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Wahlwerbung bei der Europawahl: So viel gaben die Parteien für Social-Media-Targeting aus

Targetingwerbung in sozialen Netzen ist spätestens seit den letzten US-Wahlen ein wichtiges Instrument zur Überzeugung von Wählern. Doch was haben die deutschen Parteien zur Europawahl hierfür ausgegeben?

3 Min. Lesezeit
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(Grafik: paper_Owl / Shutterstock)

Eine Untersuchung verschiedener Landesmedienanstalten, die diese Woche anlässlich der Münchner Medientage vorgestellt wurde, hat interessante Erkenntnisse bezüglich der Parteienwerbung anlässlich der Europawahl im Mai dieses Jahres ans Licht gebracht. Untersucht wurden beispielsweise die Aufwendungen für Facebook- und Google-Werbung seitens der einzelnen Parteien. Das differenzierteste Anzeigenportfolio insbesondere bei Facebook hatten CDU und SPD mit 17.449, bzw. 15.234 Anzeigen. Etwas weniger differenziert, aber mit ähnlichem Budget haben die Grünen agiert: Die drei genannten Parteien gaben zwischen rund 230.000 (Grüne) und 297.000 Euro (CDU) aus.

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Ähnlich differenziert ist das Bild der CDU bei den Google-Werbeanzeigen: Die Union schaltete für 261.200 Euro Anzeigen, die Grünen mit einem Budget von 140.750 Euro weit dahinter. Die anderen Parteien landeten mit Budgets zwischen 0 (CSU) und 32.600 Euro weit abgeschlagen dahinter. Interessant ist das Budget bei beiden Portalen der AfD: Die Partei investierte jeweils rund 23.000 Euro, hat also zumindest targeting-technisch nicht große Geschütze aufgefahren. Für die Auswertung wurden die Daten aus entsprechenden APIs der Netzwerke gezogen, es handelt sich also nicht nur um Angaben der Parteien.

AfD erreicht bei Europawahl hohe organische Reichweite

Dass gerade die AfD im Internet wahrgenommen wurde, hat mit anderen Zahlen zu tun, nämlich den Werten zur organischen Reichweite. Offenbar hat die Partei es geschafft, ihre Nutzer extrem gut zu mobiliseren – oder diese neigen, das ist bei Protestbewegungen nicht ungewöhnlich, dazu, sich aus eigenem Antrieb vermehrt zu äußern. Die AfD kommt auf 2,63 Millionen Facebook-Interaktionen, während die anderen Parteien es gerade einmal auf jeweils zwischen 197.422 (CSU) und 268.756 Interaktionen (FDP) bringen.

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Auch bei den Youtube-Interaktionen liegt die AfD mit 5,67 Millionen Interaktionen vorne, auch wenn hier der Vorsprung nicht ganz so auffällig ausfällt: Impressions von CDU (3,41 Millionen) und Grünen (2,39 Millionen) sind ebenfalls noch erwähnenswert, während die anderen Parteien fünf bis niedrig sechsstellig abschneiden.

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In beiden Fällen sind diese Werte aber anders zu bewerten, weil sie deutlich weniger bis gar nicht zielgerichtet erfolgen (allenfalls über den Faktor der Filterbubble, was in dem Sinn ja kein Targeting darstellt). Dafür kosten sie die Parteien aber auch kein Geld und kommen eben auch nicht als Parteiwerbung mit den damit verbundenen negativen Konnotationen daher. Netter Nebeneffekt für die Parteien: Es gibt keine Regulierung bezüglich Fake-News oder ähnlichen Themen, die für Einzelmeinungen von Personen gilt.

„Man könnte der AfD nun einfach zu ihrer erfolgreichen Online-Strategie gratulieren, da diese Zahlen ja nichts mit Microtargeting zu tun haben. Wir halten diese Entwicklung allerdings für enorm bedenklich“, erklären die Initiatoren der Studie Simon Hegelich und Juan Carlos Medina Serrano. „Die Abweichungen zwischen der AfD und dem Rest der Parteien sind so stark, dass davon auszugehen ist, dass es sich dabei um nicht-authentisches Nutzer*innenverhalten handelt. Es lässt sich feststellen, dass hyperaktive Accounts systematisch mit jedem Post auf den AfD-Seiten interagieren.“ Darüber hinaus ist auch nicht ersichtlich, ob für derlei Aktivitäten womöglich auch über andere Kanäle als die klassische Wahlkampffinanzierung Geld kommt. „Denkbar ist, dass Anhänger*innen der Partei diese Interaktionen aus politischer Überzeugung unentgeltlich erzeugen. Es kann aber auch sein, dass – von wem auch immer – in eine Infrastruktur zur Erzeugung von Social Media Interactions investiert wurde.“

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Warum Targeting bei der Europawahl so gut funktioniert hat

Doch die Strategie ginge, wenn es denn eine gezielte Strategie ist, wie die Initiatoren nahelegen, auf: Facebook hat seinen Newsfeed so justiert, dass „meaningful interaction“ die wichtigste Größe ist: „Wenn die Posts der AfD zehnmal mehr Reaktionen erzeugen, dann werden diese Inhalte von Facebook auch als zehnmal wichtiger eingestuft und immer mehr Menschen ungefragt in den News-Feed eingeblendet.“

Targetingwerbung ist ein beliebtes und technisch gut geeignetes Mittel, um gezielt bestimmte Inhalte an bestimmten Nutzergruppen zu adressieren. Was jeder Lokalpolitiker tut, der seine Rede einem bestimmten Anlass entsprechend anpasst, hat in sozialen Netzwerken noch deutlich mehr Macht – dank Algorithmus und zuverlässiger Datenlage, die eben nicht nur auf Aussagen des Nutzers beruht. Die Verbreitung von Informationen in sozialen Netzwerken kann dabei eventuell unvorhergesehene Effekte auslösen. „Eine clever aufgesetzte Kampagne kann sich diese Struktur eventuell zunutze machen und auf bislang unbekannte Weise wirkmächtig werden“, so die Intiatoren der Studie.

In der Tat zeigen die Zahlen, dass die Rechnung, die für wirtschaftliche Werbetreibende nicht immer so einfach aufgeht, im politischen Umfeld erstaunlich gut funktioniert. Wenn man berücksichtigt, dass die Parteien mit den Hebeln und Mechanismen dieser algorithmusbasierten Form der Wahlkampfwerbung noch nicht so vertraut sind, wird deutlich, welches Potenzial hier in den nächsten Jahren noch steckt. Doch die Studie zeigt auch, wie mit dem häufigen Teilen von organischen Postings eine bemerkenswerte Reichweite und ein hoher Grad an Interaktion erzielt werden kann.

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Die vollständige Studie findest du bei der Bayerischen Landesmedienanstalt.

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