Weder Reverse noch Forward – das steckt hinter dem Allround Mentoring

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Reverse Mentoring – der positive Rückwärtstrend ist gerade in aller Munde. In der Theorie eine gute Idee: Die Alten lernen von den Jungen, werden dynamischer und innovativer.
Doch es gibt einen kleinen Haken: In der Realität braucht es weder Reverse noch Forward Mentoring. Wovon Unternehmen wirklich profitieren, ist Schwarmwissen und die Bereitschaft, aus allen Richtungen zu lernen und Wissen zu teilen.
Um Allround Mentoring zu realisieren, braucht es allerdings die richtigen Voraussetzungen. Anstatt von Stellen und starren Profilen zu sprechen, schafft eine gemeinsam mit den Mitarbeitenden gestaltete Rolle wahres Entwicklungspotenzial – sowohl für das Unternehmen als auch für die Menschen.
Dabei ist ein offenes Mindset wichtig, denn neues Wissen wartet überall – nicht nur teamintern, auch bei den gern besonders in Agenturen ein bisschen versteckt gehaltenen Freelancern. Mut zur Offenheit und Offenheit gegenüber Neuem bringen Wachstum.
Folgende Tipps sollten Unternehmen beherzigen, wenn Allround Mentoring auch Allround Success bedeuten soll:
1. Schafft ein offenes, vertrauensvolles Umfeld
Sich von Anfang an Gedanken über die Unternehmenskultur zu machen, ist deshalb so wichtig, weil es offene Strukturen und eine hohe psychologische Sicherheit braucht, damit alle sich trauen zu sagen, was sie gut können und was nicht – wo sie in Führung gehen möchten und wo sie lieber mitarbeiten wollen.
Wie das klappt? Zeigt Vertrauen und schafft Transparenz, ein mutiges, freies und respektvolles Miteinander und viel Raum für Eigenverantwortung, in dem jede:r ihre:seine Stärken kennt und die Chance hat, sie einzusetzen.
Dabei gilt: Neue Mitarbeitende richten sich nach dem Ist-Zustand. Es ist also wichtig, bestimmte Werte in jeder Position zu leben. Ehrlichkeit, Wertschätzung und Respekt sollten in jeder Rolle wichtig sein, und ein vertrauensvolles Arbeitsumfeld entsteht erst, wenn diese Werte durch die Bank gelebt werden.
Dann wird persönliches Wachstum möglich und das Unternehmen profitiert davon.
2. Teilt Verantwortung
In unserer komplexen Welt kennt nicht mehr eine:r die Lösung für alles. Keine:r von uns ist allwissend – auch nicht in Führungspositionen. Jede:r hat Stärken und Schwächen, egal, was im Lebenslauf steht. Abhängig von den Aufgaben ist jede:r von uns mal Senior und mal Junior – auch jede:r Geschäftsführer:in.
Wir müssen den Mitarbeitenden ein Umfeld bieten, das sie ermutigt, Verantwortung zu übernehmen, ihr Wissen einzubringen und eine Mentorenrolle zu übernehmen. Nur mit dem Schwarmwissen aller kann Innovation und Weiterentwicklung gelingen.
Dabei hilft eine Unternehmenskultur, in der alle die Lust – und auch die Chance – haben, die Führung bei den Themen zu übernehmen, in denen sie richtig gut sind. Im agilen Arbeitsumfeld nennt man das dann „Distributed Leadership“ (verteilte Führung).
Aber eigentlich ist es einfach logisch: Jede:r tut das, was er:sie am besten kann – unabhängig von Level und Titel -, und kann dieses besondere Fachwissen dann auch weiter verteilen – genauso unabhängig von Level und Titel.
3. Arbeitet interdisziplinär
Unternehmen können sich hier häufig ein Beispiel an Agenturen nehmen. Sie arbeiten für viele Kunden gleichzeitig. Dabei ist es gang und gäbe, dass Kolleg:innen sich Input von anderen einholen.
Denn die nachhaltigsten Ideen entstehen meistens dann, wenn Menschen aus ganz unterschiedlichen Disziplinen aufeinandertreffen, unterschiedliche Perspektiven einbringen und sich gegenseitig inspirieren.
Dazu gehört auch, sich Expertise von außen ins Unternehmen zu holen – gerade, wenn interdisziplinäres Arbeiten nicht möglich ist. Damit Allround Mentoring wirklich klappt, braucht es das richtige Maß an Selbstreflexion.
Wer Freelancer engagiert, hat bereits einen richtigen Schritt gemacht und erkannt, dass dem eigenen Unternehmen eine Expertise fehlt. Warum aber nur deren Arbeit, aber nicht ihren Erfahrungsschatz nutzen? Im engen Austausch miteinander profitieren beide Seiten und stärken dazu ihr Verhältnis zueinander. Eine Win-win-Situation, die es zu nutzen gilt.
4. Passt die Rolle den Mitarbeitenden an, nicht andersherum
Damit das Herauskristallisieren individueller Stärken überhaupt funktioniert, muss eine agile und moderne Rollengestaltung möglich sein. Wer die Menschen, die im Unternehmen arbeiten, mit ihren Bedürfnissen und Zielen kennt, der kann sie verstehen und sie bei ihrer Weiterentwicklung unterstützen.
Ein offenes Ohr und Gesprächsangebote nur auf Nachfrage reichen dafür nicht aus. Aktives Zuhören beginnt bei aktiver Ansprache. Neben regulären Teammeetings mit einem Agile Master lässt sich das zum Beispiel mit verschiedenen 1:1-Gesprächen umsetzen.
Dann gilt es, die Rolle den Mitarbeitenden anzupassen, statt die Mitarbeitenden in eine schon bestehende Rolle zu pressen.
So entsteht der Nährboden für starke und nachhaltige Entwicklung von Fachkompetenz, die den Interessen der Mitarbeitenden entspricht. Ihre Rolle können sie gemeinsam mit dem Unternehmen gestalten und ihr Wissen ideal weitergeben – auch als Mentor:in.
5. Lasst uns die Stärken stärken
Zugang zu Wissen gibt es heute überall. Entscheidend ist, wie wir dieses Wissen in unsere Unternehmen holen, dort verbreiten und anwenden.
Dafür braucht es die Anstrengung, die Offenheit und den Mut aller – ungeachtet von Alter, Rolle oder Hierarchie. Mitarbeitende sind nicht nur Einzelpersonen, die auf ihren Karriereleitern nach oben streben, sondern Teile eines Puzzles – miteinander verbunden und sich gegenseitig ergänzend.
Und immer, wenn ein Teil fehlt, weil ein:e Kolleg:in sich verändern möchte oder in ein anderes Unternehmen wechselt, entsteht ein Raum, in den sich andere hineinentwickeln können, wenn sie möchten. Das führt zu längerer Bindung und weniger Fluktuation.
Wenn das Rollenverständnis so offen ist, die Entwicklung jedes einzelnen Mitarbeitenden aktiv gefördert wird und wir die Stärken stärken, statt die Schwächen in den Fokus zu nehmen, entsteht eine Kultur, in der alle von allen lernen können – allround.