU), bisher wenig passiert. Mit Blick auf Baukostensteigerungen und Inflation „reichen die Etats um Längen nicht mehr aus“, beklagt er.
Auch die Deutsche Bahn bestätigt, dass Investitionen von rund 60 Milliarden Euro erforderlich würden, um das Schienennetz in Deutschland auf einen Stand zu bringen, der den Ambitionen gerecht werden könnte.
Dem Fortschritt in Sachen Deutschlandtakt dürfte zudem der Zwist zwischen Grünen und FDP nicht guttun. Denn während die Grünen „Vorfahrt für die Bahn“ fordern, will die FDP verhindern, dass zu deutliche Einschnitte beim Auto der deutschen Wirtschaft schaden.