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MIT Technology Review News

Vogelgrippe: Welche Impfstoffe in Europa bereit stehen

Bisher gilt das Pandemierisiko durch Vogelgrippe als gering. Im Ernstfall soll die Impfstoffproduktion schnell gehen. Die EU und USA bestellen bereits Vorräte.

Von Veronika Szentpétery-Kessler
4 Min.
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Europa und die USA bevorraten sich mit Vogelgrippe-Impfstoffen

(Foto: Shutterstock.com)

Das Vogelgrippevirus zählt zu den Haupt-Pandemiekandidaten. Jetzt decken sich westliche Länder mit Impfstoffen ein, die im Pandemiefall und bei lokalen Ausbrüchen vor dem auch H5N1 genannten Influenza-Erreger schützen sollen. Im Juni hat die Europäische Kommission 665.000 Dosen des Impfstoffs „Celldemic“ vom britischen Hersteller CSL Seqirus geordert, der Mitte April grünes Licht von der europäischen Arzneimittelagentur EMA erhalten hatte. Der Vertrag enthält die Option, in den kommenden vier Jahren insgesamt weitere 40 Millionen Dosen zu bestellen. Deutschland hat den Sammelvertrag bisher nicht unterzeichnet, EU-Länder können aber auch auf eigene Initiative Impfstoffe bestellen.

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Celldemic ist ein sogenannter präpandemischer Impfstoff: Er wurde für den Einsatz bei H5N1-Ausbrüchen entwickelt, die von Tieren ausgehen. Dabei handelt es sich um einen sogenannten Musterimpfstoff, der laut CSL Seqirus bereits gut auf das H5-Antigen des zirkulierenden Influenza-Stammes abgestimmt ist und im Bedarfsfall an die aktuell kursierende Untervariante angepasst wird. Das Vakzin ist für die Immunisierung von Erwachsenen sowie Säuglingen ab sechs Monaten zugelassen.

Schutz für Menschen mit höherem Ansteckungsrisiko

„Die Bedrohung der Bevölkerung durch die Vogelgrippe ist zwar nach wie vor gering, aber wir müssen Menschen mit einem höheren Risiko schützen“, sagte Stella Kyriakides, EU-Kommissarin für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit. Dazu gehören zum Beispiel Mitarbeiter:innen von Landwirtschaftsbetrieben, Geflügel- und Pelztierfarmen sowie auch Tierärzt:innen. Die ersten 20.000 Dosen gingen nach Finnland, wo es bereits mehrere H5N1-Ausbrüche in Nerzfarmen gegeben hatte.

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Parallel zu Celldemic hat die EMA im April auch einen pandemischen Impfstoff namens „Incellipan“ zugelassen, für den eingetretenen Ernstfall also, wenn die Weltgesundheitsorganisation oder die Europäische Union eine Vogelgrippe-Pandemie offiziell ausgerufen hat. Auch hier kann der verursachende Virusstamm in den Musterimpfstoff aufgenommen werden, sobald er identifiziert ist. Da die Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit des Impfstoffs laut der EMA bereits mit anderen potenziellen Pandemiestämmen geprüft wurde, könne die Zulassung des endgültigen Pandemieimpfstoffs dann kurzfristig erfolgen.

Vier Imfpstoffe gelistet

Insgesamt listet die EMA neben Celldemic zwei weitere, ältere präpandemische Impfstoffe (je einen von GlaxoSmithKline, Baxter und AstraZeneca) und neben Incellipan noch zwei andere pandemische Vakzine (beide von Seqirus).

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Vor allem durch die Ausbrüche bei Säugetieren wie Zuchtnerzen in Finnland und Milchkühen in den USA rückt der Erreger der westlichen Welt unbequem nahe. „So etwas hat es vorher noch nicht gegeben, solche extrem großen Ausbrüche bei Kühen – alle Fachleute sind besorgt“, sagte Christian Drosten von der Berliner Charité in einem Interview.

Mangels Eindämmungsmaßnahmen hat sich der Erreger mittlerweile auf 140 landwirtschaftliche Betriebe in den USA ausgebreitet. Seit Ende April verlangt das US-Landwirtschaftsministerium zwar, dass Milchkühe zumindest für Transporte über Bundesstaatsgrenzen hinweg von zertifizierten Laboren auf H5N1 getestet werden müssen. Innerhalb der Grenzen dürfen sie aber weiterhin testfrei von Betrieb zu Betrieb gefahren werden.

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Auch die USA kaufen Impfstoffe

Auch wenn die USA bisher wenig für die Eindämmung tun, so decken sie sich ebenso vorsorglich mit Impfstoffen ein. Die USA hatten kurz zuvor im Mai 4,8 Millionen Celldemic-Impfdosen geordert. Parallel dazu unterstützt das US-Gesundheitsministerium die finale Entwicklungsphase von Modernas präpandemischen mRNA-Impfstoff gegen Vogelgrippe mit 176 Millionen Dollar.

Die kaum gebremste Ausbreitung bei Kühen gibt dem Virus laut Experten weiter Gelegenheit, sich besser an die Tiere anzupassen. Adaptiert es sich an ihre Atemwege, könnte es sich genau wie die saisonale Grippe über ausgeatmete, gehustete und genieste Tröpfchen von Wiederkäuer zu Wiederkäuer ausbreiten. Damit stiege das Risiko von Spillover-Ereignissen zum Menschen, und damit auch für weitere Anpassungen an uns.

Eine zusätzliche Sorge ist, dass bei gleichzeitiger Infektion mit H5N1 und einem saisonalen Influenzavirus, der Menschen regelmäßig krank macht, ein kombinierter Erreger entstehen kann, der dann leicht von Mensch zu Mensch zu springen vermag.

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Wie schnell sich das Virus besser anpassen könnte, ist schwer abzuschätzen. Seine Entwicklung und die Auswirkung von Mutationen, die ausschließlich bei den Rinderviren auftreten, werde „intensiv erforscht“, sagt Timm Harder vom Institut für Virusdiagnostik am Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) in Greifswald. „Oberstes Ziel muss bleiben, die Infektionen schnellstmöglichst zu tilgen, eine weitere Verbreitung zu unterbinden und damit dem Virus weitere Möglichkeiten einer Anpassung zu entziehen“, sagt Harder.

Von Euter zu Euter

Die in den USA betroffenen Landwirtschaftsmitarbeiter:innen haben sich im Umgang mit den infizierten Milchkühen und dem kontaminierten Melkgeschirr angesteckt. Dieses hat auch durch Schmierinfektionen für die starke Ausbreitung zwischen den Tieren gesorgt und die Viren von Euter zu Euter weitertransportiert. „Im Eutergewebe des Rindes – und nur dort im Rind – kann sich das Virus offenbar optimal vermehren“, erklärt Harder. Dort findet es Rezeptoren zum Andocken, die für das Virus genauso aussehen wie ihre Rezeptoren in den Atemwegen von Vögeln.

In Deutschland werden Kühe, anders als Geflügel, bisher nicht regelmäßig auf Vogelgrippe untersucht, sagt Harder. „Das FLI hat allerdings ein freiwilliges Monitoringprogramm von Milchviehbeständen angestoßen, in dem 1.500 Betriebe durch Tankmilchuntersuchungen geprüft werden und alle Bundesländer beteiligen sich“, so der Tierarzt und Virologe weiter. Die Untersuchungen seien nahezu abgeschlossen, „bislang konnte kein positiver Bestand gefunden werden.“

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