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Was Dankbarkeit mit uns macht

Dankbarkeit hat einen großen Einfluss auf unser Verhältnis zu Mitmenschen und uns selbst. Warum also fällt es den Menschen oft so schwer, einfach einmal „Danke“ zu sagen? Ein Essay.

4 Min. Lesezeit
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Dankbarkeit verbindet und macht glücklich. (Foto: Shutterstock-Eldar Nurkovic)

Wenn „Sorry“ das am schwersten über die Lippen gehende Wort ist, welches kommt dann danach? Die Antwort, so legt der Alltag oft nahe, ist ein einfaches „Dankeschön“. Dass der Paketbote seine Lieferungen völlig abgehetzt bis in die Abendstunden ausfährt, nehmen wir oft teilnahmslos hin – das ist ja sein Job, oder? Diese Teilnahmslosigkeit gerät jedoch sehr schnell ins Wanken, wenn die Person auch noch schlecht drauf ist. Dann wird sie zum Thema am Abendbrottisch: „Der Typ geht echt gar nicht!“

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Dabei hätte es vielleicht gutgetan, ihm einfach ein Mindestmaß an Wertschätzung und Respekt für die harte Arbeit zu vermitteln: „Wow, Sie sind noch unterwegs? Harter Job. Ich hoffe, Sie haben bald Feierabend. Vielen Dank!“ Ich wette, es hätte der Laune gutgetan. Danken kostet nichts und gefällt den Menschen. Man kann nichts für die Situation des Paketboten, aber man kann seine Zeit trotzdem würdigen. Man muss sie sogar würdigen!

Sie ist uns leider etwas abhandengekommen, die Dankbarkeit. Dabei legen Forschungen nahe, dass sie einen großen Einfluss auf unser Wohlbefinden hat. Danke zu sagen, motiviert und macht sogar glücklich. Laut dem US-amerikanischen Psychologen Robert Emmons und der Psychologin Robin Stern gibt es eine starke Korrelation zwischen dem Empfinden von Dankbarkeit und Gefühlen wie Optimismus und Freude. Und das braucht es auch und gerade während Krisenzeiten.

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Wer kann schon von sich behaupten, dass die letzten Wochen und Monate locker-leicht von der Hand gingen? Als ein bundesweiter Klatsch-Flashmob für die vielen Pflegekräfte organisiert wurde, hagelt es schnell Kritik: „Davon können die Menschen sich auch nichts kaufen!“ Stimmt, und dennoch ist es ein Zeichen von Solidarität gewesen. Ist Dankbarkeit nur etwas wert, wenn sie auf dem Konto sichtbar ist? Oder hat nicht vielleicht beides nebeneinander eine Daseinsberechtigung?

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Dankbarkeit ist kein Entweder-oder

Dankbarkeit hält die Gemeinschaft zusammen. (Foto: Shutterstock-Eldar Nurkovic)

Machen wir uns nichts vor: Ausbeutung der Pflegerinnen und Pfleger ist genauso ein Zeichen für mangelnde Dankbarkeit und auch für Teilnahmslosigkeit. Und doch darf es hier nicht um ein Entweder-oder gehen: Unternehmen müssen ihren Mitarbeitenden natürlich auch danken, indem sie sicherstellen, das sie gut von ihrer geleisteten Arbeit leben können. Aber daneben müssen wir als Einzelne auch danken können, um die Leistung unserer vielen Mitmenschen nicht zu konterkarieren.

Dankbarkeit hält die Gemeinschaft zusammen. Einer der Gründungsväter der Soziologie, George Simmel, pflegte zu sagen, dass Dankbarkeit ein Band der Wechselwirkung zwischen Nehmen und Geben knüpft, wo andere Mächte versagen. Dieses Band darf nie abreißen. Genauso wie ein „Sorry“ nach einem Fehler ein Zeichen des Respekts für den Gegenüber ist, so ist auch ein „Danke“ ein Signal tiefster Demut. Ein Dank verfehlt nie seine Wirkung.

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Doch ist es damit schon getan? Bietet allein die Dankbarkeit anderer den Schlüssel zur Glückseligkeit? Natürlich nicht: Auch die eigene Dankbarkeit für das, was man im Leben erfahren hat, spielt eine große Rolle! Als wir im vergangenen Jahr – mitten in der Pandemie – ein geliebtes Familienmitglied zu Grabe trugen, war es die Dankbarkeit, den Menschen in meinem Leben gehabt zu haben, die der Traurigkeit auch ein Gefühl von Zuversicht gab. Die Korrelation von Dankbarkeit und Optimismus, die Emmons und Stern ausgemacht haben, empfand ich nach.

Der englische Philosoph Francis Bacon brachte es auf den Punkt, als er sagte, dass nicht die Glücklichen dankbar sind, sondern die Dankbaren glücklich. Dankbarkeit kann durch Krisen helfen – sowohl persönliche als auch gesellschaftliche. Nicht umsonst wird das Dankbarkeitstagebuch als therapeutische Methode eingesetzt, um Menschen dabei zu helfen, wieder das Positive im Alltag zu erkennen.

Man kann für vieles dankbar sein – auch während einer Krise: Dafür, dass die Kurzarbeit, die mit weniger Geld einhergeht, auch die Möglichkeit gibt, wieder mehr Zeit für die Kinder, den Partner, die Familie zu haben. Dafür, dass das Runterfahren der Gesellschaft auch Gelegenheiten gibt, sich selbst zu reflektieren und Pläne für die Zeit danach zu schmieden. In allem liegt auch etwas, wofür es sich lohnt, dankbar zu sein. Salopp heißt es: In der Krise liegt die Chance! Das zu erkennen, fällt oft nicht leicht.

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Wie auch? Der Ansatz der Positiven Psychologie als Lebenskonzept ist noch gar nicht alt: Der Begriff wurde 1954 von Abraham Maslow geprägt. Die Disziplin knüpft mit ihrer Sichtweise an Ideen der Humanistischen Psychologie an. Viele ihrer Aspekte sind inzwischen in der Psychotherapie zu finden. Der Blick auf die positiven Seiten der menschlichen Existenz ist in der Geschichte zwar nicht neu, dafür aber das Bemühen um wissenschaftliche Fundierung.

Hier waren die Theisten gegenüber den Atheisten bislang im Vorteil. Die Atheisten haben stets anerkannt, was sie unmittelbar umgibt: Die Krise, die entweder gut oder schlecht ist. Die Theisten hingegen vertrauten, denn Gott, beziehungsweise die Götter, hätten immer einen Plan: „Wir danken für die Gaben.“ Inzwischen ziehen die Atheisten nach, denn auch die Wissenschaft, die mit Fakten und nicht mit Glauben arbeitet, erkennt an, dass Positive Psychologie in Form von Dankbarkeit wirkt; dass Dankbarkeit mit Optimismus und Freude korreliert.

Auch dafür können wir im Grunde dankbar sein. Letztendlich ist aber alles auch ein Kreislauf: Wer Dankbarkeit erfährt, gibt sie auch an andere Mitmenschen weiter. Und wer positiv denkt, steckt auch seine Mitmenschen an. Was das in uns auslösen kann, ist vielen Menschen wahrscheinlich gar nicht bewusst. Ja, sie ist uns manchmal etwas abhandengekommen, die Dankbarkeit. Aber das muss nicht so bleiben!

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Dein t3n-Team

Bob

Naja ob „Wow, Sie sind noch unterwegs? Harter Job. Ich hoffe, Sie haben bald Feierabend. Vielen Dank!“ die beste aussage ist? Was soll die Person darauf antworten? Man kann darauf doch nur mit Sarkasmus reagieren und die Person wird sich nicht sonderlich aufgemuntert fühlen. Nichts gegen ein aufrichtiges Danke an die Person. Aber ein vorführen dass man selber privilegierter (weil ‚bessere‘ Arbeitszeiten) ist, ist absolut daneben!

Antworten
Andreas Weck

Hallo Bob, du kannst natürlich gerne deine eigenen Worte finden, um zu danken. Du musst nicht meine nutzen. :)

Beste Grüße, Andreas

Antworten
Bernie

@ Bob: Das sehen Sie so, aber meine Erfahrung auf beiden Seiten (des Dankes) sagt was anderes. Es macht sehr wohl einen Unterschied, wenn es nicht nur eine Floskel, sonder ein echtes „Danke“ ist. Dann wird es nicht als Vorführen empfunden. Ein Amazon- Ausfahrer hat mir vor ein paar Tagen ungefragt geholfen, den abgefallenen Scheibenwischer an meinem Auto in 1min wieder dranzumachen, dem hab ich nicht nur überschwänglich gedankt, sondern ich hab ihm auch ein Trinkgeld gegeben, das er gar kaum annehmen wollte.

Antworten
Bob

@Bernie: Sie haben aber sicher nicht gesagt „wow sie müssen bei dem kalten Wetter draußen arbeiten?“. Darum ging es in meinem Kommentar. Nicht um das Danken für den Job den er/sie macht oder auch (wie in Ihrem Fall) die Hilfe bei etwas was über den Job hinausgeht.

Zero

Dankbarkeit ist tatsächlich etwas, das scheinbar immer weniger Menschen mit sich tragen. Mir fällt auf, dass immer mehr Menschen sich Stress, Hektik und Unzufriedenheit unterwerfen und somit immer mehr Hass und Wut über jede noch so kleine Schieflage entsteht.
Hierbei wird jedes gute Ereignis oder auch nur jeder Funken Gutes innerhalb des (vermeintlich) Schlechten ausgeklammert, bis Depressionen und Burnouts zuschlagen.

Dabei könnte schon die innere Dankbarkeit für jeden noch so kleinen positiven Aspekt des Lebens die Zufriedenheit steigern. Und das gemeinsame Miteinander mit einem offenen Danke, könnte die Menschen wieder etwas mehr zusammenbringen (auf positive Weise).

Ergänzend hierzu und zum Artikel finde ich auch folgendes Video schön: https://youtu.be/HGKn3iUA5M0

Antworten
Peter Wagner

Ich glaube dass ihr ein paar zu viele Leute der untergangenen Bento Redaktion billig eingekauft habt. Ich lese t3n wegen Technik, Technologie undsoweiter. Leider geht ihr den Mashable Weg und bringt komische Themen.

Antworten
Andreas Weck

Hallo Peter, danke auch für diesen Kommentar. Ich sehe das so: Ein reines Tech-Magazin sind wir doch schon seit Jahren nicht mehr. Themen rundum Work-Life und Mindset sind seit mindestens acht bis zehn Jahren immer wieder auf der Seite, im Rahmen des „Karriere“-Ressorts seit fünf Jahren auch mit einem eigens angelegten kategorischen Zuhause. Insofern schwer nachzuvollziehen, seit wann du das beobachten willst. Bento ist erst wenige Monate weg und wir haben jedenfalls keine Redakteure/Redakteurinnen übernommen.

Ich hoffe du findest noch immer spannende Themen bei uns. Schönen Wochenstart!

Andreas

Antworten
Roman

@Andreas, Danke für den Beitrag!
So ein Beitrag passt hier sehr gut hin. Dankbarkeit vermisst man in der Tech-Branche nämlich auch leider allzuhäufig. Ich hab in der IT und in Schnittstellen zur IT in unterschiedlichen Positionen gearbeitet. Und ein Dank. Egal ob an den Programmierer, dem Anforderer, dem Tester usw. bringt eine Menge! Meine Erfahrungen sind hier ganz klar. Ein Dank bringt einen weiter und macht einen gleichzeitig auch glücklicher, weil man den anderen auch lächeln sieht ( momentan häufig nur ahnend beim Telefongesprächen ;-) ).

Gruß
Roman

Moritz

Leider ist es oft noch so:
„Ned gschimpft isch globt gnua“.

Als ich mich mal bei jemandem herzlich bedankte, fiel mir das auf die Füße. Vielleicht zu herzlich? Dieser jemand scheint mich seitdem nicht mehr ernst zu nehmen.

Mehr Gehalt für die Pfleger und ein gutes Trinkgeld ist aus bestimmter Perspektive die bessere Anerkennung. Wenn ich Pflegekraft wäre, könnte ich gut auf Händeklatschen und Lieder vom Balkon verzichten. Ein aufrichtiger Dank eines Patienten, dem es wieder besser geht, der wärmt jedoch wirklich und ist durch nichts zu ersetzen.

Daher finde ich, Lob sollte nicht inflationär sein und besser nicht von unbeteiligten Dritten kommen. Das passt nicht.

Wolf.

Gut gesagt, knapp + locker. ‍♂️

Dorkas Ozory

„KOMISCHE THEMEN“ !?!?!?
D A N K E für dieses Thema bzw. diesen Artikel !!!
Er ist zentral und überfällig und gehört als Flyer an sämtliche Haushalte geliefert
oder nonstop in öffentlichen Verkehrsmitteln verlesen oder in Häppchen für Lesfaule an Hauswände projeziert oderoderoder sonstwie als absolutes MUST verbreitet !!!
Das Thema ist EXISTENZIELL, denn unser Dasein ist nicht selbstverständlich sondern ein Wunder, wir haben insofern dankbar zu sein für unser Dasein schlechthin ! Egal wohin wir diese Dankbarkeit senden, an unsere Mitmenschen, an Gott, an das Tao, ans Karma oder am besten an all dies gleichzeitig : diese Dankbarkeit verändert uns und unser Leben um 180 Grad !!!
Also nochmals D A N K E für diesen Artikel !!!

Antworten
Barbara Quinkert

Moin,

wo wir gerade beim Thema „Dankbarkeit“ sind:

Vielen Dank an das t3n-Team und Miri für die 30-tägige Yoga-Challenge, die heute zu Ende gegangen ist Die 10 Minuten jeden Morgen waren ein guter Start in den Tag!

Liebe Grüße
Barbara

Antworten
Ulrich B.

Egal, in welche Schublade t3n denn nun gehört, es kann ein kleiner Denkanstoß oder ein Blick über den (technischen) Tellerrand hinaus nicht schaden. Mich jedenfalls hat der Newsletter mit der Ankündigung dieses Artikels hierher gelockt. Also von mir: Danke für den Artikel!

Antworten
hans

Danke für den Impuls!
Dass es dem Dankbaren selbst durch seine Dankbarkeit besser geht, ist wahr.
Dennoch finde ich es wahrhaftiger, wenn man sich bedankt, weil man tatsächlich zu danken hat und nicht wieder selbstbezogen, weil bzw. damit es einem selbst besser geht.

Antworten
Christina C.

Naja, das bedingt sich vielleicht sogar. Wahrhaftig einem anderen danken fällt wahrscheinlich leichter, wenn ich das Gefühl grundsätzlich in meinem Leben empfinden kann, ohne dass ein Gegenüber mir etwas Gutes getan hat: Ich kann mich freuen an meiner Gesundheit, meiner Familie, meinen eigenen Ressourcen usw., was mir eben vom Leben einfach so geschenkt oder mitgegeben wurde. Wenn ich mir das ab und zu mal klarmache, kommt das gute Gefühl auch, wenn ich mit mir allein bin, und dann kann ich es in der Regel einem freundlichen Gegenüber auch authentisch weitergeben. Kommt mit zunehmendem Alter häufig von ganz allein.

Antworten
dasmeta

>Man muss sie sogar würdigen!
Wichtiges Thema; schade, dass du das mit diesem Satz torpedierst, der unnötig Druck auf den Leser aufbaut. Das steht unmittelbar im Gegensatz dazu, für mehr Dankbarkeit für das eigene Glücklichsein zu plädieren.

Antworten
Kathrin

Wow, danke für dein Essay (ich bin nicht gekauft ;) ) und finde das Thema gar nicht komisch im Zusammenhang mit Technik. Ich bin immer dankbar, wenn das jemand gut beherrscht und mir zeigt wie das und das funktioniert. Im Gegenteil, Technik in unserem zwischenmenschlichen Alltag ist nicht mehr wegzudenken und somit hat man zwangsläuflig auch mit menschlichen Erleben zu tun, v.a. wenn es um Kommunikations- und Verarbeitungstechnik geht.
Auch ich predige gebetsmühlenartig, wenn mich immer wieder jemand fragt, wie ich diese harte Zeit vor 5 Jahren überstanden (die Folgen immernoch bestehe) habe… Ich habe jeden Morgen den Tag damit gestartet, nachzudenken wofür ich dankbar bin und es im Gebet offen ausgesprochen (Es ist zum Glück mittlerweile bewiesen, dass Ausgesprochenes besser im Gehirn und somit in der Psyche verarbeitet werden kann). Ich habe es geschafft, mich selber umzustimmen. Das kommt wahrlich nicht von allein. Das bedeutet Übung und immer wieder neue Zielausrichtung (…für Atheisten und Theisten usw.). Auch mich hat, wie im Essay schon erkannt, ein starker Glaube getragen. Die Ausrichtung auf Gott, so wird es oft im Godi gepredigt, ist jeden Tag neu zu prüfen und zu erbitten. Ich habe mich in meiner persönlichen Krise niemals von ihm abgewand. So schreibe ich diese Zeilen hier und ich frage mich in dieser jetztigen „Krise“ wieso es anderen so schwer fällt, bei sich zu bleiben (ja auch ich kenne Existenzangst, lebe ich seit 5 jahren etwas unter dem Grundeinkommen und daran wird sich auch in weiterer Zukunft nichts ändern). Andere Menschen immer vor zu schicken, wenn es heißt, erwachsene Entscheidungen für sich und sein Leben zu tragen, kann nicht zielführend sein. Der Artikel spricht mir aus dem Herzen, weil ich damit sehe, dass auch andere diese Ideale der Dankbarkeit (und evtl. des Demuts?) gerade jetzt immernoch pflegen und, oder gerade deshalb. So dachte ich oft, ich sei eine Art Einzelkämpferin und werde oft dafür belächelt. Und ja, auch ich erkenne den Job eines jeder Postausbringerperson an, indem ich z.B. auf die Weihnachtspost in großen Lettern genau das drauf geschrieben habe: DANKESCHÖN an alle Paketboten und Paketbotinnen, dass ihr unsere Weihnachtspost ausbringt. Vergeht mir etwas, wenn ich es nicht tue?! Nö, im Gegenteil, ich bin glücklich, weil ich für mich ein Teil dazu beigetragen habe, die Art Veränderung zu sein, die ich mir in der Welt wünsche. Ich glaube, dass man selber davon profitiert, ist ja erst im 2. Schritt des Dankes dran und auch schlecht wegdenkbar, wenn man wie hier im Essay gemeint, Danke sagt. Das sollte nicht missinterpretiert werden.

Antworten
Rudolf

Ein absolut wichtiger Beitrag! Sich echt für etwas Bedanken ist aus der Mode gekommen. Seit ca. 50 Jahren leben wir gefühlt in eine „Anspruchsgesellschaft“. Wer einen Rechtsanspruch hat, muss oder sollte der sich auch noch bedanken? Wir sollten dankbarer mit einander umgehen. Auch ein echtes Lob ist Dankbarkeit für eine empfangene Leistung. Freuen wir uns miteinander.

Antworten
Michael

Zwei Erlebnisse dazu:
Die Bedienung stellt dem Jungen das bestellte Getränk auf den Tisch und der Junge bedankt sich dafür. Kommentar der Mutter: Dafür musst du dich nicht bedanken, das ist Service.

Ich halte einer Frau, die mir nachfolgt, die Tür auf, d.h. ich lasse sie nicht hinter mir zufallen:
Kommentar der Frau: Das kann ich auch alleine!

Wenn dieser Umgang zum Standard wird, ist das Alleinsein die Seeligkeit.

Antworten
Fritz Iff

Danke für diesen Artikel. Mich interessiert seit einiger Zeit das Thema, wodurch Kollobaration gelingt und warum sie so oft schief läuft. Dankbarkeit geben scheint dafür ein wichtiger Punkt zu sein. Wir leben ja in einer Zeit sich stetig verdichtender Zusammenarbeit, auch steigender Interdependenzen auf allen Ebenen. Umsomehr wundert mich, dass zumindest in den westlich geprägten Kulturen die Höflichkeit und Dankbarkeit geradezu bedroht erscheinen. Dadurch wird Kollaboration immer mehr zum „Pflichtbeitrag“, mehr aber auch ncht. Man sieht in der Corona-Krise, dass Länder mit hoher innerer Kollaborationsbereitschaft („Zusammenhalt“) mit weniger Verordnungen, Gesetzen und Kontrollen auskommen.
However, ich hätte da eine kleine Frage: Wo stammt das Simmel-Zitat her? Ist die Quelle bekannt?

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